Über zwei Millionen Deutsche sind laut dem aktuellen Drogenbericht der Bundesregierung alkoholabhängig. Das Narkosemittel Ketamin könnte möglicherweise beim Ausstieg helfen.
Der Weg aus der Alkoholsucht ist für viele Betroffene ein Kraftakt. Der Körper reagiert mit starken Entzugserscheinungen. Wie können die Suchtkranken bei ihrem Entzug unterstützt werden? Mit dem Narkosemittel und der Partydroge Ketamin, sagen Wissenschaftler des University College London. In einer Studie konnte Ketamin den Alkoholkonsum spürbar verringern. So könnten in Zukunft Alkoholabhängige beim Entzug unterstützt werden.
Ketamin verringert das Verlangen nach Alkohol
In ihrer Studie konnten die Forscher beobachten, wie schon eine Spritze mit dem Narkosemittel Ketamin den Alkoholkonsum verringern kann. Die 90 Probanden hatten nach der Ketamin-Spritze weniger Lust auf Alkohol.
Ketaminspritze hat Langzeiteffekt auf Alkoholkonsum
Die Studienteilnehmer haben nach der Ketamin-Spritze nur halb so viel Alkohol getrunken wie vor der Studie. Dieser Effekt konnte auch noch nach neun Monaten zumindest bei einigen beobachtet werden. Für viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen ein Erfolg – im Durchschnitt haben die Probanden vor der Studie pro Woche 14 Liter alkoholische Getränke wie Bier getrunken.
Positive Erinnerungen an Alkohol werden abgeschwächt
Mit dem Ketamin zielen die Forscher auf die positiven Erinnerungen an den Alkohol und wollen diese Erinnerungen im Gedächtnis verändern. Das geht immer dann, wenn sich ein Alkoholsüchtiger gerade an den Alkohol erinnert. Normalerweise wird der Alkohol bei Suchtkranken dann trotz seiner Nachteile immer als etwas Positives abgespeichert. Dieser Kreislauf kann laut den Forschern mit Ketamin aber durchbrochen werden.
Im Experiment der Wissenschaftler funktioniert das vor allem, wenn zuvor angekündigter Alkohol plötzlich fehlt und das Gehirn sich dann trotzdem an den Alkohol erinnert. Das Ketamin verhindert, dass der Alkohol erneut als etwas Positives abgespeichert wird. Die positive Erinnerung an den Alkohol wird so abgeschwächt.
Ketamin hat Nebenwirkungen und macht möglicherweise süchtig
Im Rahmen der Studie konnten die Wissenschaftler übrigens keine Nebenwirkungen feststellen, doch hier fehlen noch umfangreichere Tests. Denn ganz ungefährlich ist Ketamin nicht. Bei einer zu hohen Dosis kann der Wirkstoff das Gedächtnis beeinflussen. Wir können uns dann schlechter erinnern. Auch Depressionen können durch Ketamin ausgelöst werden. Es gibt aber auch Therapieansätze, bei den Ketamin gegen Depressionen helfen kann.
Und auch die Karriere als Partydroge dämpft die Erwartungen an den Wirkstoff Ketamin. So besteht der Verdacht, dass Ketamin selbst abhängig macht. Auch deshalb haben die Wissenschaftler Ketamin nur ein einziges Mal in der Studie verabreicht. Das hat aber schon gereicht, um den Durst nach Alkohol zu verringern. Ein erster Hinweis, dass Ketamin Alkoholkranke unterstützen kann.