Erwachen, erwachsen werden, lieben, kämpfen, triumphieren: Franz Liszts Sinfonische Dichtung "Les Préludes" lässt sich als eine Schilderung eines verklärten Lebenslaufs hören.
Lebenslieder
"Was anderes ist unser Leben, als eine Reihenfolge von Präludien zu jenem unbekannten Gesang, dessen erste und feierliche Note der Tod anstimmt?" So beginnen die programmatischen Zeilen, die Franz Liszt der Orchesterpartitur von "Les Préludes" nach Worten von Alphonse de Lamartine hinzugefügt hat.
Die Musik schildert verschiedene Lebensetappen: vom ersten Erwachen und Erwachsenwerden über schwärmerische Liebe, den Rückzug in die Natur und dem Ausbruch eines kämpferischen Willens, der am Ende zu einem überhöhten Triumph führt.
Historisch nicht unbelastet
Den Effekt, den das Werk macht, erkannten auch die Propagandisten zur Zeit des Nationalsozialismus. Ein martialisch verzerrter Ausschnitt aus "Les Préludes" wurde deshalb in den 1940er Jahren als Erkennungsmelodie für den Wehrmachtbericht im Rundfunk und in den Wochenschauen verwendet. Doch gleichzeitig beweist das meisterhaft orchestrierte, in seiner Ganzheit so vielschichtige und trotzdem in sich geschlossene "Les Préludes", wie Musik über alle plumpe Vereinnahmung erhaben ist.
Musikstück der Woche Liszts "Danse macabre" mit Dahye Lee und Frank Dupree
Inspiriert und fasziniert von gregorianischen „Dies irae“-Chorälen und dem Fresco „Der Triumph des Todes“ in Pisa aus dem 14. Jahrhundert komponierte Franz Liszt, umschwärmter Starvirtuose auf den Bühnen Europas, etwas zutiefst Menschliches: eine musikalische Auseinandersetzung mit dem Tod.