6.10.1989

Gorbatschow in der DDR – Kein "Wer zu spät kommt ..."

Stand
Autor/in
SWR2 Archivradio
Moderator/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Die DDR beginnt mit den Feiern zu ihrem 40. Jahrestag. Es gibt großes Tamtam mit Militärparade und allem, was dazugehört. Doch die Krise ist unübersehbar, die Demonstrationen laut.

"Gorbi, hilf uns!"

Der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow besucht zum Jubiläum die DDR. Er ist der Hoffnungsträger der Demonstrierenden. "Gorbi, hilf uns!" rufen sie, und noch viel mehr.

Gorbatschow selbst hört die Rufe sichtlich gerne. Später wird ihm der Satz in den Mund gelegt: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." – Das soll er in Bezug auf die Honecker-Regierung gesagt haben. Doch dieser Satz ist nicht im Ton überliefert. Und ob er ihn je gesagt hat, ist fraglich.

Michail Gorbatschow spricht vor der Neuen Wache

Hier hören wir, was er tatsächlich gesagt hat. Die Szene: Gorbatschow vor der Neuen Wache Unter den Linden. Umringt von Dutzenden Reportern. Er geht auf eines der Mikrofone zu und gibt ein Statement. Da redet er zweimal über die Lehren des Lebens, aber von "zu spät kommen" ist nicht die Rede.

Aus seinen späteren Gesprächen mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker gibt allerdings noch ein Protokoll. Dort wird Gorbatschow mit den Worten zitiert: "Wenn wir zurückbleiben, bestraft uns das Leben sofort." Zwei Reporter machen daraus die griffige Übersetzung: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." Gorbatschow erfährt davon später, und ihm gefällt das; er übernimmt den Satz in seiner Autobiografie.

Funfact: Im Zusammenhang mit dem Ende der DDR gibt es noch ein zweites berühmtes Zitat, das so nie gesagt und erst nachträglich zum großen Wort hochstilisiert wurde – nämlich den Willy Brandt zugeschriebenen Satz "Es wächst zusammen, was zusammen gehört".

14.5.1986 Stellungnahme von Gorbatschow nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl

14.5.1986 | In der ersten öffentlichen Stellungnahme der Sowjetunion nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl reagierte Michail Gorbatschow auf die Kritik des Westens. Er forderte zur internationale Zusammenarbeit in Kernenergiefragen auf.

12.6. 1987 Ronald Reagan in West-Berlin: "Mr. Gorbatschow, tear down this wall!"

12.6.1987 | US-Präsident Ronald Reagan ist zum Staatsbesuch in der Bundesrepublik. Er besucht West-Berlin und hält vor dem Brandenburger Tor eine Rede. Am Ende fordert er den sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbartschow auf, die Mauer abzureißen. Die Rede wird simultan übersetzt.

10.11.1989 Der Tag nach der Maueröffnung

10.11.1989 | Einen Tag nach Öffnung der Mauer fand vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin eine Kundgebung mit westdeutschen Spitzenpolitikern statt: Walter Momper, Willy Brandt, Hans-Dietrich Genscher und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl.

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