Das Unbewusste entscheidet mit: Eine deutsch-österreichische Studie zeigt, dass die Größe eines Spielers die Entscheidungen von Schiedsrichtern beeinflussen kann.
Manche gelbe Karte erscheint als viel zu harte Strafe. Das kann durchaus sein, sagen Forschende aus Deutschland und Österreich in einer neuen Preprint-Studie. Darin kommen sie zu folgendem Ergebnis: Wenn ein Spieler zehn bis 25 Zentimeter größer als Schiedsrichter ist, ist es um sieben bis zehn Prozent wahrscheinlicher, dass er für ein Fehlverhalten bestraft wird.
Forschende haben mehr als 2.000 Fußball-Spiele analysiert
Mario Lackner von der Uni Linz hat gemeinsam mit zwei Forschenden der Fernuniversität Hagen mehr als 2.340 Spiele der deutschen Bundesliga zwischen 2014 und 2021 analysiert und sich genau angeschaut, wie Spieler von unterschiedlichen Schiedsrichtern bestraft wurden. Bei Spielern, die größer als sie selbst sind, pfeifen Schiedsrichter eher ein Foul und greifen zu einer gelben Karte. Gerade in der ersten Halbzeit ließ sich der Effekt gut erkennen.
Vereinfacht gesagt, käme das schlicht und ergreifend daher, dass ein Schiedsrichter "mit relativ kleiner Körpergröße versucht, Autorität zu gewinnen über diese Strafen", erklärt Mario Lackner von der Uni Linz. "Wohingegen offensichtlich relativ größere Schiedsrichter schon in Anspruch nehmen, dieses Respekt zu haben und sich dann auch anders verhalten." Also: Der "Napoleon-Effekt" auf dem Fußballplatz.
Altgediente Schiedsrichter lassen sich weniger unbewusst beeinflussen
Was die Forschenden überrascht hat: Sie konnten auch einen umgekehrten Napoleon-Effekt nachweisen. "Das heißt, dass nicht nur Schiedsrichter, die relativ klein sind, mehr Strafen aussprechen, sondern dass auch Schiedsrichter, die relativ groß im Vergleich sind zum Spieler, den sie sanktionieren, weniger Strafen aussprechen."
Je länger Schiedsrichter schon aktiv sind, umso kleiner wird der Effekt. Die Forschenden können nur vermuten, dass entweder besonders strenge oder laxe Schiedsrichter in ihrer Karriere einfach weniger erfolgreich sind - oder, dass sie es sich abtrainieren, unbewusst beeinflussbar zu sein, sagt Lackner.
Deshalb sei es gerade bei jüngeren Schiedsrichtern sinnvoll, auf solche Faktoren im Rahmen der Ausbildung und Nachbetrachtung von Spielen hinzuweisen. Das könne helfen, dass sich solche Entscheidungen qualitativ verbesserten.
Lautstärke beeinflusst die Entscheidungen von Schiedsrichtern ebenfalls
Frühere Studien hatten ergeben: Auch die Lautstärke im Stadion oder eine dunkle Farbe der Trikots kann Entscheidungen von Schiedsrichtern negativ beeinflussen. Zum Glück spielt das deutsche Team bei der Fußball-Europameisterschaft in Pink - oder in neutralem Weiß.
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