In einem virtuellen Studio mit riesigen LED-Wänden lassen sich relativ kostengünstig und ressourcenschonend kinotaugliche Filme produzieren.
Filmemachen ist ein normalerweise ein dreckiges Geschäft. Noch immer jetten viele Crews von Drehort zu Drehort, der Strom vor Ort kommt vom Dieselgenerator und viele Styroporkulissen landen nach dem letzten Drehtag auf dem Sperrmüll.
Bei der diesjährigen internationalen Fachkonferenz FMX2022 steht daher das Thema „Nachhaltigkeit“ bei der Filmproduktion im Vordergrund.
In Babelsberg, einem der größten Filmstudios Europas, ist in einer der riesigen Studio-Hallen die Zukunft der Filmproduktion aufgebaut.
LED-Wand revolutioniert Film-Produktion
In Studio 3 finden Probeaufnahmen statt. Mit Hilfe der hier installierten 55 Meter langen und sieben Meter hohen LED-Wand taucht die Kamera in die Welt einer Hochgebirgsexpedition ein.
Diese Projektionstechnik kann Transportkosten verringern, Emissionen vermeiden und damit Filmproduktionen deutlich ökologischer machen.
Himalaya-Bergwelt als Drehkulisse in Babelsberg
Das würde in dem konkreten Fall bedeuten: Man dreht eine Szene in einer Bergwelt, im Himalaja Gebirge. Vor fünf Jahren wäre es, so Klausing, mitten im Hochsommer undenkbar gewesen, dass man das aus Deutschland heraus produzieren und überhaupt finanzieren kann.
Auf einmal sei das, so Klausing, hier in Potsdam-Babelsberg möglich, ohne dass man Helikoptercrews dort hinschickt, Motivbesichtigungen ins Himalaja unternimmt und Tonnen von Material den Berg hinaufschleppt.
Damit wird der ökologische Fußabdruck kleiner und dank der Kombination von modernster Studiotechnik und klassischem Bühnenbau spielt die Szene dennoch im Hochgebirge.
Das Wetter ändert sich per Mausklick
Das Filmteam muss auch nicht mehr auf das passende Wetter warten, neue Szenen erfordern keine aufwändigen Umbauten mehr. Das alles erfolgt per Mausklick.
LED-Technik stammt aus der Spieleindustrie
Diese Technik stammt aus der Spieleindustrie und zusammen mit hochauflösenden LED-Wänden entstehen so für die Filmindustrie völlig neue Chancen nachhaltiger zu produzieren – bei gleichen visuellen Möglichkeiten.
Doch wie energiesparend ist die LED-Studiotechnik im Vergleich zur nachträglichen Berechnung von Hintergrundbildern per Computer? Das haben Wissenschaftler des Animationsinstituts der Filmhochschule Baden-Württemberg erstmals genau berechnet – und dafür den gesamten Energieverbrauch entsprechender Filmproduktionen analysiert.
LED-Technik verbraucht deutlich weniger Energie
Die Forschenden haben zwei vergleichbare Produktionen identifiziert. Eine davon wurde vollständig offline produziert, das heißt, alle digitalen Bildanteile wurden über einzelne Rechner und über Einzelbilder berechnet, von denen im Schnitt so ein Bild 40 Minuten rendert.
Die andere Produktion lief im Studio über eine LED-Wall und unter Zuhilfenahme von Echtzeittechnologie, das heißt, es gab eine Postproduktion, aber die war wirklich verschwindend gering.
Den Gesamtenergiebedarf haben die Forscherinnen und Forscher miteinander verglichen. Dabei kamen sie zu erstaunlichen Ergebnissen:
Denn anders als von den Forschenden erwartet, unterschiedet sich der Energiebedarf der unterschiedlichen Filmproduktionsarten deutlich voneinander. Bei der sogenannten Offline-Produktion wurde auf große Studiobauten verzichtet und die Bilder entstanden stattdessen nachträglich im Computer.
Post-Produktion von Filmen frisst viel Energie
Doch genau diese Berechnungen, das zeigt sich nun, sind der größte Energiefresser – und hauptverantwortlich für den mehr als dreimal höheren Energieverbrauch im Vergleich zur sogenannten virtuellen Produktion, die mit einer LED-Projektionswand arbeitete. Eine solche Filmproduktion spart also nicht nur Transportaufwand, sondern auch viel Energie.
Filmproduktionen sind einfach sehr energiehungrig, haben einen sehr großen Energiebedarf und es ist ein ganz klares Zeichen der Zeit auch, dass das so nicht in Zukunft weitergehen kann, wie es bisher praktiziert wird und dass man neue Ansätze braucht, um eben nachhaltiger zu produzieren.
Doch dafür müssen sich Investitionen der Filmindustrie in LED-Technik auch wirtschaftlich lohnen, müssen die so produzierten Filme auch ihr Publikum finden.
Perfekte Illusion im Studio
Dramatische Erlebnisse von Auswanderern an Bord eines Schiffes nach Amerika – das zeigt die neue Serie eines großen Streaminganbieters - produziert in Babelsberg mit der eigens dafür aufgebauten, riesigen LED-Wand.
Statt für die Dreharbeiten quer durch Europa zu fahren, schuf man die perfekte Illusion im Studio und sorgte so auch in Sachen Nachhaltigkeit für einen neuen Standard.
Diese Technik habe man, so Philipp Klausing, Geschäftsführer von Dark Bay, auch bei der aktuellen Produktion "1899" angewandt.
Das ist eine Größenordnung der Ersparnis, die nach Einschätzung von Helze enorm ist und die man sonst, mit anderen Stellschrauben, nicht in der Größenordnung hinkriegt. Helze geht davon aus, dass diese Technik überall zum Einsatz kommen wird.
Geschichten visuell glaubhaft erzählen, unabhängig von Ort oder Zeit – die Kombination von klassischem Bühnenbau und LED-Projektionstechnik schafft neue Möglichkeiten der Filmproduktion: Nachhaltig und ohne Grenzen für die Kreativität.
Auch hier in Babelsberg, wo Marlene Dietrich einst zur Arbeit ging.
Filmförderung schafft Anreize für wenig nachhaltige Produktionen
Ein Problem für wirklich nachhaltige Filmproduktionen ist übrigens der Mechanismus der deutschen Filmförderungen. Für Produzenten ist es meist so, dass sie, um ein Projekt finanzieren zu können, oft mehrere Regionalförderungen brauchen. Jede Regionalförderung möchte dann aber natürlich, dass man das Geld dann in dem jeweiligen Bundesland ausgibt.
Daraus resultiert dann oft ein regelrechter „Fördertourismus“, bei dem Filmproduktionen durch ganz Deutschland fahren müssen. Das ist eigentlich unter jetzigen ökologischen Gesichtspunkten völlig daneben und nach Ansicht der meisten Filmschaffenden ist es absolut überfällig, dass das revidiert wird, ohne natürlich den Produzenten ihre Finanzierungsmöglichkeiten zu nehmen.