Böse Hexen gibt es nur im Märchen? Nicht, wenn es nach 43 Prozent der Befragten einer aktuellen weltweiten Studie geht. Doch beim Glauben an Hexerei zeigen sich regional deutliche Unterschiede.
Ob Harry Potter, Hänsel und Gretel oder Bibi Blocksberg – in der Märchen- und Fantasiewelt nehmen Hexerei und Zauberei weiterhin viel Raum ein und verzaubern ihr Publikum. Wenn man an augenscheinlich reale Begegnungen mit Hexen denkt, denkt man jedoch eher an finstere Zeiten des Mittelalters zurück.
Doch für viele Menschen sind böse Hexen ganz real – auch heute noch. Das zeigt jetzt eine internationale Studie im Wissenschaftsfachblatt PLOS One.
Mehr als 40 Prozent glauben an Hexerei
Das amerikanische Forschungsteam hat mehr als 140.000 Menschen hat in 95 Ländern befragt. Das Ergebnis: Mehr als 40 Prozent glauben demnach, dass Hexen mit übernatürlichen Fähigkeiten anderen schaden können.
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Die meisten Befragungen fanden persönlich statt, nur in den USA und Westeuropa wurden die Teilnehmer telefonisch interviewt. Insgesamt befragte das Forschungsteam über neun Jahre lang alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer. So gründlich wurde das Thema global noch nie untersucht.
Hexen sind seit jeher schillernde Gestalten: mal gelten sie als Inkarnation des Bösen, mal werden sie feministisch als besonders autarke, starke Frauen gefeiert. Die aktuelle Studie der American University in Washington geht auf diese unterschiedlichen Deutungen aber nicht näher ein.
Das Forschungsteam um den Wirtschaftswissenschaftler Boris Gershman konzentriert sich nur auf den bedrohlichen Aspekt von Hexerei und fragt: „Glauben Sie, dass bestimmte Menschen Flüche oder Zaubersprüche aussprechen können, die dazu führen, dass jemandem Schlimmes widerfährt“?
43 Prozent der Teilnehmenden antworteten darauf mit „Ja“. Sie glaubten demnach auch an den bösen Blick.
Große regionale Unterschiede
Regional zeigten sich in der Studie extreme Unterschiede: In Schweden ist der Hexenglaube mit etwa neun Prozent sehr niedrig – in Tunesien dagegen mit 90 Prozent am oberen Ende der Skala.
Auch in Deutschland glaubt jede:r Zehnte an böse Hexerei. Im weltweiten Vergleich ist das aber ein relativ niedriger Wert.
Besonders hohe Werte zeigten sich unter anderem in Marokko, Tansania und Kamerun. Die Studie beleuchtet nicht, ob die Befragten sich eher vor Frauen oder Männern mit Zauberkraft fürchten.
Korrelation mit gesellschaftlichem Zusammenhalt und Wirtschaft
Auch Details zur persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Lage gehörten zum Fragebogen. Bei der Auswertung bemerkten die Forschenden einen klaren Trend: Vor allem in Staaten mit vergleichsweise schwachen Institutionen ist der Glaube an Hexerei verbreitet.
Gershman und sein Team stellen die Daten zudem in Bezug zu Wirtschaft und Gesellschaft – und da zeigen sich interessante Zusammenhänge: in Kulturen mit ausgeprägtem Hexenglauben ist der soziale Zusammenhalt gering, die Menschen misstrauen und fürchten einander. Auch die Innovationskraft ist niedrig – Gershman hatte das bereits in einer früheren Studie damit erklärt, dass ein Klima der Angst wirtschaftlichen Fortschritt und Wohlstand behindert.
Offen bleibt allerdings, was hier Ursache und was Wirkung ist. Bremst der Hexenglauben die wirtschaftliche Entwicklung? Oder sind Armut und mangelnde Bildung einfach der ideale Nährboden für Aberglauben aller Art? Außerdem wurden einige Länder nicht abgedeckt: Befragungen aus China, Indien und einigen afrikanischen Länder fehlen in der Studie. Auch, inwiefern anderer Glaube mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beobachtungen korreliert, wurde nicht untersucht.
Möglich ist auch eine dritte Variante: nämlich eine komplexe Wechselwirkung zwischen ökonomischem Erfolg, sozialem Zusammenhalt und dem Glauben an Hexerei.
Hexen sind also weder Kinderkram noch gehören sie der staubigen Vergangenheit an. Im Gegenteil, es stellen sich viele Fragen für weitere Forschungen.
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