Bauwerke korrodieren mit der Zeit, bekommen Risse und können zur Gefahr werden. Forschende wollen nun unter anderem Bakterien züchten, die die Risse im Beton sanieren können.
Bakterien spachteln Risse zu
Brücken, Parkdecks oder Hochhäuser – sie alle sind aus Stahlbeton. Viele dieser Bauwerke kommen in die Jahre und müssen für viele Milliarden saniert oder gleich neu gebaut werden. Denn mit der Zeit bekommt der Beton Risse, Wasser dringt ein und der Stahl, der alles zusammenhält, kann korrodieren.
Im Extremfall stürzt ein Gebäude sogar ein wie jüngst in Florida. Wie praktisch wäre es da, wenn Risse im Beton von selbst heilen könnten. Forschende in München arbeiten schon länger an den unterschiedlichsten Rezepten dafür - und wollen dafür beispielsweise Bakterien nutzen.
Ungewöhnliche Sanierungs-Methoden gab es schon früher
Schon die Chinesische Mauer ist aus einer Art Beton erbaut worden und bereits den Maurern von damals war klar: Risse im Beton sind unausweichlich. Auch damals wurden schon ungewöhnliche Baumethoden angewandt.
So nutzten die Erbauer Reis, welchen sie in den Mörtel mit hineingekippt hatten. Dieser hielt die Feuchtigkeit und gab sie nach und nach über die Jahre hinweg frei. Somit verschlossen sich die Risse automatisch, quasi eine Sanierungs-Selbstheilung, ein Grund für die lange Beständigkeit der Mauer.
Mit Epoxidharz Risse sanieren
Heutzutage jedoch sind die Risse in den Bauwerken oft größer als dass die Reiskörner helfen könnten. Auch entsprechen sie nicht mehr den heutigen Baunormen. Christian Große, Professor am Centrum für Baustoffe der TU München, forscht jedoch an einer ähnlichen Methode.
Dabei würden in Betonalken mehrere Kapseln einbetoniert, welche Epoxidharz enthalten. Beim Aufbrechen des Betonkörpers zerbrechen auch die Epoxidharz-Röhrchen. Das Epoxid tritt somit aus und verschließt daraufhin die Risse, also auch eine Art der automatischen Sanierung.
Bakterien nutzen zur Betonsanierung
Frédéric Lapierre, seines Zeichens Bioverfahrenstechnicker an der Hochschule München, verfolgt einen weiteren Ansatz: Bakterien sollen den Beton kitten. Und zwar spezielle Einzeller, die in der Lage sind, Kalk zu bilden. Diese finde man laut Lapierre überall auf der Welt im Boden. Man komme sogar täglich mit ihnen in Kontakt und sie seien völlig ungefährlich, aber dafür umso nützlicher – wenn denn richtig kultiviert.
In einer Nährlösung lässt man die Einzeller wachsen und versorgt diese stets mit Nährstoffen. Hier können die Bakterien ein Enzym nutzen, welches hilft, Harnstoff zu spalten. Mit dem Zusatz von Kalzium kann daraus Kalk gebildet werden.
Die Bauingenieurin Brigitte Nagy an der Hochschule München hat damit schon erste Ergebnisse erzielt. Denn dieser Kalk konnte sich bereits auf realem Beton ablagern. Offen ist jedoch noch, ob der Beton dann auch ausreichend fest wird, um beispielsweise eine Brücke weitere Jahre nutzen zu können.
Noch einige offene Fragen
Auch praktische Aspekte sind weiterhin offen: Muss die Bakterienkultur und die Harnstoff-Kalzium-Lösung separat auf den Beton aufgetragen werden? Oder kann man ähnlich einem Zweikomponentenkleber die Komponenten zu Pasten verarbeiten und vor Ort anmischen?
Zurzeit werden Risse im Beton noch meist von Hand mit Epoxidharz ausgespachtelt. Einbetonierte Epoxid-Kügelchen wären daher schon einmal ein Fortschritt in Richtung automatische Sanierung. Und im nächsten Zug kommen dann vielleicht die kalkbildenden Mikroorganismen – statt der Reiskörner wie vor hunderten von Jahren in China.