Der Erste Weltkrieg
Der Sozialreformer Lujo Brentano pocht auf die 1916 noch junge deutsche Einheit, die auch nach dem Krieg zentrales Interesse der Politik bleiben soll. Die Rede stammt vom August 1916, wurde aber zwei Jahre später im Juli 1918 von ihm nachgesprochen und aufgezeichnet.
"Unser wertvollstes Kriegsziel ist die innere Einigung des deutschen Volks"
"Die größte Sicherheit für die Zukunft des Deutschen Reiches liegt allerdings nicht in der Durchsetzung dieser oder jener Friedens[...]. Sie ist allein dann gegeben, wenn die innere Einigkeit, die durch die von außen uns drohende Gefahr hergestellt worden ist, auch nach deren Beseitigung fortdauert.
Am 1. August sind es zwei Jahre gewesen, dass der Kaiser das Wort gesprochen hat: "In dem bevorstehenden Kampfe kenne ich in meinem Volk keine Parteien mehr gibt, es gibt unter uns nur noch Deutsche."
Die Aufgabe, die gestellt war, war zu groß, als dass sie mit den Klassen, die bisher maßgebend gewesen waren, gelöst werden konnte. Die staatlichen Klassen zu schwach waren, die Zucht ist der Kaiser mit der Nation [?]. Mit dieser Zuversicht, dass die Nation die Aufgabe lösen werde, sind wir ins Feld gezogen. "Das ganze deutsche Volk" ist unser Schlachtruf gewesen. Er hat uns stark gemacht und mit ihm haben wir bisher gesiegt und nur mit ihm werden wir weiter siegen.
Der Reichskanzler aber, der uns das Versprechen gegeben hat, dass auch nach Wiederkehr des Friedens jene Ungleichheit in der Behandlung der Parteien, die unser inneres politisches Leben schon lange vergiftet hat, aufhören soll, hat uns damit ein Kriegsziel gesteckt, das alle übrigen Kriegsziele weit überstrahlt.
Er hat uns die Aussicht eröffnet auf einen besseren und edleren Tag, der unserem Volk in Zukunft aufgehen soll. Auf eine Zukunft, in der auch die breite Masse des Volks Anteil haben soll an den Früchten des Siegs, der ja recht eigentlich ein Sieg des Volkes sein wird. Gelingt es, dieses Ziel zu erreichen, so wird es aller Opfer wert sein, die das deutsche Volk in diesem Kriege gebracht hat und bringt.
[...] dem deutschen Volke dieser Siegespreis, so wird es keinen Feind mehr geben, der ihm widersteht. Unser wertvollstes Kriegsziel ist die innere Einigung des deutschen Volks und die damit gegebene Behauptung unseres Vaterlands gegenüber jedweder Übermacht.“
Lujo Brentano
Lujo Brentano (1844 - 1931) war Nationalökonom und Sozialreformer. Er gehörte zu den Unterzeichnern des "Manifests der 93" ("Aufruf an die Kulturwelt"). Darin werden die Vorwürfe der Kriegsgegner Deutschlands bestritten. Brentano distanzierte sich allerdings später wieder davon, wie andere Unterzeichner auch hätte er den Text bei Zusage der Zustimmung nicht gekannt.
Brentanos Einfluss reicht bis in die Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialen Marktwirtschaft, Theodor Heuss war u.a. einer seiner Studenten.
Aufnahmedatum: 2.7.1918 (nachgesprochen)
Quelle: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA)
6.8.1914 / 10.1.1918 Kaiser Wilhelm ruft zum Krieg auf
6.8.1914 / 10.1.1918 | Einen Monat nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo beginnt der Erste Weltkrieg. Mit der Kriegserklärung von Österreich-Ungarn gegen Serbien war auch Deutschland involviert. Am 6. August 1914 richtet Kaiser Wilhelm einen Aufruf an das deutsche Volk. Wir hören allerdings nicht die Originalrede, denn von der gibt es keine Aufzeichnung. Der Kaiser hat diese Rede aber dreieinhalb Jahre später, also einige Monate vor Kriegsende, nachaufgezeichnet.
Interessant dabei: Es existiert nicht nur die Rede, sondern auch die vorausgegangenen Probeaufnahmen, in denen der Kaiser geübt hat. Im Hintergrund erkennt man die Stimme des Sprachwissenschaftlers Wilhelm Doegen, der den Kaiser bei der Rede unterstützte. So hielt er ihm etwa die Hand in den Rücken, um ihm den richtigen Abstand zum Aufnahmetrichter zu zeigen. Der Kaiser setzt mehrfach an und wird jedesmal energischer.