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Elefanten in Myanmar – Ein heiliges Tier wird arbeitslos

Stand
Autor/in
Peter Jaeggi
Peter Jaeggi vor Meranti-Baum
Onlinefassung
Ulrike Barwanietz
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Nirgendwo gibt es so viele Arbeitselefanten wie in Myanmar. Und ausgerechnet in dem Land, das Elefanten als heilig betrachtet, werden die Tiere gequält und getötet.

Ein Großteil der etwa fünftausend Tiere ist heute arbeitslos. Ein Holzschlagmoratorium der neuen Regierung zum Schutz der letzten Regenwälder hat die großen Säuger zum Nichtstun verurteilt. Für viele eine Katastrophe - auch für die Elefantenführer. Der Unterhalt eines Elefanten ist nämlich teuer. Fehlt das Geld, beginnt das Leiden.

Elefanten gelten in Myanmar und in anderen buddhistischen Kulturen als heilig. Allen voran die weißen Elefanten. Umso unverständlicher ist es, dass in Myanmar ausgerechnet diese seltenen Tiere viele Qualen leiden müssen. Die meisten sind psychisch krank, weil sie ihr Leben in kurzen Ketten verbringen müssen. Und die wilden Elefanten sind bedroht von Wilderern, die sie jagen, um ihre Haut zu verkaufen. Getrocknete Elefantenhaut wird unter anderem zu einem nutzlosen Hautpflegemittel verarbeitet.

Neue Maßnahmen zur Schutz der burmesischen Wälder

Bilder, die weh tun: Zwei Elefanten schleppen mit allerletzter Kraft einen tonnenschweren Baumstamm zu einem Verladeplatz. Das Zuggeschirr um die Brust ist zum Bersten angespannt. In steilem Gelände rutscht ein schwerer Baumstamm manchmal samt Elefant und Reiter rückwärts den Berg runter. Myanmar hat die weltweit drittgrößte Entwaldungsrate.

Den dramatischen Waldverlust eindämmen - das ist das Ziel der neuen burmesischen Regierung. Deshalb verhängte sie 2016 im waldreichsten Gebiet, in der Region Pegu, ein Moratorium. Zehn Jahre lang darf kein Holz geschlagen werden.

Die Schrumpfung der Wälder zerstört auch den Lebensraum wildlebender Elefanten. Myanmars Wildbestände sind in den letzten Jahren drastisch geschrumpft. Konservative Schätzungen des Smithsonian-Instituts gehen heute von nur noch etwa 1200 Tieren aus.

Arbeitselefanten -historische Holzschnitzerei
Arbeitselefanten. Historische Holzschnitzerei im Nationalmuseum von Myanmar in Yangon.

Elefanten in Gefangenschaft

Vor etwa zwanzig Jahren sind sie auf etwa 10.000 geschätzt worden. Weil freilebenden Tiere im Wald nicht mehr genug zu fressen finden, brechen sie in Dörfer ein. Es gibt Tote und Verletzte. Unter Mensch und Tier. Hinzu kommen Wilderer, die Elefanten noch immer wegen des Elfenbeins töten.

Und durchschnittlich einmal pro Woche findet man laut WWF Myanmar einen enthäuteten Elefanten. Elefantenhaut wird in der chinesischen Medizin als Hautpflegemittel verwendet. Aber auch Zähne, der Penis, Schwanzhaare und das Fleisch werden gehandelt

Myanmar hat weltweit die meisten Elefanten in Gefangenschaft. Besonders viele private Elefantenbesitzer gibt es in Taungoo in der Region Pegu. Es ist jene Region, die nun vom zehnjährigen Holzschlagmoratorium betroffen ist. Etwa hundert Elefantenhalter mit insgesamt 150 Tieren leben hier.

Elefantenfuß in Ketten
Viele in Gefangenschaft gehaltene Elefanten werden psychisch krank. Sie „weben“.

