Fast der gesamte Kaffee wird aus nur drei Hochleistungssorten gewonnen. Das ist riskant. Jetzt gibt es eine Bewegung für mehr Vielfalt. Vier Gründe, warum Kaffee-Vielfalt wichtig ist.
1. Kaffee-Vielfalt schützt vor Schädlingen
Drei Sorten bestimmen den weltweiten Kaffeemarkt: Arabica, Liberica und Canephora (meist nicht ganz korrekt „Robusta“ genannt). Die Folge: Sollte sich unerwartet ein gefährlicher Kaffee-Schädling auf der Welt ausbreiten, hätte er leichtes Spiel. „Da können mit einem Schlag 80 Prozent der Weltproduktion zusammenbrechen“, warnt Björn Schäfer, Leiter des Fachbereichs Botanik der Stuttgarter Wilhelma. „Bei den Bananen hatte man das in der Vergangenheit und genau das kann beim Kaffee passieren.“
Die Wilhelma – den meisten vor allem als Zoo bekannt – besitzt auch einen Botanischen Garten. Und darin: Kaffee – in großer Vielfalt. 2014 startete Schäfer das Projekt "Internationale Erhaltungssammlung Kaffee-Varietäten". Kaffee so weit im Norden? Das könnte sogar ein Vorteil sein: Die Stuttgarter Bestände sind stets in sicherer Quarantäne, wenn sich in den Tropen mal ein Schädling ausbreiten sollte.
Die Hochleistungssorten müssen tendenziell auch mehr gespritzt werden, gegen Pilze und Insekten. Manche alte Kaffee-Varietäten dagegen kommt ohne Pflanzenschutzmittel aus. Und je größer die Vielfalt, desto besser der Schutz gegen Schädlinge. Daneben gibt es zahlreiche weitere Argumente für mehr Diversität und den Erhalt seltener Varietäten.
2. Kaffee-Vielfalt hilft bei der Anpassung an den Klimawandel
Der Klimawandel führt dazu, dass sich in den Anbaugebieten die Bedingungen ändern. Hier ist es gut, Varietäten zur Verfügung zu haben, die mit Frost oder Trockenheit besser zurechtkommen.
Björn Schäfer berichtet von Kaffeefarmern aus Brasilien, die kürzlich die Wilhelma besucht haben. „Die haben fast 40 verschiedene Varietäten auf ihrer Plantage mittlerweile, sodass sie in Zeiten von Klimaänderung jede Eventualität abgedeckt haben. Wenn jetzt ein total nasses Jahr kommt, haben sie Ertrag, wenn ein trockenes kommt, haben sie genauso Ertrag.“
3. Kaffee-Vielfalt bremst Migration
Seltene Varietäten bieten Kaffee-Erzeugern weltweit einen Ausweg aus dem ruinösen Preisverfall der Massenware. Der hat zu Armut vor allem in Ländern Mittelamerikas geführt, in denen der Kaffeeanbau eine starke Rolle spielt. Reichte in Lateinamerika vor zwei Generationen eine LKW-Ladung Rohkaffee noch, um einen neuen Lastwagen zu finanzieren, kann man heute davon nur noch eine Tankfüllung bezahlen oder ein paar Jeans. Dieses Elend treibt die Leute weg, mit weitreichenden Folgen. Seit Jahren ziehen Flüchtlingstrecks durch Mittelamerika nordwärts Richtung USA.
4. Kaffee-Vielfalt bedeutet neue Geschmackserlebnisse
Nicht zuletzt führt eine Vielfalt im Anbau auch zu mehr Vielfalt in der Tasse. Kaffee-Fans können nochmal ganz neue Geschmacksvarianten entdecken. Klangvolle Sorten-Bezeichnungen auf der Karte eines Cafés bedeuten zwar noch nicht unbedingt Qualität. Aber immer mehr Röstereien und Spezialitäten-Cafés haben auch anderes im Angebot als „Arabica“ und „Robusta“.
Kaffee-Vielfalt verlangt Training und Geduld
Farmer, die sich für neue Varietäten einsetzen, müssen viel Geduld mitbringen. So wie Tomas Bruno Edelmann-Toriello, dessen deutsche Vorfahren im 19. Jahrhundert von Hamburg nach Mexiko ausgewandert sind. Seine Farm heißt in Erinnerung daran „Finca Hamburgo“. Er sagt: „Wenn wir uns als Kaffee-Produzenten entscheiden, eine neue Varietät anzubauen, wollen wir sichergehen, dass diese auch gedeiht. Denn wir arbeiten mindestens 15 Jahre, normalerweise 20, manchmal 30 Jahre mit diesen Pflanzen.“
Und bis eine neue Pflanze überhaupt Früchte trägt, vergehen schon mal fünf Jahre. Eine solch langfristige Planung braucht Verlässlichkeit. Das geht fast nur in Familienstrukturen, meint der Farmer. Denn Varietäten erfordern ein Mehr an Aufwand und Pflege. Jede Unterart stellt andere Ansprüche an Boden, Mikroklima, Nährstoffe und Erntezeitpunkt.
Noch sind seltene Kaffee-Varietäten ein Nischen-Produkt. In der SWR2 Wissen-Sendung „Vielfältige Kaffesorten“ geht Andreas Langen der Frage nach, ob und wie sich das ändern könnte.
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