Viele befürchten Langzeitfolgen nach einer Corona-Impfung. Warum das sehr unwahrscheinlich ist und Nebenwirkungen in der Regel nicht erst nach Monaten oder Jahren auftreten.
Nach einer Impfung reagiert das Immunsystem schon nach wenigen Stunden. Die Impfstoffe – vor allem die mRNA-Impfstoffe – überleben nur wenige Tage im Körper. Schwere Nebenwirkungen wie ein allergischer Schock sind teilweise schon nach wenigen Minuten zu beobachten.
Narkolepsie als Spätfolge der Schweinegrippe-Impfung?
Vor allem in den skandinavischen Ländern ist die Angst vor Langzeitfolgen groß. Der Grund dafür ist der Impfstoff Pandemrix gegen das Schweinegrippe-Virus H1N1.
2009 gab es im Zusammenhang mit der Schweinegrippe-Impfung ein Jahr nach der großen Impfkampagne auffällig viele Narkolepsie-Fälle – auch Schlafkrankheit genannt. Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist dann gestört. Mehr als 1.300 Narkolepsie-Erkrankungen sind bei gut 60 Millionen Impfungen laut der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) weltweit entdeckt worden. Erst spät wurde klar: Die Narkolepsie-Erkrankungen hängen mit der Impfung gegen die Schweinegrippe zusammen.
Keine Spätfolge, sondern eine seltene Nebenwirkung
Die meisten Narkolepsie-Fälle sind erst viele Monate später entdeckt – also diagnostiziert – worden. Doch eine später publizierte Studie in der Fachzeitschrift Plos one zeigt, dass die meisten Betroffenen erste Symptome schon wenige Tage – zumindest innerhalb der ersten sechs Wochen – nach der Impfung gespürt haben.
Die Narkolepsie-Erkrankungen sind also vor allem spät entdeckt worden und nicht plötzlich nach Monaten ausgebrochen. Es handelt sich deshalb um eine seltene Nebenwirkung, nicht um eine Spätfolge.
Mittlerweile ist klar: Nach der Pandemrix-Impfung zeigte etwa jeder 20.000ste Symptome einer Narkolepsie. Vor der Zulassung des Impfstoffs wurden aber nur 1.600 Probanden geimpft. Deshalb war es eher unwahrscheinlich, überhaupt einen Narkolepsie-Fall zu entdecken. Die seltene Nebenwirkung bleibt erstmal verborgen.
Umso mehr Menschen schon geimpft wurden, desto mehr seltene Nebenwirkungen können ausgeschlossen werden. In den jeweiligen Studien, der in der EU bisher zugelassenen Covid-19 Impfstoffe, erhielten mehr als 20.000 Probanden den Impfstoff. Mittlerweile sind Millionen geimpft, sodass noch seltenere Nebenwirkungen wahrscheinlich längst aufgefallen wären – also auch Nebenwirkungen die nur bei einem von 100.000 auftreten oder noch seltener.
In Deutschland betreibt das Paul-Ehrlich-Institut ein Meldeportal für Verdachtsfälle von Nebenwirkungen. Geimpfte und Ärzt*innen können hier Nebenwirkungen melden. Auch über die Smartphone-App SafeVac 2.0 können sich Geimpfte an einer Beobachtungsstudie beteiligen.
Seltene Erkrankungen als vermeintliche Nebenwirkungen des Corona-Impfstoffs
Zur Impfstoff-Studie von Biontech gibt es im Netz immer wieder Berichte über Gesichtslähmungen – die sogenannte Glockengesichtslähmung.
Was stimmt: Vier Probanden bekamen in der letzten großen Studie – vor der Zulassung – eine Gesichtslähmung, innerhalb von sieben Wochen nach der Impfung. So steht es in einem öffentlichen Dokument der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA. Sie ordnet die Nebenwirkungen aber schnell ein: "Die gemeldeten Glocken-Lähmungen entsprechen der erwarteten Hintergrundinzidenz der Gesamtbevölkerung”.
Hintergrundinzidenz heißt in dem Fall, dass die Lähmungen vermutlich auch ohne Impfungen aufgetreten wären. Bei einer Gruppe von 20.000 Menschen wären bis zu vier Gesichtslähmungen durchaus normal. Bisher kann kein Zusammenhang zur Impfung festgestellt werden, aber natürlich schauen die Behörden jetzt genauer hin. Auch die deutschen Behörden.
Keine Hinweise auf ein höheres Risiko für Gesichtslähmungen
Laut dem zuständigen Paul-Ehrlich-Institut gibt es in Deutschland bisher mindestens drei Fälle einer Fazialisparese – also den Gesichtslähmungen – nach einer Corona-Impfung. Ein Zusammenhang zur Impfung konnte aber bisher nicht beobachtet werden. In den meisten Fällen bildet sich die Gesichtslähmung übrigens zum Glück größtenteils zurück.
Die Meldungen über die Gesichtslähmungen in den sozialen Netzwerken nehmen es mit der Bildquelle übrigens nicht ganz so genau. Die dort verwendeten Bilder sind schon seit 2019 im Netz und haben definitiv nichts mit den Impfungen zu tun. Plattformen wie Facebook warnen mittlerweile vor den Meldungen, weil die Infos verkürzt dargestellt werden.
Gefahr von seltenen Nebenwirkungen geringer als Risiken durch COVID-19
Viele seltene Nebenwirkungen müssten wir eigentlich schon entdeckt haben. Doch natürlich werden die Impfstoffe noch weiter überwacht. Ganz seltene Nebenwirkungen, die nur bei einem von 100.000 Menschen oder sogar noch seltener auftreten, können aber auch jetzt nicht ausgeschlossen werden.
Laut Expert*innen neigen wir dazu, die Gefahren durch eine potentielle Nebenwirkung zu überschätzen: Wir steigen ja auch in ein Flugzeug, obwohl wir wissen, dass ein Flugzeug auch abstürzen kann. Wir schnallen uns beim Autofahren an, obwohl sich immer wieder Menschen bei einem Unfall durch den Anschnallgurt verletzen. Doch bei fast allen anderen Unfällen verhindert der Sicherheitsgut schlimmeres.