Wie kann es sein, dass auch Geimpfte noch an Corona erkranken? Und wenn sie infiziert sind... Können sie andere anstecken? Die neuen Corona-Varianten werfen alte Fragen wieder auf.
Eine Impfung schützt wohl recht zuverlässig vor schweren Verläufen einer Covid-19-Erkrankung. Aber gerade bei den neuen Virus-Varianten wie Omikron kommt es immer wieder zu sogenannten "Impfdurchbrüchen". Das heißt: Auch geimpfte Menschen können sich mit dem Coronavirus infizieren und damit auch andere anstecken.
Weil sich in der Lunge Omikron etwa zehn Mal langsamer ausbreitet als die früheren Varianten, sind schwere Verläufe insgesamt seltener. Aber ein Restrisiko bleibt.
Vorsicht Ansteckung Corona-Infektion statt Impfung?
Sich absichtlich mit Omikron anzustecken ist keine Alternative zur Immunisierung durch Impfung.
Klar ist: Durch die Impfung bilden sich Antikörper gegen das Coronavirus. Vor allem die Antikörper in Rachen und Nase können die Omikron-Variante aber schlecht erkennen. Die Folge: Auch Geimpfte können sich leicht mit der Omikron-Variante infizieren: Der zweite Teil des Immunsystems, bei dem sich Gedächtniszellen bilden, kann die Variante noch immer rechtzeitig erkennen und schwere Verläufe verhindern. Deshalb schütze die Impfung laut Prof. Christine Falk von der Deutschen Gesellschaft für Immunologie noch immer vor einem schweren Verlauf – auch im Falle einer Omikron-Infektion.
Ältere Menschen haben höheres Risiko, trotz Impfung zu erkranken
Die höchste Wahrscheinlichkeit, sich trotz Impfung anzustecken haben Menschen mit einem schwachen Immunsystem. Bei ihnen schlägt die Impfung nicht so gut an. Deshalb haben zum Beispiel ältere Menschen ein höheres Risiko als jüngere trotz Impfung zu erkranken.
Ein Grund zur Panik ist das aber nicht: Wer sich trotz Impfung ansteckt, muss seltener deswegen ins Krankenhaus, es gibt auch deutlich weniger Todesfälle unter den geimpften Infizierten.
Dass die Anzahl solcher "Impfdurchbrüche" steigt, liegt zum einen daran, dass immer mehr Menschen geimpft sind. Der Anstieg an sich ist also noch kein Grund zur Sorge, das war zu erwarten. Dies bestätigt auch eine Aussage des RKI gegenüber des Deutschlandfunks: „Dass im Laufe der Zeit mehr Impfdurchbrüche verzeichnet werden, ist erwartbar, da generell immer mehr Menschen geimpft sind und sich SARS-CoV-2 derzeit wieder vermehrt ausbreitet. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen.“
Varianten des Virus mindern Wirksamkeit der Impfstoffe
Trotzdem beobachtet das Robert Koch-Institut die Zahl der "Impfdurchbrüche" genau. Denn die Delta-Variante und auch die Omikron-Variante des Virus mindern die Wirksamkeit der Impfstoffe. Das heißt, es kommt häufiger zu Infektionen und Erkrankungen. Außerdem können Geimpfte nun hohe Viruslasten in sich tragen und andere anstecken. Das war bei vorherigen Varianten wie Alpha nicht der Fall.
Jetzt deuten aber immer mehr Untersuchungen darauf hin, dass infizierte Geimpfte ähnlich hohe Viruslasten in sich tragen wie ungeimpfte Infizierte – oder dass sie das zumindest grundsätzlich können. Zu diesem Schluss kommen beispielsweise eine Untersuchung der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC und ein Bericht aus Großbritannien. Aber auch sogenannte Pre-Prints, also noch nicht gegen-geprüfte Studien, scheinen das zu bestätigen.
Fall Omikron
Seit November des letzten Jahres steigen die Infiziertenzahlen wieder stark an, was unter anderem auch an der Ausbreitung der Omikron-Variante liegt. Diese Variante ist eine Immunflucht-Variante, die dem Schutz durch eine Impfung oder Infektion mit anderen Sars-CoV-2-Varianten ein Stück weit ausweicht. Daher können sich auch doppelt Geimpfte oder Geboosterte anstecken.