Traumatisierte Tiere

Der Normallohn für einen Mahut, einem Elefantenführer, beträgt um die hundert Dollar im Monat. Keiner kann davon leben. So versuchen viele Elefantenführer, den Job zu wechseln. Darunter leiden auch die Tiere, die so immer wieder einen neuen Elefantenführer erdulden müssen. Dass ein Mahut ein Leben lang mit seinem Elefanten zusammenlebt, ist heute weitgehend eine Legende, meint die Tierärztin Khyne U Mar.

Heute kann mehr oder weniger jeder Mahut werden. Es sind oft unerfahrene Leute, erzählt sie. Sie schlagen die Elefanten, wenn sie nicht gehorchen. Nur die traditionellen Mahuts wissen noch, wie man einen Elefanten behandelt, ohne ihn zu traumatisieren.

Doch insgesamt mehr als zweitausend Arbeitselefanten haben jetzt keinen Job mehr. Mit betroffen sind Mahuts und ihre Familien, denen nun das Einkommen fehlt. Zahlreiche arbeitslose Elefanten, private und staatliche, werden jetzt für teures Geld an Touristencamps vermietet.

Ein Mahut und sein Elefant
Ein Mahut und sein Elefant.

Elefantenreiten für Touristen

Wegen der Arbeitslosensituation schießen Elefantencamps für Touristen wie Pilze aus dem Boden. In diesen wird auch Elefantenreiten angeboten, so wie in den meisten Touristencamps. Kritiker sagen, Elefantenreiten sei gegen die Würde des Tieres und der Elefant bleibe ein Wildtier, auch wenn er «gezähmt» sei.

Zudem, so die Elefantenexpertin Khyne U Mar, schade die Belastung dem Skelett des Tieres zu sehr. Der hautenge Kontakt mit Elefanten ist zwar für Touristen attraktiv und für Unternehmer lukrativ. Die Elefanten-Tierärztin Khyne U Mar warnt jedoch, denn Menschen können Elefanten mit Tuberkulose anstecken.

Der Biologe Tom Moorhouse von der Oxford-Universität konnte zeigen, dass drei Viertel der untersuchten Einrichtungen gegen den Tier- und Artenschutz verstießen. Die gleiche Studie ergab ein großes Unwissen auf Seiten der Touristen.

Elefantenfußball in Thailand
In einer Elefantenshow in Samphram in der Nähe der thailändischen Hauptstadt Bangkok werden die Tiere zu Aktivitäten gezwungen, die umstritten sind. Wie etwas das Fussballspielen.

Aufwändiges Training zum Auswildern

Da es unmöglich ist, alle rund zweitausend arbeitslosen Elefanten in Touristencamps zu beschäftigen, gibt es vermutlich nur eine Lösung: Schutzgebiete zu schaffen. Myanmar stellt dafür ein 17 000 Hektar großes Gebiet zur Verfügung.

Dort sollen alte, kranke und trächtige Elefanten eine Heimat finden, die nicht oder nicht mehr arbeiten können. In Zukunft sind Auswilderungen jüngerer, geeigneter Tiere geplant.

Das Auswildern geht nur nach einem längeren Training. Einem Training, das viele Jahre dauern könne. Während dieser Zeit bekommen die Tiere weder Bananen, Zuckerrohr, noch andere der in Gefangenschaft üblichen Nahrungsmittel. Sie müssen lernen, ihr Futter in den Wäldern selber zu suchen.

Ehemals frei lebender Elefant in Myanmar
Fast alle rund 15.000 gefangenen Elefanten in Asien sind Wildfänge. Tiere, die einst frei lebten, und mit Gewalt gefügig gemacht wurden.

Das geplante Schutzgebiet bietet nur einem kleinen Teil der arbeitslosen Elefanten ein tiergerechtes Zuhause. Weitere Schutzgebiete sind nicht in Sicht. Und weil mehr und mehr private Besitzer sich ihre Schützlinge nicht mehr leisten können, wächst die Gefahr, dass die Tiere auf dem Schwarzmarkt verkauft und in Nachbarländer wie China und Thailand geschmuggelt werden. Dort landen sie dann im Zirkus oder in fragwürdigen Touristenunternehmen. Das Leiden von Myanmars Elefanten geht weiter.

Produktion 2018

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