Verkehrssicherheit

Bringen Motorrad-Airbags mehr Sicherheit?

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Autor/in
Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR Kultur Impuls.
Onlinefassung
Martina Janning

Motorräder haben keine Knautschzone wie Autos - das macht sie für die Fahrer und Fahrerinnen gefährlicher. Können Motorrad-Airbags schwere oder sogar tödliche Verletzungen verhindern? Das wurde wissenschaftlich untersucht.

Bei einem Motorradunfall drohen oft schwerste, häufig auch tödliche Verletzungen - trotz Schutzanzug und Helm. Pro Jahr gibt es allein in Deutschland rund 25.000 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Motorrädern, knapp 500 davon enden tödlich.

Airbag-Westen sind ein Weg, um für mehr Schutz auf dem Motorrad zu sorgen. Aber was bringen sie? Zum Start der Motorradsaison erklären wir, wie der Airbag zum Anziehen funktioniert, was er kann und was nicht.

Motorrad-Airbags bieten mehr Sicherheit bei Stürzen

Thomas Burfeind ist sicher eine Ausnahme: Er hat schon zwei Motorradunfälle überstanden. Dank einem Extra-Schutzsystem ohne Verletzungen an Brust und Rücken. Thomas Burfeind hat bei beiden Crashs eine Airbag-Weste getragen.

Sicherheit von Motorrad-Airbags wird in unabhängigen Crashtests getestet

Immer mehr Hersteller bieten Airbag-Westen an. Die Fachzeitschrift "Motorrad" wollte herausfinden, ob sie überhaupt etwas bringen. In einem eigens aufgebauten Versuchslabor beim Airbaghersteller Autoliv in Schweden fand der erste unabhängige Crashtest für Motorrad-Airbags statt.

Im Vergleich zu Brustprotektoren - speziellen Schutzplatten vorne in den Motorradjacken - schützen die besten Westen den Brustkorb um ein Drittel besser gegen Quetschungen und damit vor Rippenfrakturen oder anderen Verletzungen - so das Testergebnis.

Airbag-Hersteller Autoliv geht davon aus, dass die Schutzvorrichtungen in den kommenden Jahren noch viel wichtiger werden. In zehn Jahren könnte die Airbagtechnologie beim Motorradfahren eine relevante Anwendung sein, erwartet Cecilia Sunnevång, Vizepräsidentin Forschung bei Autoliv. "Vielleicht nicht der Standard, aber etwas, das die Leute wirklich wollen, weil sie es zu schätzen wissen, dass man das haben kann als zusätzlichen Schutz."

Mehr Sicherheit: Mit einem Motorrad-Airbag ist der Brustkorb ein Drittel besser gegen Quetschungen und damit vor Rippenfrakturen oder anderen Verletzungen geschützt, so das Ergebnis eines Crashtests.
Mit einem Motorrad-Airbag ist der Brustkorb ein Drittel besser gegen Quetschungen und damit vor Rippenfrakturen oder anderen Verletzungen geschützt, so das Ergebnis eines Crashtests.

Motorrad-Airbags im Praxistest

Aber: Wie praktikabel sind die Westen heute schon? Die Schwarzwaldhochstraße ist eine der Motorradstrecken in Deutschland überhaupt. Der richtige Ort für eine Testfahrt mit den Original-Westen aus dem Crashtest. Eine steife Weste über der Motorradkombi - wie fühlt sich das an? Wie eine Ritterrüstung? Kann sich eine Fahrerin oder ein Fahrer damit überhaupt noch bewegen? Und in Zeiten von Klimawandel nicht ganz unwichtig: Wie heiß wird es im Sommer?

Es war gar nicht umständlich, schränkt mich nicht ein. Die sitzt recht locker, die war gut anzuziehen. Ich denk auch eigentlich nicht groß dran.

Es ist eng anliegend. Es flattert nicht und es ist auch relativ leicht. Also dadurch, dass die Arme frei sind, habe ich genug Bewegungsfreiheit.

Wiederaufladbare Batterie und Gaskartusche. Alle Westen funktionieren ähnlich - und kosten auch ähnlich viel: zwischen rund 700 und 1.000 Euro. Nach einer Auslösung kann man sie sogar weiterverwenden.

