In Stuttgart wurden jetzt die vorläufigen Ergebnisse der baden-württembergischen Kinderstudie vorgestellt. Demnach sind Kinder seltener mit dem Coronavirus infiziert als ihre Eltern.
Erste Tendenzen aus der baden-württembergischen Kinderstudie hatte Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) bereits Mitte Mai vorgetragen und damit die Öffnung der Kitas und Grundschulen Ende Juni untermauert. Kretschmann hatte Mitte Mai gesagt:
An der Studie beteiligte Wissenschafter aus Ulm und Heidelberg, Professor Hans-Georg Kräusslich und Professor Klaus-Michael Debatin, formulierten das nun deutlich vorsichtiger:
Kinder keine Treiber des Infektionsgeschehens
Ihrer Einschätzung nach sind Kinder wahrscheinlich nicht als Treiber des Infektionsgeschehens anzusehen.
Denn die rund 2500 Kinder, die in der Studie mit je einem Elternteil getestet wurden, hatten seltener Antikörper im Blut als die Elternteile. Allerdings war die Anzahl der Testkandidaten mit Antikörpern im Blut - die also Sars-Cov-2 bereits durchgemacht hatten - in der Stichprobe extrem gering.
KInder seltener infiziert als Erwachsene
Nur 64 der 5000 Getesteten hatten überhaupt Antikörper gebildet, davon waren 45 Eltern und 19 Kinder. Daraus folgern die Wissenschaftler, dass Kinder seltener infiziert sind als Erwachsene.
Da die Antikörpertests nicht 100 % zuverlässig sind, wurde mit zwei unterschiedlichen Tests gearbeitet und die Ergebnisse wurden im Nachgang nochmals überprüft.
Ergebnisse der Studie nicht repräsentativ
Eigenkritik übten die Wissenschaftler an der Auswahl der Testkandidaten. Sie erklärten, dass die Rekrutierung der Testkandidaten nicht per Zufall, sondern freiwillig erfolgte. So meldeten sich Testfamilien zum größten Teil aus dem Umfeld der vier beteiligten Unikliniken Ulm, Freiburg, Tübingen und Heidelberg. Unter ihnen waren überdurchschnittlich viele Akademiker. Deshalb seien die Ergebnisse nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar.
Dreiviertel der getesteten Kinder waren bereits im Lockdown zu Hause - hatten also kaum Kontakt zu anderen Kindern. Nur ein Viertel der getesteten Kinder stammt aus Notbetreuungen. Nach Auskunft der Wissenschaftler gab es zwischen diesen Gruppen aber keinen Unterschied. Das heißt Kinder aus Notbetreuungen hatten die Infektion nicht häufiger durchgemacht als jene, die zu Hause betreut wurden.
Wer wen ansteckt, bleibt offen
Der Ulmer Wissenschaftler Klaus-Michael Debatin stellte klar: Es ist Fakt, dass Kinder weniger häufig erkranken. Doch die baden-württembergische Studie hat nicht untersucht, ob Kinder weniger infektiös sind als Erwachsene. Die Studie hat nur untersucht, wie das Verhältnis in einem Haushalt ist. Also ob dort die Eltern häufiger infiziert waren als ihre Kinder. Und das ist der Fall. Aber man könne aus der Studie auch kein Fazit ziehen, wer wen angesteckt habe.
Kinder keine Treiber der Pandemie - Kitas und Grundschulen öffnen
Wenn man die neue Studie aber gemeinsam mit den vielen anderen Studien zu Kindern und Corona betrachten würde, dann könne man schon die Tendenz sehen, dass Kinder offenbar keine Treiber der Pandemie sind.
Kultusministerin Eisenmann verkündete daraufhin die komplette Öffnung der Kitas und Grundschulen zum 29. Juni und versprach Testmöglichkeiten für alle Erzieherinnen und Lehrkräfte. Um die Betreuung und den Unterricht zu gewährleisten, dürfen Kitas und Grundschulen jetzt auch deutlich mehr Kinder pro Gruppe oder Klasse zulassen. immerhin sind 20 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer und 40 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher zur Zeit nicht im Dienst, da sie einer Risikogruppe angehören.