In einer Pressemitteilung hat das baden-württembergische Innenministerium Wanderer aufgerufen, Glasscherben einzusammeln und mitzunehmen. Grund: Achtlos weggeworfene Flaschen und Glasscherben werden immer wieder als Brandursache angeführt. Doch können sie wirklich einen Waldbrand auslösen?
Es klingt so einleuchtend: Glasscherben im Wald können das Sonnenlicht so stark bündeln, dass sich der dürre und ausgetrocknete Waldboden entzündet und daraus entsteht dann ein Waldbrand. Doch an diesem Szenario ist nicht viel dran.
Brenngläser können brennbares Material entzünden
Zunnächst ist richtig, dass Glas Sonnenlicht so fokussieren kann, dass sich Feuer entzünden lässt. Aber nicht jedes Glas ist dazu geeignet und es braucht noch weitere Voraussetzungen, um eine Flamme zu entfachen. Ein sogenanntes Brennglas – also ein Vergrößerungsglas, eine Lupe – mit konvex geschliffener Linse kann die Energie des einfallenden Sonnenlichts so stark verdichten, dass die Zündtemperatur überschritten wird und brennbares Material Feuer fängt. Doch die Glasabfälle im Wald und auf Wiesen stammen in der Regel von Flaschen oder Gläsern und eigentlich nie von Vergrößerungsgläsern.
Normales Glas löst wahrscheinlich kein Feuer aus
Der Deutsche Wetterdienst in Braunschweig hat vor längerer Zeit dazu ein Freilandexperiment durchgeführt. Das Forscherteam nutzte unterschiedliche Flaschen und deren Böden, da die der konvexen Form eines Brennglases am nächsten kommen – und hängte sie in einem idealen Winkel zur Sonne in 20 bis 30 Zentimeter Höhe auf. Die Forschenden berechneten dazu den optimalen Lichteinfall sowie die für jedes Glas optimale Brennweite und richteten die gebündelten Lichtstrahlen auf unterschiedliche brennbare Materialien, die sich auf einem trockenen Waldboden finden lassen. Also zum Beispiel Fichtennadeln, Kiefernnadeln, Laub, Gras, Moos und Heidekraut.
Doch keine Variante aus Glas und Brennmaterial konnte ein Feuer auslösen, weil die erforderliche Zündtemperatur von 300 Grad Celsius nicht mal annähernd erreicht wurde. Nur die Bodenscherbe einer Ketchup-Flasche erhitzte kurzzeitig auf die erforderlichen 300 Grad Celsius, allerdings reichte das trotzdem nicht aus, um aus Fichtennadeln als Brennmaterial eine Flamme zu entwickeln.
Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass Glasflaschen oder -scherben Waldbrände auslösen. Denn abgesehen von der ungeeigneten Beschaffenheit der Flaschen und ihrer Bruchstücke dürfte eine Glasscherbe ja nicht auf dem Boden liegen, sondern müsste sich im Abstand von 20 bis 30 Zentimetern über dem Waldboden befinden, um überhaupt als Brennglas zu wirken.
Waldbrände durch Zigarettenkippen, Lagerfeuer oder überhitzte Autos und Motorräder
Das Umweltbundesamt sieht die Hauptursache für Waldbrände in Deutschland in der Unachtsamkeit der Menschen. Zwar nicht durch weggeworfene Flaschen, aber durch achtlos weggeschnippte Zigarettenkippen, unerlaubte Lagerfeuer und sogar durch den Unterbau oder die Katalysatoren überhitzter Autos oder Motorräder. Im Wald und auf trockenen Wiesen – zur Zeit eigentlich überall – ist daher Vorsicht ganz wichtig.
Umwelt Klimawandel: Führt mehr Hitze zu mehr Waldbränden?
Der Klimawandel verändert die Verteilung von Niederschlägen. Er führt dazu, dass wir im Schnitt häufigere, teilweise lokale Starkregen haben, dazwischen aber längere Dürreperioden. Das ist der eigentliche Faktor, der dazu führen könnte, dass bei steigenden globalen Temperaturen das Waldbrandrisiko steigt. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.