Umweltfreundliche Kleidung wird ohne belastende Chemikalien hergestellt, bestenfalls aus recyceltem Stoff oder mit Fasern, die in der Region angebaut werden und hält lange. Das finden die meisten gut, doch nur wenige kaufen sie tatsächlich.
Das Forschungsprojekt Slow Fashion an der Hochschule Hannover will herausfinden, wie die Modebranche umweltfreundlich und fair werden kann. Leiterin Martina Glomb hat da einige Ideen:
- Umweltfreundliche Kleidung schont Ressourcen. Wenn die Qualität stimmt, hält ein Kleidungsstück lange. Ein Ramschpullover aber geht schnell kaputt, leiert aus, zieht Fäden - ein neuer Pulli muss her. Auf diese Weise werden Ressourcen verschwendet: zum Beispiel die Anbaufläche, auf der die Baumwolle wächst. Oder Erdöl, aus dem Chemiefasern hergestellt sind.
- Stoffabfälle vermeiden. Im Allgemeinen werden beim Zuschneiden von Kleidung rund 20 Prozent eines Stoffes weggeschnitten. Wenn man auf der Stoffbahn die einzelnen Schnittteile ineinander puzzelt statt sie nur nebeneinander zu legen, spart man Material. Diese Zero-Waste-Technik könnten auch die Designer für die großen Modehäuser anwenden.
- Verwerten statt entsorgen. Designer sollten dazu beitragen, dass Kleidung nicht entsorgt, sondern wieder verwertet wird. Denn das klappt heute meistens nicht: Baumwolljeans beispielsweise werden weltweit mit einem Polyesterfaden verarbeitet. Die beiden Materialien lassen sich nicht voneinander trennen. Wird die Baumwolle recycelt, enthält sie eine Fremdfaser, die sich nach dem Färben als andersfarbige Stelle bemerkbar macht. Der Modemarkt fragt solche Stoffe nicht nach. Ehemalige Lieblingshosen oder -jacken enden deshalb in vielen Fällen als Putzlappen oder Dämmmaterial für Autos.
- Um zu verhindern, dass Kleidung auf dem Müll oder im Schredder landet, sollten öffentliche Einrichtungen und Behörden mit Designern zusammenarbeiten. Zum Beispiel dann, wenn Uniformen ausgewechselt werden. So wurden an der Hochschule Hannover tausend giftgrüne Polizei-Motorradoveralls zu Reisetaschen und Rucksäcken umgearbeitet. Nach einem Entwurf von Studierenden gingen sie in die serielle Produktion.
Wie finde ich heraus, ob Mode umweltfreundlich ist?
Doch durch “Fridays for future” hat sich in den vergangenen Monaten das Bewusstsein für mehr Umweltschutz geschärft. Viele Menschen entscheiden sich dafür, auf neue Kleidung zu verzichten oder auf Nachhaltigkeit zu achten, auf Öko-Label wie GOTS, IVN Best und Made in Green. Oder auf den “grünen Knopf”, den die Bundesregierung im September 2019 eingeführt hat. Sie alle garantieren Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöfpungskette, vom Anbau der Faser auf dem Feld bis zum Verkauf des fertigen Kleidungsstücks im Laden.
Nachhaltige Mode findet sich selten in Fußgängerzone
Nach Umfragen des Slow Fashion Forschungsprojektes findet rund die Hälfte der Konsumenten umweltfreundliche und faire Kleidung gut, aber kauft sie nicht. Ein Grund dafür: Kleidung wird häufig beim Bummeln durch die Stadt spontan erworben. Und in den üblichen Einkaufsgegenden ist nachhaltige Mode so gut wie nicht zu finden.
Das bedeutet: wer auf Öko-Kleidung umsteigen will, muss Pläne schmieden: Spezialisierte Geschäfte suchen und längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Dieser Aufwand schreckt viele Konsumenten ab. Ganz zu schweigen davon, dass Ökomode meist teurer ist.
Öko-Mode zu günstigen Preisen
Nachhaltige Kleidung muss nicht mehr Geld kosten. Das will Holger Cebulla beweisen. Der Professor für Textilmaschinen- und Verfahrensentwicklung an der TU-Chemnitz, entwickelt Ökosocken, die extrem lange durchhalten und so die Geldbörse der Verbraucher schonen. Da Baumwollsockenrecht schnell löchrig werden, nutzt Cebulla Hanffasern, um Strümpfe an den empfindlichen Stellen besser zu verstärken. Diese Ökostrümpfe halten bis zu zehnmal solange wie herkömmliche Socken. Je länger die Lebensdauer des Strumpfes, desto weniger Baumwolle wird für neue Socken benötigt. Wasser und Energie werden gespart und es fällt weniger Müll an.
Nachhaltig kann Mode nur werden, wenn der Konsum abnimmt
100 Milliarden neue Kleidungsstücke überschwemmen jährlich den globalen Markt. Denn bisher gilt: Gekauft wird, was billig ist. Die Chefs der großen Bekleidungskonzerne verdienen gut daran. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace spielt die Branche jährlich 1,3 Billionen US-Dollar ein. Karl-Johan Persson, der Kopf von H&M, und Amancio Ortega, der Gründer von Zara, gehören zu den reichsten Menschen der Welt.
Und die Billigmode schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch den Arbeiterinnen in den Fabriken: Sie arbeiten unter schlechten Bedingungen und können von ihrem Lohn oft nicht menschenwürdig leben. Doch auch die Bekleidungsindustrie denkt um: Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen, müssen das neue Umweltbewusstsein zum Bestandteil ihrer Strategie machen. So verlautbart es im Herbst letzten Jahres das Think Tank Zukunftsinstitut. Abgesehen davon kann Mode nur nachhaltig werden, wenn der Konsum abnimmt.
Bewusst entscheiden
Die Forschung engagiert sich, damit der Markt für Ökokleidung wächst. Doch bis die Branche soweit ist und nachhaltige Mode Standard sein wird, bleibt es jedem einzelnen überlassen, bei der Kleiderwahl die richtige Entscheidung zu treffen.
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