Jeans sind cool und praktisch - in der Herstellung aber meistens umweltschädlich. Gibt es auch nachhaltige Jeans? Worauf kann man achten?
Inhalt:
Problematischer Baumwoll-Anbau
Giftige Chemie beim Färben von Denim und eine neue Idee zur Vermeidung
Textilveredelung: Used Look, Stonewashed etc.
Wie finde ich nachhaltige Jeans?
Etwa 194 Millionen Jeans werden jährlich nach Deutschland importiert - das sind mehr als zwei pro Einwohner. Das Problem: Bei der Produktion werden meist viele Chemikalien eingesetzt, die am Ende in Gewässern und Böden landen. Und die Produktion belastet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Menschen, die die Jeans für uns herstellen.
Wie nachhaltig ist Baumwolle?
Für die Produktion einer Jeans braucht es jedoch im ersten Schritt Baumwolle. Denn Jeans bestehen zum größten Teil aus Baumwolle und werden häufig für eine bessere Dehnbarkeit zu einem geringen Prozentteil synthetische Fasern wie Elasthan beigemischt.
Doch der Baumwollanbau gilt als nicht gerade umweltfreundlich: Zwischen 10.000 und 30.000 Liter Wasser werden für ein Kilo Baumwolle benötigt. Rund 18 Prozent der weltweiten Baumwollproduktion werden für die Denim-Herstellung verwendet.
Denim: So wird Jeans-Stoff hergestellt
In der Regel sind Jeans aus blauem Denim. Bei dem Stoff werden die Kettfäden (sie verlaufen auf dem Webstuhl vertikal) mit Indigo blau eingefärbt. Die Schussfäden (horizontal) bleiben dagegen weiß.
Anilin: Potenziell krebserregender Stoff in Jeans?
Indigo kommt zwar in der Natur in der Indigopflanze vor, jedoch nur in geringen Mengen. Darum wird es synthetisch hergestellt. In diesem Prozess kommt Anilin zum Einsatz - ein Stoff, den die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) als "wahrscheinlich krebserregend für Menschen" einstuft.
In der Regel ist Anilin fest im Farbstoff gebunden und in diesem Fall auch ungefährlich - weder durch UV-Strahlung noch durch Schweiß, Speichel oder Waschen kann es gelöst werden. Im chemischen Prozesse kann es jedoch unter Umständen dazu kommen, dass auch bestimmte Mengen an freiem Anilin in der gefärbten Textilie vorhanden sind. Gesetzliche Grenzwerte gibt es weder in Deutschland noch in der EU. Die Siegel GOTS und IVN BEST haben jedoch für die von ihnen zertifizierten Textilien einen Grenzwert von 100 Milligramm pro Kilogramm Anilin festgesetzt.
Schwermetalle wie Quecksilber und Blei in der Jeans-Herstellung
Indigo ist nicht wasserlöslich. Um den Farbstoff zum Färben verwendbar zu machen, muss er gelöst werden. Dafür werden im konventionellen Herstellungsprozess giftige Substanzen eingesetzt, zum Beispiel Quecksilber, Blei und Arsen und ätzende Laugen. Diese Stoffe können bei den Menschen, die damit hantieren, Gesundheitsschäden verursachen und verseuchen Böden und Gewässer.
Alternativen zu Indigo gibt es bislang aufgrund der speziellen Eigenschaften des Farbstoffs nicht: Denn er dringt nur oberflächlich in die Fasern ein. Dadurch kann der Farbstoff wieder abgerieben oder ausgewaschen werden - die Voraussetzung für das charakteristische Aussehen des Jeansstoffes und insbesondere für hellere Jeans.
Neues Verfahren für umweltfreundlicheres Färben
Jetzt könnte neue Bewegung in die Verfahren kommen. Ein Forschungsteam aus Dänemark hat eine Alternative vorgestellt. Die Forscher haben keinen anderen Farbstoff entwickelt, sondern eine andere Herstellungsmethode: Sie nutzen dafür eine Vorläufer-Substanz von Indigo. Wenn das Verfahren sich durchsetzt und die Anlagen dafür entstehen, könnte auf ätzende, gesundheitsschädliche Stoffe in der Herstellung verzichtet werden. Das würde helfen, tausende Tonnen Chemikalien einzusparen und käme auch den Menschen, die damit hantieren zu Gute.
SWR Umweltredakteurin Sabine Schütze erklärt im Gespräch mit Martin Gramlich von SWR2 Wissen, wie das funktioniert und wie die Umweltbelastung damit sinken kann.
