Bei Krebserkrankungen ist die anfallende Datenmenge oft gewaltig. Dabei könnte künstliche Intelligenz künftig helfen.
Bei Krebspatienten und -patientinnen müssen Röntgenbilder, Gewebeproben, Tumormarker im Blut und genetische Informationen richtig gedeutet werden. In Studien am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hilft Künstliche Intelligenz (kurz:KI) bei der Auswertung medizinischer Bilder, von Gensequenzen oder Gewebeproben.
Künstliche Intelligenz für schnellere Krebs-Diagnosen
Prof. Heinz-Peter Schlemmer, Leiter der Radiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, geht davon aus, dass KI Ärzte künftig immer stärker unterstützen wird:
Mehr Zeit für Patiententenversorgung durch Künstliche Intelligenz
Auch Dr. Ralf Floca von der Arbeitsgruppe Softwareentwicklung für Integrierte Diagnostik und Therapie am DKFZ sieht den Einzug von Algorithmen in die Krebsmedizin positiv: Er wünscht sich, dass Experten durch die neuen Technologien mehr Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben übrig bleibt: im Dialog, im Umgang mit Menschen. Das könne eine Maschine nie übernehmen. Künstliche Intelligenz könne hingegen „Erbsenzähleraufgaben“ übernehmen, die heutzutage auch sehr oft vom ärztlichen Personal übernommen werden muss.
Experten fordern transparente KI-Systeme
Bisher funktionieren viele KI-Systeme wie eine Black Box: Der Rechner spuckt ein Ergebnis aus, aber keiner weiß, warum der Algorithmus so entschieden hat. Wenn es um das Leben von Patienten geht, ist das ein bedenklicher Ansatz – Ralf Floca fordert deshalb transparentere Systeme, auch wenn das mehr Aufwand bedeutet.
Bisherige Systeme, haben zwar irgendein Ergebnis produziert, doch man konnte nicht immer sagen, wie es zu diesem Ergebnis kam. Im Zweifelsfall kann eine Plausibilitätprüfung dann zeigen, ob mit einem Ergebnis möglichweise etwas nicht stimmt.
KI-Systeme könne Ärzte nicht vollständig ersetzen
Wenn die Empfehlungen eines Algorithmus nachvollziehbar sind, können sie Ärzte sinnvoll unterstützen. Komplett ersetzen werden sie menschliche Mediziner aber nie – davon ist der Physiker und Radiologe Heinz-Peter Schlemmer überzeugt:
KI anlysiert Prostata-Kernspinaufnahmen
Außerdem seien viele Therapie-Entscheidungen sehr komplex, die auch in Bereiche hineingehen, die der Computer nicht erfassen könne. Dabei, so Schlemmer, gehe es z.B. auch um menschliche Aspekte, die man nur mit Empathie bei den Patienten erfassen könne. Dafür seien die Computer blind.
Im klinischen Alltag spielt Künstliche Intelligenz noch kaum eine Rolle, aber es gibt vielversprechende Pilotstudien. Am DKFZ in Heidelberg haben Informatiker, Radiologen und Urologen zum Beispiel ein künstliches neuronales Netzwerk zur Analyse von Kernspinaufnahmen der Prostata entwickelt.
KI erkennt Hirntumore auf MRT-Bildern verlässlicher als Ärzte
Da Ergebnis: Das KI-System konnte verdächtige Bereiche genauso sicher erkennen wie erfahrene Ärzte. Und in einer KI-Studie mit 2000 MRT-Bildern von Patienten mit Hirntumor ließ sich das Ansprechen auf die Therapie mit Hilfe von KI sogar besser beurteilen als auf herkömmlichem Weg: Die Analyse durch selbstlernende Algorithmen war um ein Drittel verlässlicher als das traditionelle Verfahren.
Für Patienten ist es entscheidend, dass schnell klar ist, ob eine Behandlung anschlägt oder nicht. Die Forscher überprüfen nun, ob der neue Ansatz schon reif ist für die Praxis. Ein Grundproblem müssen sie dabei überwinden: Für den breiten Einsatz müssen Algorithmen mit Daten aus unterschiedlichen Kliniken trainiert werden. Dabei können sich aber leicht Fehler einschleichen, warnt Ralf Floca.
KI in der Medizin - langer, steiniger Weg
So hinge schon bei so etwas Einfachem wie beim Fiebermessen die Temperatur, die gemessen werde, von vielen Faktoren ab. Wo wurde gemessen: Im Mund? Unter dem Arm? Auf der Stirn? Eher morgens oder abends? Für komplexere Sachverhalte werde es dann noch schwieriger, eine gemeinsame Sprache zu finden.
Nur so können große, überregionale Datenbanken für die Entwicklung zuverlässiger KI-Systeme entstehen. Und die sind die Voraussetzung für Algorithmen, die in Stuttgart genauso sicher funktionieren wie in Paris und New York. Die Chancen für die Medizin sind hoch, aber der Weg dahin ist steinig, so die Bilanz von Karl-Heinz Schlemmer.
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