Wenn man mit 20 Hunden die Wohnung teilt, steckt meist eine psychische Störung dahinter. Animal Hoarding heißt das Phänomen. Und es nimmt zu, berichtet der Tierschutzbund.
Der englische Begriff „Animal Hoarding“ kann mit Tiersammel-Sucht oder Tierhorten übersetzt werden. Es beschreibt Menschen, die Tiere in einer großen Anzahl halten, sie aber nicht mehr angemessen versorgen können. Meist sind die Halter nicht in der Lage zu erkennen, dass es den Tieren schlecht geht.
Beim Animal Hoarding handelt es sich nicht um eine klar definierte Krankheit, denn das Phänomen ist noch relativ wenig erforscht. Dieses Phänomen des Tierhortens geht aber mit verschiedenen psychischen Störungen einher. Zum Beispiel findet man bei den Haltern oft Zwangsstörungen oder aber auch in einigen Fällen Persönlichkeitsstörungen, beschreibt Psychologe Zimmek.
Animal Hoarding ist eine Sonderform des Messie-Syndroms
Psychologen stufen das Animal Hoarding als Sonderform des Messie-Syndroms ein. Zur Persönlichkeitsstörung kommt in der Regel noch eine Zwangserkrankung. Animal Hoarding äußert sich – wie bei den anderen Messies auch – durch Verwahrlosung.
Animal Hoarder sehen sich oft als Tierretter
Es gibt unter den Animal Hoardern viele, die glauben, sie würden die Tiere vor dem Tod retten. Aber sie verdrängen, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht. Da diese Menschen finden, dass sie richtig handeln, ist die Behandlung sehr schwierig. Animal Hoarder lassen sich selten therapieren und werden umso häufiger zu Wiederholungstätern.
Fakten zu Animal Hoarding
2012 wurde die erste deutsche Studie über Animal Hoarding von Tina Sperling als Doktorarbeit an der Tierärztlichen Hochschule Hannover veröffentlicht.
Die Zahl der Fälle von Animal Hoarding nimmt zu. Das berichtet der deutsche Tierschutzbund. Moira Gerlach ist Tierärztin bei der Akademie für Tierschutz und sagt, dass der Höchststand 2018 mit 59 Fällen erreicht wurde. Das hört sich wenig an. Aber die Dunkelziffer wird deutlich höher geschätzt. Schließlich werden die Animal Hoarding Fälle nirgends zentral erfasst. Der Tierschutzbund kann deshalb nur die Fälle zählen, von denen er durch Mitglieder erfährt.
Wann spricht man von Animal Hoarding?
Man kann das Phänomen nicht allein an der Anzahl der Tiere festmachen, die jemand hält, sagt Tierärztin Moira Gerlach. Deshalb kann man nicht einfach sagen ab fünf Katzen oder zehn Wellensittichen ist das bereits Animal Hoarding. Der Begriff bezeichnet das krankhafte Sammeln und Horten von Tieren in großer Anzahl.
Zum Problem wird das Halten von mehreren und auch vielen Tieren erst dann, wenn weitere Faktoren dazukommen:
- wenn eine sehr große Anzahl von Tieren auf sehr engem Raum gehalten wird, sodass die Tiere einfach zu wenig Platz haben.
- wenn selbst minimale Hygiene und Pflegestandards nicht eingehalten werden. Das hat für die Tiere oft schlimme gesundheitliche Auswirkungen.
Welche Tierarten am häufigsten gehortet werden
Aber es werden alle Tierarten gehortet, also vor allem auch Hunde und kleine Heimtiere wie Meerschweinchen oder Vögel. Der Tierschutzbund kennt auch Fälle mit landwirtschaftlichen Nutztieren und mit exotischen Heimtieren wie Schlangen und Schildkröten. Außerdem gibt es auch Menschen, die Wildtiere horten. So kennt Gerlach einen Fall, bei dem jemand hundert Igel in einer Wohnung gehalten hat. Das Animal Hoarding ist also nicht auf eine oder ein paar Tierarten festgelegt.
In Deutschland gibt es keine Obergrenze für private Tierhaltung
Für jede Tierhaltung gilt das Tierschutzgesetz als Rahmengesetz. Da gibt es keine konkreten Angaben zur Haltung einzelner Tierarten. Es ist aber festgelegt, dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt werden sollen und verhaltensgerecht untergebracht werden müssen.
Eine Ausnahme ist die Hundehaltung. Da gibt es tatsächlich Mindeststandards, was die Haltung und Zucht von Hunden angeht. Für alle anderen Tiere gibt es nach Auskunft des Tierschutzbundes keine gesetzlich bindenden Vorgaben, also für Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Wellensittiche und so weiter.
An wen wendet man sich im Fall von Animal Hoarding?
Zuerst kann man die Polizei oder das Veterinäramt benachrichtigen. Wenn das Animal Hoarding sehr schwerwiegend ist, dann wird die Tierhaltung aufgelöst und die Tiere beschlagnahmt. In der Regel werden dann die Tierschutzvereine benachrichtigt, die die Tiere zunächst in Tierheimen untergebringen. Meistens helfen die Mitarbeiter der Tierschutzvereine den Behörden auch, die Tiere aus den Wohnungen zu holen oder auf den Grundstücken einzufangen.
Animal Hoarder können das Verbot der Tierhaltung umgehen
In der Regel verstoßen die Tier-Horter gegen das Tierschutzgesetz. Wenn der Verstoß sehr ernst war, dann bekommen die Menschen für eine gewisse Zeit ein Tierhalteverbot auferlegt. Das bedeutet, dass sie keine Tiere halten dürfen. Problematisch findet der Tierschutzverein, dass Betroffene dieses Verbot sehr leicht umgehen können. Das Verbot der Tierhaltung gilt immer nur in dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich der aktuellen Behörde.