Das Tannenzäpfle von Rothaus ist nicht nur im Südwesten beliebt. Aber ist das Bier wirklich lecker? Ist Glyphosat enthalten? Und wie nachhaltig ist die Staatsbrauerei?
Die Brauerei Rothaus wurde im Jahr 1791 durch das Benediktinerkloster St. Blasien gegründet. Im 19. Jahrhundert fiel die Brauerei an das Großherzogtum Baden und hieß ab diesem Zeitpunkt "Großherzogliche Badische Staatsbrauerei Rothaus".
Rothaus gehört zu 100 Prozent dem Land Baden-Württemberg. Das bedeutet: Wer Tannenzäpfle trinkt, unterstützt auch den Landeshaushalt. Rothaus zahlt dem Staat nicht nur Steuern, sondern jedes Jahr auch einen fetten Teil vom Gewinn, die sogenannte Dividende: bis zu 16 Millionen Euro pro Jahr.
Wir wollen wissen: Wie steht es folgende Punkte bei Rothaus?
Check 1: Qualität
Check 2: Inhaltsstoffe
Check 3: Transparenz
Check 4: Nachhaltigkeit
Check 1: Qualität. Wie lecker ist das Tannenzäpfle?
Für den Geschmackscheck unterstützen uns die "Bulldogs", eine American-Football-Mannschaft aus Ludwigsburg. Fünf Mitglieder des Teams sollen das Tannenzäpfle von Rothaus sowie verschiedene Pils-Biere der absatzstärksten Brauereien Deutschlands blind probieren. Folgende Biere haben wir ausgewählt:
- Rothaus Tannenzäpfle, 3 Euro/Liter
- Radeberger, 2,50 Euro/Liter
- Beck's, 2,50 Euro/Liter
- Bitburger, 1,70 Euro/Liter
- Oettinger, 1,10 Euro/Liter
Überraschung: Bei den Footballern landet das Tannenzäpfle bei der Blind-Verköstigung auf dem letzten Platz! Sie bewerten den Geruch als seifig und den Geschmack als metallisch. Am besten hat den Testern - auch wenn sie es zunächst selbst fast nicht glauben können - das Pils von Oettinger geschmeckt, das günstigste in unserer Stichprobe.
Zusätzlich zu den Footballern sollen zwei Experten die gleichen Biere für uns blind verkosten: Elisa Raus, die erste weibliche Biersommelier-Weltmeisterin und Biersommelier Marc Lehmann von Boland's Taphouse in Mannheim.
Wirklich begeistert sind die Profis von keinem der Pils-Biere. "Bei allen fünf Bieren, die Elisa und ich verkosten durften, finde ich, dass sie eigentlich in der Aromatik, in der Charakteristik eher pils-untypisch sind", sagt Marc Lehmann.
Den Sommeliers schmeckt Rothaus nicht
Die Auflösung zeigt: Marc und Elisa hat das Beck's-Bier noch am besten geschmeckt. Und das Schlusslicht? Auch hier: Rothaus.
Check 2: Finden wir Glyphosat im Bier?
Schon in der Vergangenheit hat das Umweltinstitut München das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in verschiedenen Biersorten festgestellt. Seitdem haben die Brauereien offenbar an dieser Stelle nachgebessert: Die Mengen an Glyphosat, die in Bier gefunden wurden, haben sich seit 2016 insgesamt deutlich verringert. Wie sieht es diesbezüglich in unserer Stichprobe aus? Wir schicken Bier von Rothaus, Oettinger, Bitburger, Radeberger und Beck’s ins Labor, wo es unter anderem auf Glyphosat untersucht wird.
Das Ergebnis: In den Pils-Bieren von Beck’s und Oettinger stellt das Labor Glyphosat fest - sogar in zwei verschiedenen Chargen. Bei Beck‘s waren es in beiden Chargen 0,9 µg/l Glyphosat. Bei Oettinger jeweils 0,2 µg/l. Bei Radeberger war in einer Charge 1,1 µg/l Glyphosat enthalten, dafür war der Wert bei der zweiten Charge unter der Bemessungsgrenze von 0,1 µg/l.
Schriftlich teilen uns die Firmen mit, dass die gefundenen Mengen gering und daher unbedenklich seien.
Sophia Guttenberger vom Münchner Umweltinstitut sieht das allerdings anders:
Glyphosat gehöre daher generell nicht in Lebensmittel.
Weder Glyphosat noch Schimmel im Rothaus Tannenzäpfle
Aus unserer eingereichten Stichprobe hat das Rothaus-Pils am besten abgeschnitten. Hier konnten weder Glyphosat, noch Schimmelsporen nachgewiesen werden.
