Umweltschutz

Das Hochmoor Kaltenbronn: Eines der letzten seiner Art

Stand
Autor/in
Lena Schmidt

Das Hochmoor Kaltenbronn ist eines der letzten Moore in Deutschland. 99% gelten als tot. Wie steht es um das Hochmoor im Schwarzwald?

Hohe Niederschlagsraten, niedrige Temperaturen und ein saurer, nährstoffarmer Boden – das wären die optimalen Voraussetzungen für Moore. Doch laut des Deutschen Wetterdiensts (DWD) zeichnet sich 2022 erneut durch Hitzerekorde und Dürren aus. Der Südwesten war die zweitwärmste und sonnenreichste Region im Juli, deutschlandweit war die Niederschlagsrate viel zu gering.

Das zeigt sich auch im Hochmoor Kaltenbronn. Immer länger anhaltende Trockenperioden bedrohen seinen Zustand. Gerade wasserabhängige Ökosysteme reagieren sensibel auf Klimaveränderungen.

Die Moospflanzen, welche den Boden der Moorlandschaft bedecken, mögen es nass und kühl. Die Moose, die eigentlich wie ein nasser Schwamm triefen sollten, sind derzeit trocken, ausgebleicht und zerbröseln bei Berührung.

Das Bild zeigt vertrocknetes Moormoos.
Moormoose können das dreißigfache ihres eigenen Gewichts an Wasser aufnehmen. Dadurch bieten Moore auch einen natürlichen Hochwasserschutz.

So entstand das Hochmoor am Kaltenbronn

Die Entstehung der Moore begann vor etwa 11.000 Jahren nach der letzten Eiszeit. Am Kaltenbronn sorgten wasserundurchlässige Gesteinsschichten in Kombination mit hohen Niederschlagsraten für Versumpfungen. Mit der Zeit entstand dort ein Hochmoor, dessen Torfschicht inzwischen auf rund 8 Meter angewachsen ist.

Dass das Hochmoor Kaltenbronn in seiner heutigen Form überhaupt noch existiert, kann als Glückssache bezeichnet werden. Renate Fischer, stellvertretende Leiterin des Infozentrums Kaltenbronn, ist sich sicher: Wenn sich hier der Torfabbau gelohnt hätte, wäre auch das Hochmoor bei Gernsbach längst verschwunden.

In Deutschland wurde ein Großteil der Moore entwässert und trockengelegt, um die Flächen landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Außerdem wird fruchtbarer Torfboden vor allem für die Hobbygärtnerei abgebaut – obwohl es inzwischen viele Ersatzprodukte für Torf gibt.

Natur- und Klimaschutz – ein Widerspruch am Kaltenbronn? 

Der erste, einschneidende Eingriff fand am Kaltenbronn vor etwa 250 Jahren statt. Um die Moorlandschaft für den Waldbau nutzbar zu machen, wurden Entwässerungsgräben angelegt. Der gewünschte Erfolg blieb aus, doch die Gräben erstrecken sich noch heute auf 520 Kilometern über das Gebiet und entziehen dem Moor Wasser. Neuer Torf kann sich nicht mehr oder nur noch eingeschränkt bilden.

Die Landesregierung strebt an, das Hochmoor zu renaturieren. Dazu müsste auf dem Kaltenbronn das Kanalsystem zugeschüttet werden. Ein solches Vorhaben wurde zuletzt ausgebremst, da die EU einen entsprechenden Förderantrag abgelehnt hat. Doch mit den Renaturierungsmaßnahmen würde man erneut in das Ökosystem eingreifen, das zu großem Teil sogar unter ganz besonderem Schutz steht.

Ein Teil des Hochmoors wurde Ende der 1920er-Jahre zu einem Bannwald. Das bedeutet, dass das Gebiet ganz sich selbst überlassen wird. Auch Pflegearbeiten sind verboten. Das ist in Baden-Württemberg sogar gesetzlich festgeschrieben.

