Raumfahrt

Seit 20 Jahren dauerbewohnt - die ISS

Stand
Autor/in
Thomas Hillebrandt
Thomas Hillebrandt, Redakteur und Reporter bei SWR Wissen aktuell
Onlinefassung
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.

Vor genau 20 Jahren kamen die ersten Astronauten auf die ISS. Seither ist die teuerste WG der Welt dauerbewohnt. Doch mit dem Alter sind auch immer häufiger Reparaturen nötig.

Die erste Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation waren der US-Astronaut William Shepherd und seine russischen Kollegen Juri Gidsenko und Sergei Krikaljow. Die „ISS Expedition 1“ landete vor 20 Jahren , am 2. November 2000, auf der nagelneuen Raumstation.

Die erste Crew der ISS muss erst alles zum Laufen bringen

Die ISS ist zu dieser Zeit noch lange nicht fertig. Die erste Crew soll wichtige Systeme aktivieren und neue Komponenten installieren.

Der Start zur erster Crew zur ISS wurde weltweit mit Spannung verfolgt.
Der Start zur erster Crew zur ISS wurde weltweit mit Spannung verfolgt.

Dafür haben wir gearbeitet, dass Menschen ununterbrochen, permanent auf der Raumstation leben und arbeiten, es hat vielleicht der eine oder andere noch nicht so wirklich geglaubt damals, als es begonnen hat, 1998 und auch 2000, aber heute haben wir’s und das ist großartig.

Die Grundlage für die ISS wird schon in den 1970ern gelegt

Schon in den 1970er Jahren wird die Grundlage für das bislang größte Raumfahrtprojekt ISS gelegt: Zur Annäherung zwischen den beiden Supermächten USA und der Sowjetunion wird auch ein gemeinsames Raumfahrtprojekt vereinbart. Geplant von US-Präsident Richard Nixon und seinem sowjetischen Kollegen Leonid Breschnew.

US-Präsident Richard Nixon und Leonid Breschnew, Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion planen das erste gemeinsame Raumfahrtprojekt der beiden Supermächte.
US-Präsident Richard Nixon und Leonid Breschnew, Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion planen das erste gemeinsame Raumfahrtprojekt der beiden Supermächte.

Die erste internationale Kooperation im All erfolgt 1975

Nach langer Vorbereitung koppeln sich eine sowjetische Sojus-Kapsel und ein amerikanisches Apollo-Raumschiff im Juli 1975 zusammen. Es ist die erste internationale Kooperation im Weltraum. US-Präsident Ronald Reagan macht das Thema Raumstation dann in den 1980er Jahren zur Chefsache.

" Ich habe die NASA angewiesen, eine Raumstation zu entwickeln - innerhalb eines Jahrzehnts."

Erste ISS-Module starten 1998 in den Weltraum

Der US-Kongress ist begeistert. Die Planungen beginnen, aber es dauert. Und aus der zunächst rein amerikanisch geplanten Station wird in den 1990er Jahren mehr und mehr ein internationales Projekt. Im November 1998 startet das erste russische ISS-Modul. Zwei Wochen später folgt dann die erste Space-Shuttle-Mission mit einem amerikanischen Modul und einem Verbindungsknoten, der beide Teile zu einer noch sehr überschaubaren Station zusammenkoppelt.

1998 koppeln sich das erste russische und das erste amerikanische ISS-Modul mit einem Verbindungsknoten zusammen. So entsteht die erste Mini-Station.
1998 koppeln sich das erste russische und das erste amerikanische ISS-Modul mit einem Verbindungsknoten zusammen. So entsteht die erste Mini-Station.

Die teuerste Wohngemeinschaft der Welt

Es ist der Baubeginn des teuersten Gebäudes der Welt, das in den folgenden Jahren immer neue Zimmer bekommt. Bis 2011 kommen nach und nach fast 40 weitere Module und Bauteile dazu: Aus Russland, den USA, Japan, Kanada und Europa. Mit geschätzten mehr als 100 Milliarden Dollar Kosten entsteht eine fußballfeldgroße Raumstation, in der meist 6 Crewmitglieder in knapp 400 Kilometern Höhe 16 Mal am Tag um die Erde kreisen.

Die erste Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation waren der US-Astronaut William Shepherd und seine russischen Kollegen Juri Gidsenko und Sergei Krikaljow. Sie kamen im Jahr 2000 und mussten die ISS erstmal zum Laufen bringen.
Die erste Besatzung an Bord der Internationalen Raumstation waren der US-Astronaut William Shepherd und seine russischen Kollegen Juri Gidsenko und Sergei Krikaljow. Sie kamen im Jahr 2000 und mussten die ISS erstmal zum Laufen bringen.

Auf der ISS sollen in Zukunft noch mehr Experimente stattfinden

Bisher waren 240 Männer und Frauen aus 21 Nationen auf der ISS stationiert. Sie haben mitgeholfen, die ISS zu einem großen und gut funktionierenden System aus zu bauen. Seit etwa zehn Jahren läuft der Betrieb sehr routiniert. Bei den wissenschaftlichen Experimenten wird Hand in Hand gearbeitet.

In Zukunft werden wir wahrscheinlich 7 Astronauten und Astronautinnen oben haben, permanent noch mehr Wissenschaft, noch mehr Crewzeit und dass ist extrem wichtig, dass man die Station voll ausnutzt.

Volker Schmid, ISS-Teamleiter und Missionsmanager beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. In Zukunft sollen auf der ISS noch mehr Experimente durchgeführt werden, denn die Station müsse schließlich voll ausgenutzt werden.
Volker Schmid, ISS-Teamleiter und Missionsmanager beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. In Zukunft sollen auf der ISS noch mehr Experimente durchgeführt werden, denn die Station müsse schließlich voll ausgenutzt werden.

Das ISS Labor kostet drei bis vier Milliarden pro Jahr

Die ISS ist vor allem ein riesiges Labor mit ganz besonderen Bedingungen, in dem in den vergangenen 20 Jahren über 3.000 Experimente durchgeführt wurden: Aus der Physik und Materialforschung, der Biotechnologie oder der Medizin. Das Ganze kostet 3 bis 4 Milliarden Dollar pro Jahr.

Die Astronauten haben auf der ISS in den vergangenen 20 Jahren über 3000 Experimente durchgeführt.
Die Astronauten haben auf der ISS in den vergangenen 20 Jahren über 3000 Experimente durchgeführt.

ISS inspiriert und fördert internationale Kooperation

Der deutsche ISS-Teamleiter Volker Schmid findet, das lohnt sich. Denn eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung greife bei der ISS zu kurz. So würden zahlreiche junge Menschen durch die ISS inspiriert und manche von ihnen würden später selbst Wissenschaftler*innen.

Die internationale Kooperation auf der ISS, das ist ein unschätzbarer Wert. Die ISS ist ursprünglich als politisches Konstrukt geboren worden mit dem Ziel wissenschaftlichen Forschung weltweit und das ist eigentlich aufgegangen.

Der Reparaturbedarf der ISS wächst

Die Internationale Raumstation ist mittlerweile deutlich in die Jahre gekommen. Bislang waren mit Thomas Reiter, Hans Schlegel und zuletzt Alexander Gerst 3 deutsche Astronauten an Bord. Wenn alles klappt, wird Matthias Maurer als ESA-Astronaut im November 2021 der vierte Deutsche auf der ISS sein.

Alexander Gerst war der dritte und bisher letzte deutsche Astronaut auf der ISS. Wenn alles gut geht, folgt im November 2021 Matthias Maurer als Nummer vier.
Alexander Gerst war der dritte und bisher letzte deutsche Astronaut auf der ISS. Wenn alles gut geht, folgt im November 2021 Matthias Maurer als Nummer vier.

Mittlerweile trainieren neue Astronauten verstärkt Reparatureinsätze

ESA-Astronaut Maurer ist aktuell in der letzten Phase seines umfangreichen Trainings und das Thema „Wie halte ich die ISS am Laufen“ steht dabei ganz oben auf der Liste:

Ein Großteil der Ausbildung besteht darin, dass wir lernen, wie wir die Station immer wieder reparieren können. Vor kurzem war die Toilette kaputt, das ist dann eher ein bisschen lästig. Dann gab’s auch vor kurzem ein Leck, das ist immer noch nicht repariert und das ist etwas Gefährlicheres, das ist ein Teil der Notfallausbildung, die wir haben. Wenn es ein großes Leck wäre, dann müssten wir ganz schnell dieses Leck finden und isolieren.

ESA-Astronaut Matthias Maurer darf im November 2021 zur ISS fliegen. Zu Zeit wird er vor allem auf Reparatureinsätze vorbereitet.
ESA-Astronaut Matthias Maurer darf im November 2021 zur ISS fliegen. Zu Zeit wird er vor allem auf Reparatureinsätze vorbereitet.

ISS soll so lange wie möglich in Betrieb bleiben

Die aktuelle Crew ist Mitte Oktober auf der ISS angekommen, die „Expedition 64“, Sie hat für den Transport nur drei Stunden gebraucht. Die erste Crew flog vor 20 Jahren noch ganze zwei Tage. ESA-Matthias Maurer wird im November 2021 dann zur Expedition Nr. 67 gehören. Doch auch danach wird es für die Internationale Raumstation noch lange weitergehen:

Klar ist, mit jedem Jahr gibt es eine höhere Reparaturanfälligkeit oder Wahrscheinlichkeit, aber das wird man in den Griff kriegen, die Astronauten trainieren dafür. Und ich denke das geht jetzt immer weiter und wir reden jetzt schon über Zeithorizonte 2030 mit der Verlängerung der Internationalen Raumstation, mehr Kommerz, also da ist ganz viel Entwicklung am Horizont erkennbar.