Check 3: Transparenz des Unternehmens Rothaus
Rothaus gehört zu 100 Prozent einer Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg. Müsste sie dann nicht gegenüber der Öffentlichkeit besonders transparent sein? Anfang März fragen wir an, ob wir bei Rothaus in der Brauerei drehen dürfen und ein Interview mit Vorstand Christian Rasch bekommen. Rothaus lehnt ab.
Im Zuge unserer Recherchen wenden wir uns mehrfach mit Fragen an Rothaus. Wir wollen etwa wissen: Von welchen Landwirten kommen die Rohstoffe? Wie viele Flaschen Bier verkauft Rothaus im Jahr? Wie wirkt sich die Corona-Krise auf den Absatz aus? Rothaus lässt all unsere Fragen unbeantwortet, trotz mehrfachen Nachhakens.
"In Sachen Transparenz hat Rothaus sich schlecht verhalten"
Wie ist so ein Umgang mit der Öffentlichkeit zu bewerten - ausgerechnet von einer staatlichen Brauerei? "In Sachen Transparenz hat Rothaus sich schlecht verhalten", findet Renate Schmid, Rechtsanwältin für Medienrecht. "Da wäre Rothaus sicher gut beraten gewesen, wenn sie Antworten gegeben hätten. So entsteht der Eindruck, dass dieses Unternehmen was zu verschleiern hat."
Der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum Peter Hauk (CDU) ist Aufsichtsratsvorsitzender bei Rothaus. Er rechtfertigt die Verschlossenheit: "Wir sind transparent, was Bier angeht. Da lassen wir jegliche Offenheit walten. Aber was Geschäftsgeheimnisse angeht natürlich nicht. Der SWR hat in der Vergangenheit schon bei Rothaus gedreht. Warum Sie jetzt keine Drehgenehmigung erhalten haben, entzieht sich meiner Kenntnis."
Check 4: Nachhaltigkeit bei Rothaus
Bei Rothaus spielen Rohstoffe aus ökologischer Landwirtschaft bislang keine große Rolle, kritisiert Christian Eichert, Vorstand des Anbauverbandes Bioland. Er sieht einen Widerspruch in den Handlungen der Brauerei Rothaus zu dem, was sich die Landespolitik auf die Fahnen schreibt.
"Die Landespolitik hat sich dazu bekannt, bis zum Jahr 2030 30 bis 40 Prozent Bio hinzubekommen. Da würden wir eben auch erwarten, dass die Brauerei, die in Staatshand ist, selbst heute schon mit gutem Beispiel vorangeht und gemeinsam mit uns eine Bio-Linie aufbaut", so Eichert. "Leider ist das Engagement in Rothaus noch nicht so, wie wir uns das wünschen."
Bislang kein Bio bei Rothaus
Rothaus-Aufsichtsratsvorsitzender Hauk hält dagegen, dass die hohe Qualität von Gerste und Malz nicht gewährleistet sei, würde man nur auf die Biobauern der Region setzen. "Und ich möchte ungern auf andere Regionen zurückgreifen und Bio anderswo her beziehen als aus Baden-Württemberg."
Christian Eichert kann diese Argumentation nicht nachvollziehen: "Die derzeitige Situation rund um Rothaus lässt sich durchaus gut mit dem Henne-Ei-Dilemma umschreiben. Auf der einen Seite gibt es Rothaus, die sagen, wir haben nicht die Rohware, die wir bräuchten, auf der anderen Seite gibt es Landwirte, die sagen, wir stellen nur dann um, wenn wir auch gesicherte Abnahmen haben." Rothaus müsse hier voranschreiten.
Wie nachhaltig ist die Alu-Manschette beim Tannenzäpfle?
Die Alu-Manschette ist ein Markenzeichen des Tannenzäpfle-Biers – das viel Müll produziert. Für eine Alu-Manschette benötigt man unserer Rechnung nach ein 16 mal 16 Zentimeter großes Stück Alufolie, wenn man den Ausschuss berücksichtigt. Geht man von rund 160 Millionen Flaschen mit Alu-Manschette aus, würde Rothaus im Jahr 400 Hektar Alufolie verbrauchen – eine Fläche so groß wie der Central Park in New York. Oder dreimal die Fläche der Messe Hannover. Oder viermal die Fläche des Europaparks. Ist das wirklich notwendig?
Die Gewinnung von Aluminium belastet die Umwelt stark, weswegen Umweltverbände generell zu einem sparsamen Umgang mit dem Material raten.
Von Rothaus heißt es, viele der Alu-Manschetten würden an den Pfandflaschen bleiben und auf diesem Weg zurück in die Brauerei kommen und dann recycelt werden. Für Aufsichtsratschef Hauk ist die Manschette außerdem ein Erkennungsmerkmal des Tannenzäpfles und damit ein Verkaufsargument: "Auf diesen Wiedererkennungseffekt können wir derzeit nicht verzichten."