So viel Humor hätte man dem meist grimmig dreinblickenden Beethoven kaum zugetraut: Zwischen zwei aufgewühlt-ernsthaften Sätzen platziert er in dieser Sonate ein beinahe kabarettistisches Kabinettstückchen. Unser Mitschnitt mit Antje Weithaas und Silke Avenhaus stammt von einem Bruchsaler Schlosskonzert des SWR, das am 20. April 2012 im Kammermusiksaal von Schloss Bruchsal stattfand.
Wir sprechen heute so selbstverständlich von der 'Violinsonate', aber Beethoven hat seine Sonate in a-Moll unter dem Titel "Sonate für Klavier und Violine" gedruckt. Das war im Jahr 1800, und bis dahin stand bei der Kombination von Geige und Klavier eigentlich immer das Klavier im Vordergrund und die Geige hielt sich als Begleitinstrument bescheiden im Schatten auf. Beethoven hat hier für musikalische Gleichberechtigung gesorgt: Bei ihm haben beide Stimmen etwas zu sagen - ein echter Dialog.
Antje Weithaas über die Sonate:
Zuweilen ist es ein ganz schön wilder Dialog, wie Antje Weithaas in der Konzerteinführung in Schloss Bruchsal betonte:
"Es ist sicher für das Publikum interessant zu wissen, dass diese Sonate direkt vor der 'Frühlingssonate' geschrieben wurde. Wenn man diese beiden Stücke miteinander vergleicht, hält man das kaum für möglich. Wie immer bei Beethoven, ist jedes Werk ein völlig neues Universum. Die a-Moll-Sonate ist – und das ist bei Beethoven häufig so, wenn er Moll-Tonarten verwendet – sehr agitato, sehr aufgewühlt, es gibt dieses innere Brennen, auch dieses Existenzielle, gepaart mit unglaublich viel Humor.
Der Humor steckt im zweiten Satz, er hat ein ganz einfaches Thema. Man könnte sagen: "dieses Thema kann eigentlich jeder schreiben". Aber was Beethoven dann damit macht, mit wieviel Humor, mit wieviel Ironie er dieses schlichte Thema behandelt, das ist schon unglaublich. Zwischen diesem ersten und dritten Satz, die unglaublich agitato sind, kommt da so ein ganz, ganz einfacher, fast – das Wort möchte ich jetzt nicht auf die Goldwaage gelegt haben – banaler zweiter Satz, der aber in dieser Einfachheit faszinierend ist."
Antje Weithaas
Antje Weithaas macht – wie sie selbst sagt – "so ziemlich alles, was man mit der Geige machen kann": Sie gibt als Solistin Konzerte mit den großen Orchestern der Welt, sie spielt leidenschaftlich gerne Kammermusik und hat unter anderem ein eigenes Streichquartett, das Arcanto-Quartett. Außerdem ist sie künstlerische Leiterin der Camerata Bern - ein Kammerorchester, das sie von der ersten Geige aus leitet. Und sie unterrichtet als Professorin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Ihre Geige stammt aus der Werkstatt von Peter Greiner und wurde 2001 gebaut.
Silke Avenhaus
Seit gut acht Jahren machen Antje Weithaas und die Pianistin Silke Avenhaus zusammen Musik. Silke Avenhaus ist gebürtige Karlsruherin, studierte unter anderem bei Sandor Végh und András Schiff Klavier und unterrichtet heute an der Münchner Musikhochschule. Zudem ist sie regelmäßig Dozentin bei der Villa Musica. Die Vermittlung klassischer Musik an die junge und jüngste Generation ist ihr ein besonderes Anliegen, sei es mit Hörbüchern für Kinder, Workshops oder ihrer Beteiligung an dem von Lars Vogt initiierten Projekt "Rhapsody in School". Silke Avenhaus konzertiert als Solistin und Kammermusikerin, wobei sie sich auch besonders für die Neue Musik interessiert und bereits diverse Uraufführungen gespielt hat.
Zeitgenossen Die Geigerin Antje Weithaas: „Einer muss den Hut aufhaben beim Musikmachen“
Antje Weithaas interessiert sich für „alles, was man mit der Geige machen kann”. In SWR2 Zeitgenossen erzählt sie über ihre Kindheit und Jugend in der DDR und natürlich über ihr wichtigstes Ausdrucksmittel, die Insel und den Ankerpunkt in ihrem Leben: ihre Geige.