Je nach Bauart haben die Motorrad-Airbags vorne, hinten und am Rücken noch Luftkörper. Manche Unterjackenwesten haben noch eine Luftblase, die sogar bis in den Oberarm hineinreicht.

Was ist besser? Eine dicke oder eine dünne Lederjacke oder ein Plastiksack. "Das dickere Material wird immer besser schützen", urteilt Robert Glück, Ressortleiter Service bei "Motorrad".

Das Airbag-System, das ich on top über die Jacke anziehen oder auch unter die Jacke drunter, wird immer mehr schützen wie kein System. Die Frage ist immer nur, wie viel möchte ich mitnehmen? Was möchte ich mir anziehen und gefällt mir das Körpergefühl. Aber der Schutzwert ist immer gegeben.

Die Schwarzwaldhochstraße ist eine sehr beliebte Strecke für Motorräder und gut geeignet für eine Testfahrt mit einer Airbag-Weste. Ein Motorrad-Airbag soll nicht nur mehr Sicherheit bringen, sondern muss auch gut zu tragen sein.  Motorrräder auf der Schwarzwaldhochstraße
Die Schwarzwaldhochstraße ist eine sehr beliebte Strecke für Motorräder und gut geeignet für eine Testfahrt mit einer Airbag-Weste. Ein Motorrad-Airbag soll nicht nur mehr Sicherheit bringen, sondern muss auch gut zu tragen sein.

Motorrad-Airbags können die Gefahr tödlicher Unfälle verringern

Fachleute sehen das ähnlich. Norbert Jutt ist Notarzt. Bei seinen Einsätzen sieht er immer wieder Verkehrsunfälle mit Motorradfahrern - auch auf der Schwarzwaldhochstraße:

"Der Motorradfahrer hat keine Knautschzone und prallt direkt auf." Er habe nur seine Schutzkleidung und eine Airbag-Weste könne die Knautschzone erweitern, "indem nochmal ein zusätzlicher Puffer Energie aus diesem Unfall-Mechanismus rausnimmt", sagt Notarzt Jutt.

Motorradfahrer haben häufig Verletzungen im Rumpf und im Brustkorbbereich. Wenn da ein Puffer besteht, ist die Wahrscheinlichkeit natürlich höher, dass Verletzungen im Bauchbereich, im Brustkorbbereich und im Wirbelsäulenbereich weniger stark ausfallen oder sogar vermieden werden.

Als Notarzt sieht Norbert Jutt immer wieder Verkehrsunfälle mit Motorradfahrern und Motorradfahrerinnen. Ein Motorrad-Airbag vermeide schwere Verletzungen an Brust, Bauch und Wirbelsäule und bringe mehr Sicherheit, sagt er.
Als Notarzt sieht Norbert Jutt immer wieder Verkehrsunfälle mit Motorradfahrern und Motorradfahrerinnen. Ein Motorrad-Airbag vermeide schwere Verletzungen an Brust, Bauch und Wirbelsäule und bringe mehr Sicherheit, sagt er.

Bei Sankt Michaelisdonn in Schleswig-Holstein zeigt uns Thomas Burfeind die Stelle im Wald, wo ihm der Airbag das Leben gerettet hat. Wildwechsel. Bei eigentlich gemütlichen 80 Kilometern pro Stunde. Ein Reh - direkt ins Vorderrad.

"Ich habe eigentlich nur noch den Knall von meiner Airbag-Weste gehört und bin dann geflogen und habe dann irgendwann halt auf einer Straße gelegen", erzählt Thomas Burfeind.

Dann seien auch schon die ersten Helfer bei ihm gewesen - unter anderem ein Autofahrer. "Dem danke ich heute noch von Herzen", sagt Thomas Burfeind. Der Autofahrer habe gesehen, dass er gestürzt war und auf der Fahrbahn lag und habe reagiert, indem er "mir ausgewichen ist und dann das Auto gegen Baum gelenkt hat."

Wenn sein Bein verheilt ist, will Thomas Burfeind wieder Motorrad fahren. Aber: Nur mit Airbag-Weste.

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