Etwa 10 bis 20 Prozent der Covid-19-Patient*innen haben auch Monate nach der Infektion mit mindestens einem langanhaltenden Symptom zu kämpfen. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie hat nun zusammen mit weiteren Fachgesellschaften erste Richtlinien für die Long-Covid-Behandlung vorgestellt.
Von Long-Covid sprechen Mediziner, wenn die Symptome länger als vier Wochen anhalten – von Post-Covid, wenn die Symptome auch nach drei Monaten noch nicht verschwunden sind. Lange haben klare Leitlinien für die Behandlung von Long- und Post-Covid-19-Patienten und -Patientinnen gefehlt. Das ändert sich langsam – die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie hat nun zusammen mit weiteren Fachgesellschaften erste Richtlinien für die Long-Covid-Behandlung vorgestellt.
Weil immer mehr Patient*innen nach Rat suchen, haben viele Kliniken extra Long-Covid oder Post-Covid-Ambulanzen eingerichtet.
Weitreichende Folgen von "Long Covid"
Andauernde Müdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten oder Atemnot – die Liste von möglichen langanhaltenden Covid-19-Symptomen ist lang. Über 200 verschiedene Symptome sind in Studien bisher genannt worden – mit sehr unterschiedlichen Folgen:
… sagt Professor Michael Pfeifer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Die Gesellschaft hat die Leitlinien federführend entwickelt. Vor allem diejenigen mit leichteren Symptomen seien sich am Anfang unsicher, ob es ihnen wirklich wegen der früheren Covid-19-Infektion schlechter geht oder ob sie es sich vielleicht nur einbilden. Das ist aber bei den allermeisten nicht der Fall.
Long Covid hat organische Ursachen
.. sagt Professor Michael Pfeifer. Bemerken die Patienten und Patientinnen erste Symptome, gehen sie in eine Hausarztpraxis. Die Allgemeinmediziner sind oft die erste Anlaufstelle. Sie können mit der neuen Richtline die Symptome besser einschätzen. Fachärzte und -ärztinnen erhalten durch die Leitlinien einen Überblick über den aktuellen Wissensstand.
Extra-Impfung könnte Symptome von Long Covid-Patient*innen verringern
Es ist ein erster Überblick – mit konkreten Empfehlungen sind die Autoren und Autorinnen noch vorsichtig – halten aber prinzipiell eine Impfung als Therapie für Long Covid in Zukunft für denkbar. Erste positive Hinweise aus einer kleinen Studie gibt es: In der Studie hat eine Extra-Impfung die Symptome von Long-Covid-Patienten und Patientinnen verringern können.
Wirksamkeit eines Asthmasprays zur Linderung von Symptomen wird weiter erforscht
Auch Hinweise, dass eine Therapie mit Asthmaspray das Risiko für spätere Atembeschwerden senken kann, müssten sich erst bestätigen, sagt Prof. Rembert Koczulla, der die Leitlinien miterstellt hat: Es werde, so Koczulla, darüber spekuliert, ob die Inhaltsstoffe des Sprays, Corticosteroide – den Verlauf von Long Covid möglicherweise günstig beeinflussen können.
Riechtraining bei Geruchsstörungen
Bei langanhaltenden Geruchs- und Geschmacksstörungen empfehlen die Fachleute angeleitetes Riechtraining – vor allem dann, wenn die Störungen länger als drei Monate anhalten. Insgesamt würden aber nur 5 bis 20 Prozent der Geruchs- und Geschmackstörungen länger als zwei Monate bestehen.
Bei anderen häufigen Symptomen wie kurzzeitiger Haarausfall hilft nur abwarten – wie bei vielen Symptomen. Generell liest sich der Bericht mehr als eine Zusammenfassung über den aktuellen Wissenstand. Für konkrete Empfehlungen ist es laut den Fachleuten zu früh.
Covid-19-Erkrankung kann möglicherweise auch zu Schlafstörungen führen
Der Bericht weist vor allem auf noch offene Fragen hin – zum Beispiel auf das Risiko von langanhalten Schlafstörungen nach einer Covid-19-Infektion. Hier gebe es eine ganz neue, bisher nicht-publizierte Studie, die bei Post-Covid-Betroffenen auf eine zwei- bis drei mal höhere Häufigkeit von schlafbezogenen Atmungsstörungen hinweise.
Psychische Folgeerkrankungen wie Angststörungen müssen behandelt werden
Entwickeln Patienten und Patientinnen psychische Folgeerkrankungen wie Depressionen müssen diese schnell behandelt werden – vor allem ehemals Schwerkranke leiden unter Angststörungen. Hier müsse auch bei ehemaligen Intensivpatienten in der Früh-Reha schon gehandelt werden.
Die Fachleute wollen die Leitlinie in den nächsten Monaten regelmäßig überarbeiten, um noch mehr konkrete Empfehlungen für den klinischen Alltag geben zu können. Denn noch beantwortet der Leitlinien-Behandlungs-Katalog nur wenige Fragen – stellt fast mehr neue Fragen, als beantwortet werden.
Doch eine positive Nachricht zum Schluss: Mit jahrelang anhaltenden Symptomen werden, auch dank der heutigen Behandlungsmöglichkeiten nur die wenigsten kämpfen. Fachleute schätzen heute, dass sich mehr als 90 Prozent der Post-Covid-Patienten und Patientinnen über kurz oder lang wieder vollständig erholen werden.