Chemsex

Sex mit Drogen und vielen Nebenwirkungen

Stand
Interview
Dr. Carsten Käfer
Onlinefassung
Ralf Caspary
Ralf Caspary
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Geschlechtsverkehr unter der Einnahme von psychoaktiven Substanzen und Drogen wie beispielsweise Crystal Meth ist auch in Deutschland verbreitet. Tendenz steigend. Der Konsum dieser Substanzen birgt jedoch massive Gefahren.

Sich mit Drogen aufzuputschen, um mehr Leistung zu zeigen, wacher zu sein, sich zu fokussieren, länger durchzuhalten, das ist ein Trend, der sich immer häufiger beim Sex beobachten lässt. In Großbritannien geht die entsprechende Bezeichnung "Chemsex" schon länger durch die Presse.

Aber auch in Deutschland nimmt der Trend zu. In Tübingen wird jetzt das erste Beratungszentrum für Chemsex in Baden Württemberg eingerichtet. SWR2 Impuls sprach darüber mit Dr. Carsten Käfer von der Uniklinik Tübingen:

Welche Drogen werden genommen?

Es werden verschiedene Drogen konsumiert, hauptsächlich Crystal Meth, GHB/GBL wird verwendet, es werden aber auch Poppers verwendet und beispielsweise auch andere Amphetamine. Letztlich gibt es in Deutschland dazu keine Daten, weil es ein Thema ist, das bisher stiefmütterlich behandelt wurde Die Universität in München hatte damit angefangen.

Crystal Meth
Crystal Meth ist billig und leicht zu bekommen. Crystal Meth ist im Vergleich zu Amphetamin nicht nur wirksamer, sondern auch deutlich schädlicher für Gehirn und Geist.

Jetzt hat aber die Uniklinik Tübingen trotzdem Süddeutschland als ein Zentrum der deutschen Chemsex-Szene ausgemacht, darunter die Regionen Reutlingen, Stuttgart, Konstanz und der Zollernalbkreis. Wie haben Sie das dann festgestellt, dass es dort vermehrt zu Chemsex kommt?

Im Rahmen der Planung von Infoveranstaltungen zusammen mit der AIDS Hilfe haben wir beobachtet, dass dieser Trend zunimmt. Das heißt, wir wissen, das gibt es in Baden Württemberg. Und tatsächlich habe ich an der Uniklinik in Tübingen auch schon vereinzelt Patienten zu diesem Thema behandelt. Nicht primär unter dem Stichwort Chemsex, sondern die schon im Endeffekt in eine Abhängigkeit gerutscht sind.

Chemsex - Drogen versprechen den ultimativen Kick
Chemsex - Drogen versprechen den ultimativen Kick. Doch die Gefahren werden dabei häufig unterschätzt.

Was führt dazu, dass Chemsex sich verbreitet?

Es ist ein Thema der schnellen Gesellschaft, man lebt schneller, der Leistungsdruck steigt, es wird nicht mehr in festen Beziehungen gelebt. Man lebt sein Sexualleben mit wechselnden Geschlechtspartnern aus.

Eine Gefahr ist dabei natürlich, dass man drogenabhängig wird. Welche Risiken und Folgen sind denn mit Chemsex noch verbunden?

Wir haben beobachtet, dass im Rahmen des Substanzgebrauchs natürlich auch Sex-Partys gefeiert werden. Es kommt zu einem Kontrollverlust, zu hemmungsloserem Sex. Und wir wissen, dass dadurch auch die Infektionsrate an HIV-Erkrankungen, aber auch anderen Geschlechtskrankheiten ansteigen kann, weil nicht mehr auf einen ausreichenden Schutz in Form beispielsweise von der Nutzung von Kondomen geachtet wird.

Sex unter Drogen
Mögliche Gesundheitsgefahren werden beim Konsum von Drogen im Zusammenhang mit Sex meist ausgeblendet.

An der Uniklinik in Tübingen startet jetzt eine Beratungsstelle für Chemsex. Wie sieht so ein Beratungsangebot dann aus?

Wir haben uns das so gedacht, dass wir ein Beratungsangebot anbieten, das niederschwellig ist. Das heißt, Patienten können telefonisch über das Sekretariat einen Termin vereinbaren, bei meinem Kollegen Doktor Fabian Münch und mir. Wir haben aber auch speziell eine E-Mail-Adresse eingerichtet, weil dieses Thema doch oft sehr schambesetzt ist. Diese E-Mail geht dann auch nur an uns zwei. Wir vereinbaren mit dem Patienten einen Termin, wenn Sie das wünschen.

Wir schauen bei dem ersten Termin: Welche Substanzen konsumieren die Patienten überhaupt. Gibt es schon eine Abhängigkeitserkrankung , gibt es bereits psychotische Symptome, gibt es Infektionskrankheiten? Diese Dinge wollen wir alle beim ersten Gespräch erheben und mit dem Patienten in Kontakt kommen, um ihnen dann im zweiten Schritt auch passende Angebote, was eine Therapie angeht, zu machen.