Gesundheit

Heilfasten und Saftkuren: Gesund oder schädlich?

Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld

In der Fastenzeit verzichten viele Menschen nicht nur aus religiösen, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Ein Trend: Heilfasten. Also zum Beispiel eine Woche lang nichts essen, nur trinken. Saftkuren setzen dabei auf Säfte als Energiequelle. Aber kann das gesund sein?

In den sozialen Medien werben vor allem Influencerinnen immer wieder für Saftkuren. Also dafür, drei, fünf oder sieben Tage lang nichts zu essen und sich stattdessen nur von Obst- und Gemüsesäften zu ernähren. Das soll den Körper „entschlacken“ oder „entgiften“ – „Detox“ also. Zusätzlich zu den empfohlenen 2,5 Litern Wasser und Tee pro Tag dürfen dann quasi unendlich viele Säfte getrunken werden. Mit Fasten hat das laut dem Naturheilkundler und Charité-Professor Andreas Michalsen aber wenig zu tun:

„Also das Heilfasten an sich, das funktioniert. Da darf man einfach nicht zu viele Kalorien zu sich nehmen. Und jetzt ist natürlich die Frage... Wenn man den ganzen Tag irgendwelche Smoothies schlürft und noch so tolle Säfte macht, dann kann es sein, dass das gar nichts mit Fasten zu tun hat, sondern dass man 2.000 Kalorien zu sich nimmt. Und dann wäre es eher eine ungesunde Form der Ernährung.“

So funktioniert Buchinger-Fasten

Beim Heilfasten soll man dagegen nicht mehr als 500 bis 600 Kalorien pro Tag zu sich nehmen. Für mindestens fünf Tage lang, sagt Michalsen. Ein bekanntes Konzept ist das sogenannte „Buchinger-Fasten“. Zusätzlich zu Wasser und Tee dürfen dabei täglich etwas Honig, eine kleine Gemüsebrühe und geringe Mengen an möglichst frisch gepressten Säften verzehrt werden. Insbesondere übergewichtige Menschen können auf diese Weise sogar mehrere Wochen fasten.

Gemüsebrühe
Beim Heilfasten nach Buchinger ist auch etwas Gemüsebrühe erlaubt. Dafür gibt es weniger Säfte.

„Früher war es ganz normal, dass es immer mal wieder eine Missernte gab oder kein Tier erlegt wurde. Deswegen hat der Körper genauso gut die Fähigkeit, sich über einen bestimmen Zeitraum aus seinen Reserven zu ernähren. (…) Wenn wir aus dieser dauernden Überernährung mal ein paar Tage fasten, dann tun wir unserem Körper was sehr Gutes. (…) Da sind viele Hormone daran beteiligt, zum Beispiel Insulin und Adipokine, die normalisieren sich dann unter dem Fasten.“

Kein "Entschlacken", sondern Autophagie

Außerdem werde die Zellreinigung angekurbelt – die sogenannte Autophagie. Denn: Der Nährstoffmangel veranlasst den Körper, nicht mehr benötigte Zellbestandteile zu verwerten. Mit „Detox“, „Entgiftung“ oder gar „Entschlackung“ hat das aber nichts zu tun. Mögliche Schadstoffe werden ohnehin über Niere, Leber und Darm ausgeschieden.

Der strenge Körpergeruch, der durch Fasten entstehen kann, liegt nicht etwa an ausgeschiedenen Giftstoffen. Im Fastenmodus kommt es zu einem erhöhten Abbau von Fettsäuren zu Ketonkörpern. Und die Ausscheidung dieser Ketone führt zu einem unangenehmen Geruch, zum Beispiel der Atemluft und des Urins.

Junge Frau Mundgeruch
Eine Fastenkur kann zu unangenehmem Mundgeruch führen. Schuld ist die sogenannte Ketose.

Das sagt die Wissenschaft

Tatsächlich kann Fasten aber andere sehr positive Effekte haben. Vor allem in den letzten Jahren gibt es dazu immer mehr wissenschaftliche Evidenz: Dass Fasten bei Rheuma hilft, ist schon länger bekannt. Offenbar kann es aber gegen eine Vielzahl chronischer Erkrankungen wirken, zum Beispiel gegen Bluthochdruck und Fettleibigkeit. Das Fasten hilft dabei sowohl vorbeugend als auch zur Therapie. Eine Linderung verschafft Fasten wohl auch bei einer Fettleber.

Aufgrund der positiven Auswirkungen des Fastens und der Prozesse, die in den Zellen angestoßen werden, sprechen einige Forschende deshalb sogar von einem „Anti-Aging-Effekt“.

Bei Versuchen mit Nagetieren half phasenweises Fasten außerdem vor Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen und dem Abbau von Nervenzellen. Der Verzicht könnte also auch Krankheiten wie Alzheimer vorbeugen. Durch seine entzündungshemmenden Effekte wirkte Fasten bei Mäusen auch gegen Multiple Sklerose.