Und genau das führt zu einem Dilemma: 

„Einerseits will man Klimaschutz betreiben, andererseits macht man einen ziemlich großen Eingriff in ein hochsensibles Gebiet. Ich denke, es wird immer ein Dilemma sein, die Diskussion.“

Die Natur sich selbst zu überlassen und das Absterben des Moores zu riskieren, würde auf Kosten des Klimaschutzes gehen. Sind die Moore intakt, fungieren sie als natürliche Kohlenstoffsenken. Schon eine 15 Zentimeter breite Torfschicht speichert auf gleicher Fläche ungefähr so viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald.

Zerstörte Moore werden hingegen zu einer großen Klimabelastung. Bei der Entwässerung und Bewirtschaftung der Moore oxidiert der über tausende Jahre eingelagerte Kohlenstoff. Es entsteht klimaschädliches CO2. Und mit den Mooren würde auch der Lebensraum vieler, seltener Arten verschwinden.

Ein hochsensibles Ökosystem 

„Hinterlasse nichts, als deine Fußspuren, nimm nichts mit, als deine Eindrücke“ – das sollte laut Fischer der Leitsatz beim Moorbesuch sein. Bereits kleine Einflüsse stören das Ökosystem und zeigen sich unmittelbar an den Pflanzen, die dort wachsen und den Tieren, die dort leben:

„Normalerweise ist es schon so, dass die Menschen hier ziemlich viele Hinterlassenschaften hinterlassen. Bioabfälle, wie zum Beispiel der Apfelbutzen. In gutem Glauben! Weil man ja denkt, das verrottet. Aber gerade in diesem sensiblen, nährstoffarmen Gebiet, ist das ein Nährstoffeintrag."

In der sonst sauren, nährstoffarmen Umgebung kommen normalerweise nur hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten zurecht. Werden Nährstoffe eingetragen, ziehen konkurrierende Arten in das Gebiet ein.

Ein Beispiel ist die Fichte. Auf ehemals freien Flächen werden die Blaubeersträucher durch hochwachsende Fichten verdrängt. Den Sträuchern fehlt das Sonnenlicht zum Wachsen. Dadurch werden auch Auerhühner gefährdet. Blaubeeren sind die Hauptnahrungsquelle der selten gewordenen Vogelart.

Das Bild zeigt die Bohlenwege im Hochmoor Kaltenbronn.
Früher wurden die Wanderwege aus Kalk gelegt. Bereits Kalkstaub an den Schuhen kann als Nährstoffeintrag die Vegetation verändern. Daher verwendet man heute auf den Schotterwegen Granit und hat zudem Bohlenwege angelegt. Bild in Detailansicht öffnen
Das Bild zeigt Enten auf einem See.
Eine Vogelart, die eigentlich nicht ins Hochmoor gehört, sind Enten. Sie finden dort nur Nahrung, weil sie von den Besucherinnen und Besuchern gefüttert werden. Ihre Ausscheidungen sorgen für weitere Nährstoffeinträge. Bild in Detailansicht öffnen
Auf dem Foto sieht man ein Schild, das vor Waldbrandgefahr warnt. Rauchen und Lagerfeuer sind verboten.
Besonders gefährlich: Wandergruppen entzünden auf ihren Ausflügen immer wieder unbedacht Lagerfeuer. Gerade jetzt, wenn es so trocken ist, wäre ein Waldbrand verheerend. Bild in Detailansicht öffnen

Das 11.000 Jahre alte Hochmoor hat verschiedenste Nährstoffeinträge, Extremwetterlagen und sogar den Versuch der Entwässerung überdauert. Ob es auf natürliche Weise für die kommenden, klimatischen Veränderungen gewappnet ist, oder weitere menschliche Eingriffe dafür nötig sind - darüber streitet man sich im Naturschutz.

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Lena Schmidt