Die Sommer der Zukunft werden heißer sein. Deshalb soll es bundesweit einheitliche Regeln für Hitzefrei an Schulen geben. Das fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Bundeselternrat. Macht das Sinn? Ein Kommentar von Anja Braun.
Hitze reduziert die Leistungsfähigkeit
Hitzefrei zu geben macht durchaus Sinn. Bei 30 Grad im Klassenzimmer – womöglich unter dem Dach – fällt es schwer, dem Unterricht noch zu folgen. Insgesamt fällt uns geistige Leistungsfähigkeit bei Hitze schwerer – das ist wissenschaftlich erwiesen.
Je wärmer die Umgebungstemperatur, desto unmotivierter werden wir und können auch weniger aufnehmen. Die optimalen Bedingungen zum Lernen gibt es bei einer Umgebungstemperatur zwischen 18 und 22 Grad.
Ist es dagegen viel heißer, dann versucht unser Körper seine Kühlung hochfahren. Das führt in der Regel zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit und wir fühlen uns schneller erschöpft. Deshalb gibt es das magische Hitzefrei – also den Unterrichtsausfall, wenn es zu heiß wird.
Wann gibt es an Schulen Hitzefrei?
Ab wann kein Unterricht mehr sinnvoll ist, das entscheiden oft die einzelnen Schulen selbst – und zwar nach Messungen, die nicht im aufgeheizten Schulhaus, sondern draußen im Schulhof vorgenommen werden. So gilt zum Beispiel in Baden-Württemberg eine Außentemperatur von mindestens 25 Grad im Schatten um 11 Uhr als Richtschnur für Hitzefrei.
Willkürlich scheint auch, dass in den meisten Bundesländern gerade die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe von Hitzefrei-Regeln ausgenommen sind. Die haben zwar einen vollgepackteren Stundenplan, leiden aber nicht weniger unter der Hitze. Deshalb ist die Forderung von GEW und Bundeselternrat nach bundeseinheitlichen Vorgaben zum Schutz von Schülerinnen und Schülern vor Hitze verständlich. Als möglichen Richtwert für Hitzefrei wurde nun die Messung von 25 Grad im Schatten draußen um 10 Uhr vorgeschlagen.
Temperatur sollte am Unterrichtsort gemessen werden
Sinnvoller wäre es aber, die Hitze in der Schule selbst zu messen, nicht auf dem Schulhof. Denn Schulgebäude können sehr unterschiedlich gebaut und isoliert sein. Manche haben dicke Mauern und können im Hochsommer noch gut Kälte speichern. Andere sind schlecht gedämmt und werden in den Sommermonaten zu Glutöfen. Hier muss ein Unterschied gemacht werden.
Wo sollen Schüler bei Hitzefrei beaufsichtigt werden?
Ein bundesweit einheitlicher Richtwert für Hitzefrei mit Messung in den Schulgebäuden erscheint deshalb sinnvoll, auch wenn einzelne Schulen weiter die Möglichkeit brauchen, davon abzuweichen. So können zum Beispiel an Grundschulen und auch in den Klassen 5 und 6 die Kinder nicht einfach nach Hause geschickt werden, weil dort im Zweifel keine Aufsichtsperson ist. Hier müssen andere Lösungen gefunden werden.
Maßnahmen zum Hitzeschutz sind schwer umsetzbar
Das Informationsportal zu Hitze, das der Bundesgesundheitsminister gerade erst vorgestellt hat, schlägt bei großer Hitze unter anderem eine «Verlagerung des Unterrichts auf kühlere Tageszeiten» vor – etwa durch früheren Beginn, eine längere Mittagspause sowie ein späteres Unterrichtsende. All das sind gute Möglichkeiten, die allerdings in die Tagesplanung der Familien und der Lehrerinnen und Lehrer stark einschneiden würden – und daher unwahrscheinlich sind.
Ähnlich schwierig umzusetzen ist der Vorschlag, bei Hitze auf nahegelegene beschattete Grünflächen auszuweichen und dort den Unterricht zu machen. Schließlich haben Schulen selten einen benachbarten Park, der die Schülerinnen und Schüler einer ganzen Schule aufnehmen kann. Helfen würde auch – und das ist eine weitere Forderung der Verbände – wenn endlich alle Schulen mit Trinkwasserbrunnen ausgestattet würden.