Weiße Maus
Die Effekte des Fastens wurden teilweise an Menschen, mitunter aber auch nur an Labortieren nachgewiesen.

Eine kleine Studie mit 34 Frauen zeigte zudem, dass kurzzeitiges Fasten zu mehr Wohlbefinden und weniger Müdigkeit während der Chemotherapie führen kann. Die Patientinnen litten an Brust- oder Eierstockkrebs und fasteten für zweieinhalb Tage – ohne nennenswerte Nebenwirkungen.

Fasten kann auch für Gesunde sinnvoll sein

Eine größere Studie mit knapp 1.500 Proband:innen hat gezeigt, dass sich durch eine Fastenkur auch die Blutwerte und emotionales wie körperliches Wohlbefinden gesunder Menschen steigern lassen können. Gerade beim Buchinger-Heilfasten liegt das aber vielleicht aber auch an äußeren Umständen: Dabei wird nämlich neben der Ernährung auch auf einen ruhigen Alltag mit angenehmen Beschäftigungen und leichter körperlicher Aktivität geachtet.

„Damit der Körper nicht auf die Idee kommt „Ach, jetzt kann ich auch ein bisschen Energie aus Muskelabbau dem Körper geben.“ Deswegen soll man sich bewegen. Es gibt Fastenwanderungen, wo die Menschen 50 Kilometer am Tag laufen. Das kann für den einen toll sein, für den anderen ist es zu viel. Also ich würde sagen der Mittelweg ist: leichte Spaziergänge, radeln, das geht alles.“

Mann springt in See
Moderate Bewegung ist während der Fastenphase wichtig, damit die Muskulatur erhalten bleibt. Außerdem trägt sie zum Wohlbefinden bei.

Netter Nebeneffekt: Sport vertreibt den Hunger. Was außerdem helfen kann, damit das Hungergefühl nicht übermächtig wird: Eine Darmreinigung. Ist der Darm leer, muss der Körper nämlich weniger Energie für die Verdauung aufwenden. Davon abgesehen hat das Abführen aber wohl keinen gesundheitlichen Effekt.

Abnehmen ist nicht das Ziel

Auch wenn Heilfasten an die Fettreserven geht: Zum Abnehmen ist das Ganze nicht gedacht!

„Letztlich nimmt beim Fasten fast jeder die gleiche Menge Gewicht ab. Das liegt am Energiestoffwechsel. Das sind zwischen 300 bis 400 Gramm, je nach Geschlecht und altersabhängig. Wenn jemand besonders viel abnimmt, dann ist der Rest Wasser. Das ist jetzt auch nicht negativ, aber es macht auch keinen Sinn.“

Isst man nach dem Heilfasten ungehemmt drauf los, wird sich wahrscheinlich schnell der Jojo-Effekt bemerkbar machen. Stattdessen kann eine Fastenkur aber den Startschuss für eine Ernährungsumstellung geben. Denn nach dem Fasten fällt es vielen Menschen leichter, sich gesünder zu ernähren und schlechte, alte Essgewohnheiten gar nicht erst wieder aufzunehmen.

Obst und Gemüse
Heilfasten kann den Übergang zu einer gesünderen Ernährung darstellen.

Heilfasten sollte aber immer gut überlegt sein und nicht von einem auf den anderen Tag gestartet werden. Denn auch die Tage vor und nach dem Fasten müssen nahrungstechnisch durchgeplant werden. Dafür muss man zwar nicht gleich in eine Fastenklinik, aber zumindest bei Erkrankungen sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.

Risiken und Nebenwirkungen

Manche Menschen sollten auf das Fasten komplett verzichten:

„Wir raten ganz klar ab vom Fasten, wenn eine Vorgeschichte einer Essstörung, einer Magersucht, einer Bulimie oder irgendetwas ähnliches da ist. Das kann auch ein Gefahrenmoment sein. Denn beim Fasten fühlt man sich gut, man kriegt so einen Kick. Und es geht natürlich nicht darum, den Körper immer schlanker zu halten. Das ist nicht das Ziel.“

Für Kinder, Jugendliche und sehr alte Menschen gibt es noch zu wenig Forschung auf dem Gebiet. Schwangere, Stillende und Menschen mit Gallenproblemen oder Gicht sollten ebenfalls nicht fasten. Ihre Beschwerden könnten sich durch den Fastenstoffwechsel verschlimmern.

Schwangere isst Essiggurken
Während einer Schwangerschaft sollte nicht auf Nahrung verzichtet werden.

Und: Auch wenn viele Menschen davon berichten, dass sie sich während des Heilfastens besonders gut gefühlt haben. Ganz ohne Nebenwirkungen läuft so eine Fastenkur meist nicht ab. Zum Beispiel Kopfschmerzen, leichte Kreislaufbeschwerden und Veränderungen im Schlafverhalten gehören für viele Fastende dazu. Genauso wie natürlich Hunger. Nach ein paar Tagen kann das besser werden. Wichtig ist, gut auf den eigenen Körper zu hören und sich im Zweifel ärztlichen Rat zu holen.

Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld