Spontan würde man als Tierfreund sagen: Na, selbstverständlich fühlen Fische Schmerzen! Aber die Frage ist berechtigt: Woher wissen wir das eigentlich? Fische können nicht schreien – man hört sie also nicht. Und wenn man es ganz philosophisch betrachtet, muss man letztlich sagen: Die Frage, ob Fische oder sonstige Lebewesen Schmerzen empfinden, wird sich nie mit hundertprozentiger Sicherheit beantworten lassen, einfach weil es prinzipiell unmöglich ist, objektiv zu messen, was ein anderes Lebewesen empfindet.
Fische besitzen Nozizeptoren
Aber dieses philosophische Dilemma hilft hier nicht weiter. Man kann jedoch pragmatisch an die Sache herangehen. Und das haben britische Wissenschaftler getan. Sie gingen von folgender Überlegung aus: Wir Menschen sind schmerzempfindlich und wir haben auch bestimmte Nervenzellen, die zum Beispiel in der Haut schmerzhafte Reize empfangen und ans Gehirn weiterleiten. Das sind sogenannte Nozizeptoren. Die Wissenschaftler*innen schauten also, ob Fische auch solche Nozizeptoren haben. Dabei stellten sie fest, dass Fische diese Nervenzellen tatsächlich besitzen – also Nerven, die dann – und nur dann – aktiv sind, wenn sie schmerzhaften Reizen ausgesetzt sind. Das ist schon mal ein erster Hinweis.
Wie Menschen auf Schmerz reagieren
Jetzt könnte man natürlich skeptisch sein und sagen: Das sagt noch gar nichts. Denn man könnte sich ja vorstellen, dass die Reize zwar ans Gehirn geleitet und dort verarbeitet werden, dass das aber völlig unbewusst erfolgt und der Fisch trotzdem nichts dabei empfindet. Deswegen beobachtet man als nächstes das Verhalten. Wir Menschen haben zwei Arten, auf Schmerzen zu reagieren:
- Unmittelbare Reaktion auf Schmerz beim Menschen: Wir kommen mit der Hand auf die heiße Herdplatte und ziehen sie sofort weg. Das Entscheidende hier: Dieser Wegzieh-Reflex tritt bereits ein, bevor wir den Schmerz bewusst wahrnehmen. Das heißt, in dem Moment, in dem wir die Hand wegziehen, fühlen wir streng genommen noch keine Schmerzen im Sinne einer bewussten Empfindung. Das tritt erst hinterher ein.
- Dann folgt die zweite Art von Schmerzverhalten, wenn wir zum Beispiel die schmerzende Hand mit der anderen festhalten. Oder wenn wir lange Kopfweh haben, vergeht uns der Appetit.
Wie verhalten sich Fische, wenn sie typischen Reizen ausgesetzt sind, die wir als schmerzhaft empfinden würden? Reagieren sie nur reflexartig oder ändert sich das gesamte Verhalten? Und auch das haben Wissenschaftler getestet, indem sie den Fischen gezielt Schmerzen zugefügt haben.
Fische zeigen komplexes Schmerzverhalten
Sie haben zum Beispiel die Wassertemperatur erhöht oder ihnen unter Narkose eine Substanz in die Lippe injiziert, die ähnlich wirkt, wie wenn wir uns an einer Brennnessel verbrennen. Es waren also wohl keine unerträglichen Schmerzen, aber schon unangenehm. Und entsprechend haben die Fische reagiert. Sie haben sich von einer Seite auf die andere gedreht. Sie haben sich im Kies gewälzt, sie haben ihr Maul an der Wand des Fischtanks gerieben und ihnen ist offenbar auch der Appetit vergangen, denn sie haben vorübergehend aufgehört zu fressen.
Die Fische haben Schmerzrezeptoren, sie zeigen ein typisches komplexes Schmerzverhalten – also liegt die Vermutung nahe, dass sie auch Schmerzen empfinden. Und die Wissenschaftler erweisen sich am Ende dann doch nicht als Sadisten, denn ihre Schlussfolgerung lautet: Wenn Fische Schmerzen empfinden, dann muss das Konsequenzen haben.
Tierleid durch Angelhaken und Treibnetze
Angeln mit Angelhaken ist höchstwahrscheinlich sehr schmerzvoll, sagen sie. Das gleiche gilt, wenn Fische in Treibnetzen in einem langwierigen Prozess verenden. Die Forderung aus diesen Forschungen ist daher ein Verbot solcher Methoden, da der Fischfang in der heutigen Form vielen schmerzempfindenden Wesen tatsächlich viele Schmerzen zufügt.