Affenpocken werden durch engen Körperkontakt übertragen. Eine Studie aus Großbritannien zeigt, dass die Infektion schon vor Ausbruch der typischen Symptome übertragbar ist.
Eigentlich kam die Affenpocken bisher vor allem in West- und Zentralafrika vor, seit diesem Jahr im Mai treten jedoch auch gehäuft Fälle in Westeuropa und Nordamerika auf. Etwa 77.000 Fälle in 109 Ländern wurden seitdem gezählt. Betroffen sind vor allem Männer, die Sex mit Männern haben. Forschende in Großbritannien haben nun herausgefunden, dass Infizierte bereits deutlich vor Ausbruch der ersten Symptome ansteckend sind.
Neue Erkenntnisse zur Übertragbarkeit
Der Studie nach können Infizierte bis zu vier Tage vor Ausbruch der Symptome bereits ansteckend sein. Das könnte bedeuten, dass bei etwa der Hälfte der Ansteckungen noch keine Symptome aufgetreten sind. Eine weitreichende Entdeckung: Denn so kann selbst die prompte Isolierung von Kranken mit Symptomen die Infektionskette nicht verlässlich stoppen. Das britische Forscherteam hat für die Studie zwei Ansätze verfolgt. Zum einen haben sie den Infektionsverlauf aller etwa 1.200 Probanden untersucht. Zum anderen haben sie individuelle Fälle näher betrachtet, bei denen die Kontaktperson und der Zeitpunkt der Infektion bekannt war.
Methode der Studie aus Großbritannien
Die Daten der Studie wurden von der UK Health Security Agency, einer Gesundheitsbehörde Großbritanniens vergleichbar mit dem Robert-Koch-Institut, mittels Fragebögen erhoben.
Hierbei liegt auch eine Schwäche der Studie. Die Forschenden weisen ausdrücklich daraufhin, dass die Daten hauptsächlich auf Informationen basieren, die von den Infizierten selbst stammen. Gerade wenn es um sensible Informationen geht, zum Beispiel wann mit wem sexueller Kontakt stattfand, ist bei solchen Studien immer mit einer gewissen Ungenauigkeit zu rechnen. Viele der Befragten hatten vor der Infektion häufig wechselnde Sexualpartner. Das könnte bedeuten, dass der Kontakt, der laut der infizierten Person zur Ansteckung geführt hat, nicht unbedingt der sein muss, bei dem das Virus übertragen wurde. Auch wann genau die ersten Symptome einsetzen, ist von Erkrankten selbst nicht immer genau erkennbar.
Die große Stärke der Studie hingegen, die diese Defizite zumindest zum Teil ausgleichen kann, ist die große Anzahl an Teilnehmenden von über 1.200 Personen. Studien zur Inkubationszeit von Affenpocken haben häufig nur eine kleine, zweistellige Anzahl an Probanden.
Die vergleichsweise lange Zeit zwischen Infektiosität und Einsetzen der Symptome könnte nach den neuesten Erkenntnissen dazu führen, dass immer wieder vereinzelte Ausbrüche stattfinden könnten.
Bisherige Maßnahmen für Risikokontakte nicht mehr ausreichend
Laut den Forschenden könnten etwa 95 Prozent der Fälle erkannt werden, wenn Risikokontakte von Infizierten bis zu 23 Tage nach dem Kontakt isoliert würden. Allerdings müsste man nach den neuen Erkenntnissen auch Kontakte vor Symptombeginn als gefährdet ansehen und isolieren, als es aktuelle Praxis ist. Das ist dann noch schwerer umsetzbar. Das Robert Koch Institut empfiehlt derzeit eine dreiwöchige Isolation von Infizierten und Kontaktpersonen.
Die Studie legt außerdem nahe, dass risikoreiches Sexualverhalten für viele Infektionen verantwortlich ist. Mehr als die Hälfte der Probanden hatte im vergangenen Jahr eine andere sexuell übertragbare Infektion – ein Hinweis auf regelmäßigen ungeschützten Verkehr mit Partnern mit unbekanntem Gesundheitsstatus. Etwa ein Drittel der Befragten hatten in den vorangegangen drei Monaten mindestens zehn Sexualpartner.
Bisherige Impfstrategie weiterhin gültig?
Andere Studien konnten bereits nachweisen, dass auch völlig asymptomatische Fälle von Infektionen mit dem Affenpockenvirus möglich sind. Wären Menschen in solchen Fällen auch ansteckend, dann könnte die momentane Strategie, nur Kontaktpersonen von Infizierten zu impfen, womöglich nicht effektiv genug sein, um die Epidemie zu stoppen.
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