Wenn man sich als geboosterte oder doppelt geimpfte Person infiziert, kann es gut sein, dass man einen symptomatischen Verlauf hat, sich also auch krank fühlt. Die Symptome werden jedoch meistens als mild bis moderat beschrieben. Als geboosterte Person hat man, laut einer Studie aus dem Fachmagazin Lancet, jedoch einen sehr guten Schutz vor einem schweren Verlauf. Und auch laut RKI gilt das sowohl bei der Omikron- als auch bei Delta-Variante. Auch sei noch unklar, wie lange der Schutz nach der Auffrischimpfung anhält.
Was die schwere der Infektionen und Krankenhausaufenthalte betrifft, sind Geimpfte nach wie vor deutlich sicherer als ungeimpfte Menschen.
Von Geimpften geht immer noch weniger Gefahr aus
Eine noch nicht geprüfte Studie aus Singapur zeigt, dass die Viruslast bei Geimpften offenbar schneller sinkt. Und laut einem niederländischen Pre-Print muss eine hohe Viruslast nicht zwingend eine hohe Infektiosität bedeuten. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Viren von Geimpften bei einer ähnlichen hohen Viruslast offenbar seltener infektiös sind als die von Ungeimpften. Das Coronavirus konnte sich nach einer Impfung also nicht so gut vermehren. Demnach dürften Geimpfte selbst nach einer Infektion mit der Delta-Variante und einer hohen Viruslast immer noch weniger ansteckend sein als ungeimpfte Infizierte mit hoher Viruslast.
Grund für Entwarnung liefern die Daten aber nicht: Während 85 Prozent der Proben von Ungeimpften infektiöse Viren beinhalteten, waren es bei den Proben der Geimpften immer noch knapp 69 Prozent. Die Forschenden gehen deshalb davon aus, dass geimpfte Personen sich nicht nur selbst infizieren, sondern infektiöse Viren auch übertragen können. Deshalb raten sie, die Infektiosität von geimpften, aber infizierten Personen nicht zu vernachlässigen.
Impfung schützt wohl auch bei Omikron-Variante vor schweren Verläufen
Die Wirksamkeit der Vakzine ist nach Angaben der CDC dadurch allerdings nicht beeinträchtigt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit schützen die Impfstoffe auch bei Delta und Omikron weiterhin vor schweren Corona-Verläufen oder dem Tod.
Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Studie aus dem Fachmagazin Lancet. Hier wurden sieben Menschen, die an Omikron erkrankten für über sieben Tage beobachtet. Sie hatten vor allem einen trockenen Husten, Halsschmerzen und Schnupfen. Aber sie bezeichneten ihre Symptome selbst als leicht oder mittelschwer. Keiner von ihnen musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Jedoch ist dieser Beobachtungszeitraum bislang noch sehr kurz und es gibt keine Informationen darüber, ob die Erkrankten Langzeitfolgen von einer Infektion mit den Corona-Viren erleiden könnten.
Das heißt man sollte auf jeden Fall immer noch auf Nummer sich gehen, sich impfen und boostern lassen, sowie Maske tragen, Abstand halten und die Hygieneregeln beachten.
Ist eine Herdenimmunität zu erreichen?
Immer wieder hieß es ja, dass 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung sich impfen müssten, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Schon als wir es mit der ansteckenderen Alpha-Variante von SARS-CoV-2 zu tun hatten, schätzten Expertinnen und Experten die Schwelle zur Herdenimmunität eher auf 80 oder 90 Prozent.
Mit der derzeitigen dominierenden Omikron-Variante und den Geimpften, welche immer noch das Virus verbreiten können, halten Forscher*innen das Erreichen einer Herdenimmunität im Sinne einer Auslöschung des Virus nicht mehr für realistisch.
Was passieren kann, ist dass das Coronavirus endemisch wird - wir also in eine Phase kommen, in der viele Menschen durch die Impfung immun sind und sich das Virus saisonal verbreitet.