Ein großer Teil der in Deutschland verkauften Schnittblumen werden im Ausland oft unter fragwürdigen Bedingungen produziert. Gibt es Alternativen?
Schnittblumen aus dem Ausland: viel Pestizide, wenig Arbeitnehmerrechte
Schnittblumen bringen Farbe in die Wohnung, das ganze Jahr über. Auch im Herbst und im Winter, wenn draußen im eigenen Garten kaum noch was blüht. Ein großer Teil – nämlich rund viereinhalb Milliarden – der jährlich in Deutschland verkauften Schnittblumen kommt aus dem Ausland. Ein Großteil aus den Niederlanden, aber auch aus Nicht-EU-Staaten wie Kenia, Äthiopien, Kolumbien und Ecuador.
Die Bedingungen, unter denen die Blumen produziert werden, sind dort allerdings oft schlecht – sowohl für die Natur als auch für die Menschen vor Ort: viel Pestizide, wenig Arbeitnehmerrechte.
Slow-Flowers-Bewegung für nachhaltige Blumen
Sollte man auf Import-Blumen also am besten ganz verzichten? So einfach ist die Lösung auch wieder nicht. An welchen Blumen kann man sich mit gutem Gewissen freuen – hier aus der Gegend und auch aus der Ferne?
Malin Lüth gehört mit ihren Blumen zur Slow Flowers-Bewegung. Die stammt aus Nordamerika und wächst seit ein paar Jahren auch in Deutschland. Das Konzept, grob zusammengefasst: Nachhaltiger Blumenanbau ohne Pestizide und Kunstdünger, regional vermarktet – und immer nur Sorten, die gerade Saison haben.
Gute Bedingungen für Blumen und Menschen
Blumenanbau in Afrika - meist schlechte Arbeitsbedingungen
Damit sind Slow Flowers ein Gegenentwurf zur industriellen Blumenproduktion in südlichen Ländern. In Kenia arbeiteten rund 900.000 Menschen auf den Plantagen, meist Frauen – und oft unter schlechten Bedingungen, erzählt Irene Nyambura von der dortigen Landarbeiter-Gewerkschaft KPAWU im Skype-Interview:
Nachfrage nach Blumen durch Corona stark gesunken
30 Prozent der Betriebe betreffe das, sagt Nyambura – und berichtet von befristeten Ketten-Verträgen, von sexueller Belästigung und Outsourcing, bei dem am Ende niemand den oft ohnehin geringen Lohn zahlen will. Und jetzt mit Corona sei die Blumennachfrage international eingebrochen, alles schlimmer geworden, sagt Nyambura noch – selbst bei Unternehmen, die sich normalerweise an Tarifverträge halten.
Blumen aus Fairtrade-Anbau als Alternative
Für viele Plantagenarbeiterinnen ein existentielles Problem: Sie haben keinerlei anderes Einkommen. Würden die Verbraucher hierzulande Importblumen wegen mangelnder Arbeitnehmerrechte komplett boykottieren – dann wäre das aus Sicht der Beschäftigten gerade in Corona-Zeiten ein denkbar schlechtes Signal.
Ein guter Kompromiss aus Sicht vieler Fachleute können da Blumen aus Fairtrade-Anbau sein. Dieses Siegel sichere faire Arbeitsbedingungen, sagt Claudia Brück aus dem Vorstand bei Transfair. Dieser Verein vergibt das Siegel.
Faitrade Blumen mit weniger gefährlichen Pestiziden
Und außerdem gibt es bei Fairtrade ein Prämiensystem für die Blumenfarmen. Wie dieses Extra-Geld verwendet wird, dürfen die Mitarbeiter selbst entscheiden. Derzeit in der Covid-Zeit werden diese Prämien, so Brück, vor allem Präventivmaßnahmen für den Gesundheitsschutz genutzt, um beispielsweise Masken auszuteilen, Essen zu verteilen, weil die Situation so schwierig sei.
Auch in Sachen Pestizide sind Fairtrade-Farmen meist einen Schritt voraus: Viele der besonders gefährlichen Substanzen sind bei Fairtrade verboten. Ganz ohne gehe es aber einfach nicht, so Claudia Brück – denn:
Immerhin: Die erlaubten Pestizide würden möglichst sparsam verwendet, erläutert Brück – und die Mitarbeiter trügen Sicherheitskleidung. Mehr Umweltschutz, mehr Gesundheitsschutz, mehr Arbeitnehmerrechte also. Und was kosten solche Blumen den Verbraucher dann extra? Für Verbraucher macht dieser Fairtradeansatz einen Preisunterschied von zirka zehn Prozent aus.
Bio-Blumen sind bisher ein Nischenprodukt
Eine komplett pestizidfreie Alternative zu den Importen sind natürlich auch heimische Bio-Blumen. Als Nischenprodukt zu finden etwa auf Wochenmärkten und in Bioläden, in speziellen Blumengeschäften und Gärtnereien.
Malin Lüth hat mit ihren Slow Flowers vor kurzem sogar den Sprung in einen regionalen Supermarkt geschafft – und sie hat ein zweites Feld hinzu gepachtet. Besser hätte ihre erste Anbausaison kaum laufen können.