Textilveredelung: So bekommen Jeans verschiedene Looks
Mit dem Färben und Weben des Garns ist es bei der Produktion von Jeans-Hosen meist nicht getan: Für unterschiedliche Looks werden sie "veredelt".
Für den "Used Look" wird die blaue Schicht des Garns abgetragen, sodass die Jeans an bestimmten Stellen aufgehellt wird. Dafür gibt es verschiedene Verfahren:
- Eine der effektivsten, aber auch gefährlichsten Methoden ist das Sandstrahlen. Dabei werden die Jeans mit quarzhaltigem Sand bestrahlt, der die Farbe an der Oberfläche abreibt. Für die Arbeiter und Arbeiterinnen ist diese Methode gefährlich: Sie atmen den feinen Staub ein. Dies kann zu der unheilbaren Staublungenkrankheit (Silikose) führen, die die Lebenserwartung deutlich verringert. Auch wenn das Sandstrahlen von Jeans inzwischen in vielen Ländern verboten ist, gibt es nach wie vor Werkstätten, die diese Methode der Jeans-Veredlung anwenden - häufig heimlich und illegal.
- Alternativ können Jeans durch Chemikalien "veredelt" werden. Dafür werden beispielsweise Chlor oder Kaliumpermanganat aufgesprüht und dadurch der Stoff gebleicht. Auch diese Methode ist für die beteiligten Arbeiterinnen und Arbeiter potenziell gesundheitsschädlich: Die Chemikalien können schwere Hautverätzungen und Atemwegserkrankungen verursachen - meist fehlt es an ausreichender Schutzkleidung. Chlor ist zudem in größeren Mengen giftig für Wasserorganismen und Kaliumpermanganat gilt sogar als "stark wassergefährdend".
- Harmloser erscheinen mechanische Methoden, zum Beispiel das Waschen mit Bimssteinen. Das verschwendet jedoch große Mengen an Wasser, verursacht einen Bimssteinabrieb von bis zu 600 Gramm pro Jeans und verschleißt die genutzten Waschmaschinen stark. Der sogenannte Stonewashed-Jeans-Look kann aber auch manuell durch Schleifen der Jeans hergestellt werden - eine arbeitsintensive Methode, bei der Abrieb entsteht, der auch wieder von Arbeitskräften eingeatmet werden kann.
- Das Lasern des Jeansstoffes gilt als deutlich nachhaltigere Veredelungsmethode. Durch die größere Entfernung des ausführenden Menschen und der Jeans, die gelasert wird, kommt er deutlich weniger mit herumfliegenden Partikeln in Kontakt, die eingeatmet werden könnten. Um den Used Look zu vervollständigen, müssen Jeans nach dem Lasern, wo der Stoff aufgeraut wird, gewaschen werden, genauer: "stonewashed". Um dieses Verfahren möglichst effizient und nachhaltig zu gestalten, nutzen entsprechende Wäschereien statt Bimssteinen sogenannte No-Stone-Plates. Diese werden ringsherum in der Waschtrommel eingesetzt. Bei diesem Verfahren kommt auch deutlich weniger Wasser zum Einsatz, als wenn Bimssteine lose in die Trommeln gegeben werden.
Veredelte Jeans gehen schnell kaputt
Das chemische oder mechanische Veredeln von Jeans hat außer den genannten noch einen zusätzlichen negativen Effekt: Die Kleidung wird dadurch stark beansprucht - schon bevor sie bei uns im Kleiderschrank landet. Stonewashed Jeans mit gebleichten Stellen oder gar absichtlich eingefügten Löchern und Rissen halten oft weniger lang und büßen dadurch doppelt an Nachhaltigkeit ein.
Übrigens: Die Faustregel "je dunkler eine Jeans, desto nachhaltiger" gilt nicht, zumindest nicht uneingeschränkt. Es gibt nämlich auch hellere Färbungen. Wer auf der Suche nach einer langlebigen Jeans ist, sollte darauf achten, dass sie nicht oder möglichst wenig veredelt, beziehungsweise zerstört wurde.
Welche Jeans sind nachhaltig und wie viel kosten sie?
Zusätzlich helfen Siegel wie GOTS und IVN BEST bei der Orientierung: Sie stehen für biologischen Anbau der Baumwolle, für strenge Auflagen beim Chemikalieneinsatz in der Produktion und für hohe Sozialstandards für die Arbeiterinnen und Arbeiter. Eine faire Jeans kann außerdem nicht unter 70 Euro kosten, sagt Kai Niebel, Nachhaltigkeits- und Textilexperte von der Hochschule Reutlingen.
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