Immer wieder kursieren Zahlen von angeblichen Todesfällen im Zusammenhang mit den Corona-Schutzimpfungen, zuletzt auch in einem SWR-Auftritt der Kabarettistin Lisa Fitz. Stimmt es, dass europaweit über 5.000 Menschen infolge der Impfung gestorben sind? Warum das grob falsch ist.
Grundsätzlich gilt, dass ein Todesfall, der in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung auftritt, nicht automatisch durch diese verursacht wurde. Unklare Verdachtsfälle werden genauer untersucht. Doch eine exakte Zahl von „Impftoten“ zu nennen, ist seriös unmöglich.
Zahl tödlicher Nebenwirkungen der Impfung lässt sich nicht genau bestimmen
Viele Behauptungen über angeblich tödliche Folgen der Corona-Impfung gehen zurück auf eine Angabe der Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle (EudraVigilance) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA.
Sie nennt eine Zahl von 361.767 Verdachtsfällen auf Nebenwirkungen der Impfung mit Biontech, davon 5.113 mit tödlichem Ausgang. Nimmt man die anderen Impfstoffe hinzu, wären es sogar noch etwas mehr. ABER:
Die EMA betont:
- Es handelt sich um spontan gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang, die bei den staatlichen Instituten (für Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut) eingegangen sind – wie viele davon tatsächlich auf die Impfung zurückzuführen sind, lässt sich seriös nicht ermitteln.
- Die genannten Zahlen enthalten Doppelungen: Die Datenbank differenziert nach der Art der Nebenwirkung, z.B. Herzprobleme, Thrombosen, Nervenstörungen usw. Menschen, bei denen sich mehrere dieser möglichen Nebenwirkungen zeigen, werden dabei mehrfach erfasst. Das gleiche gilt für die damit einhergehenden Todesfälle. Die EMA schreibt deshalb: Die Zahl von 5.113 gibt die SUMME dieser nach Symptomen getrennt erfassten Todesfälle wieder – die tatsächliche Zahl der Todesfälle nach einer Impfung ist in jedem Fall kleiner. Und aus dem "nach" auch ein "wegen" folgt, ist - siehe oben - noch lange nicht gesagt.
Fälle in Deutschland
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) führt wiederum eine Statistik über Fälle in Deutschland und hat bis November 2021 1.919 Verdachtsmeldungen über einen tödlichen Ausgang in „unterschiedlichem zeitlichen Abstand zur Impfung“ berichtet. Im Klartext: Auch jemand, der im März geimpft wurde und im August verstarb, kann als „Verdachtsfall mit tödlichem Ausgang“ gemeldet werden, auch wenn die Ursache eine ganz andere war. Tatsächlich geht aus den Zahlen des PEI auch hervor, dass ein erheblicher Teil der gemeldeten Todesfälle bei Menschen mit schweren Vorerkrankungen auftraten.
In Deutschland vermutlich weniger als 80 Fälle
Auch das macht eine eindeutige Zuordnung zur Impfung schwierig. Das Paul Ehrlich-Institut schätzt, dass von den bis 30.11.2021 gemeldeten 1919 Verdachtsfällen lediglich 78 – also knapp vier Prozent – tatsächlich im Zusammenhang mit der Impfung stehen. Dies betrifft insbesondere Thrombosen durch eine Impfung mit AstraZeneca oder Johnson & Johnson – über die auch in den Medien früh berichtet wurde.
Dies begründet das PEI auch statistisch: Wenn die Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle im Zusammenhang mit einer bestimmten Todesursache der Zahl entspricht, die statistisch auch ohne Impfung zu erwarten gewesen wäre, ist die Impfung aller Wahrscheinlichkeit auch in diesen Fällen nicht die Ursache.
Dunkelziffer deutlich höher?
Oft werden die angeblichen Todesfälle im Zusammenhang mit der Impfung mit dem Nachsatz versehen, dass die Dunkelziffer „um ein Vielfaches höher“ sei.
Dies ist pure Spekulation. Es liegt in der Natur der Dunkelziffer, dass niemand weiß, um wie viel höher die „wahre“ Zahl liegt. Von einer Dunkelziffer zu sprechen, macht ohnehin nur Sinn, wenn man davon ausgeht, dass die Verdachtsfälle die „wahren Sterbefälle“ abbilden. Schon dies ist, wie dargelegt, falsch. Der Ausdruck „Dunkelziffer“ suggeriert auch, dass viele Todesfälle im Zusammenhang mit einer Impfung unerkannt bleiben. Auch diese Annahme ist fragwürdig, denn:
Jeder kann Verdachtsfälle melden
Man muss nicht Arzt oder Ärztin sein, um einen Verdachtsfall zu melden. Wir alle können auf dieser Website eine solchen Fall melden. Dies ist wichtig, um systematisch auftretende Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Da diese Meldungen anonym und nicht fachlich abgesichert sind, fehlt oft eine medizinische Einschätzung des konkreten Falls – und auch ein Missbrauch solcher Meldeformulare ist nicht ausgeschlossen.
Todesfälle und ihre Ursache werden natürlich grundsätzlich von einem Arzt oder einer Ärztin festgestellt. Kurz: In den gemeldeten „Verdachtsfällen mit tödlichem Ausgang“ können auch viele Fälle enthalten sein, bei denen eine Ärztin vor Ort eine andere Todesursache festgestellt hat.
Anm.: Wir haben den ursprünglichen Text um die Zahlen aus dem jüngsten PEI-Sicherheitsbericht von 23.12.2021 aktualisiert.