In Baden-Württemberg gilt zur Einschätzung der Corona-Lage die Hospitalisierungsrate. Jedoch weist diese Schwächen auf und das führt zu Diskussionen.
Die Hospitalisierungsrate oder Hospitalisierungsinzidenz gibt an wie viele Covid-Patienten je 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Krankenhäuser sind verpflichtet den Aufnahmezeitpunkt auf der Normal- und Intensivstation sowie weitere Daten zu Covid-19-Patienten bei den Gesundheitsämtern zu melden. Aktuell (Stand 17.09.2021) wird sie für ganz Deutschland auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts mit 1,89 angegeben.
Die neue Corona-Verordnung in Baden-Württemberg sieht drei Stufen vor, die jeweils eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen mit sich bringen. Aktuell gilt die niedrigste, die sogenannte Basisstufe.
Die Warnstufe wird ausgerufen, wenn die 7-Tage-Hospitalisierungsrate an fünf Werktagen in Folge bei 8,0 oder darüber liegt oder die Auslastung der Intensivbetten in Baden-Württemberg an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen 250 erreicht oder überschreitet.
Die letzte Stufe, die Alarmstufe, gilt ab einer Hospitalisierungsrate von 12 oder ab 390 belegten Intensivbetten im Land.
Viele Patientinnen und Patienten nicht in Statistik
Jedoch mehrt sich die Kritik – eine SWR Recherche Anfang August hat ergeben, dass diese Inzidenz "noch mangelhaft" ist. Die Werte unterschätzen die wirkliche Hospitalisierungsrate, denn viele Patientinnen und Patienten fallen aus der Statistik.
Das Robert-Koch-Institut erfasst in der Hospitalisierungsrate nämlich das Datum des positiven PCR-Tests, nicht das Datum der Krankenhauseinlieferung. Wenn ein*e Patient*in also als hospitalisiert gemeldet wird, das positive Testergebnis aber bereits mehr als sieben Tage zurückliegt, fällt diese Person aus der Hospitalisierungsrate heraus. Präziser wäre es das Datum der Hospitalisierung zu nutzen anstelle des Meldedatums.
Auslastung der Intensivbetten
Aus der Antwort auf eine Anfrage des SWR an das baden-württembergische Sozialministerium ist zu entnehmen, dass Baden-Württemberg sich schon früh beim Bund dafür ausgesprochen hatte den Fokus auf die Auslastung der Intensivbetten zu legen. Aktuell sind das deutschlandweit 1.544 Personen, in Baden-Württemberg sind es 205 Erwachsene. Das Land habe die Grenzwerte hier auch bewusst niedrig angesetzt, um eine mögliche Überlastung der Krankenhäuser möglichst früh erkennen und sie mittels der erforderlichen Maßnahmen der Warn- oder Alarmstufe abwehren zu können.
Das Sozialminsterium gibt an, dass der Vorteil des Indikators Auslastung der Intensivkapazitäten (AIB) ist, dass er die Überlastung der Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten klar sichtbar macht. Anhand dessen können Krankenhäuser dann zusammenarbeiten und gegebenenfalls Patientinnen und Patienten aus einem überlasteten Krankenhaus in ein anderes verlegen.
Aus Sicht des Sozialministeriums lässt sich anhand der Hospitalisierungsrate nicht gut genug die Auslastung des Gesundheitssystems und seine Kapazitäten ableiten. Die Hospitalisierungsrate kann also nicht als alleiniger Indikator Rückschlüsse auf die Belastung des Gesundheitssystems geben.