Werkkommentar von Christian Skjødt Hasselstrøm
An der Schnittstelle von Klang, bildender Kunst und Wissenschaft will die Installation Beneath unsere Sinne durch das Ausloten magnetischer Energien im Boden auf die Probe stellen. Während wir Stille wahrnehmen, haben wir faktisch teil an einem hektischen Austausch unsichtbarer Energien. Diese Installation macht für uns als Publikum den ständigen Wechsel von autonomen elektromagnetischen Feldern und fließenden Magnetfeldern hörbar. Untersucht werden die magnetische Energie und die geophysische Beschaffenheit an einem bestimmten Ort, dem Fischhaus, einem Pavillon aus dem 19. Jahrhundert im Fürstlich Fürstenbergischen Schlosspark.
Alle sich bewegenden geladenen Teilchen erzeugen Magnetfelder unterschiedlicher Stärke. Ein außerordentlich starkes Magnetfeld wird durch elektrische Ströme gebildet, die durch die Konvektion von flüssigem Eisen im äußeren Erdkern erzeugt werden. Dieses Magnetfeld, unsere planetare Magnetosphäre, erstreckt sich vom Planetenkern aus in den Weltraum und schirmt uns vor geladenen Teilchen des Sonnenwindes und der kosmischen Strahlung ab. Magnetfelder sind eine unsichtbare Kraft und bedingen menschliche und planetarische Aktivitäten. Sie sind integraler Bestandteil der modernen Technologie, von der Technik über die Mechanik bis hin zur Navigation – ohne sie wäre unser Planet nicht bewohnbar.
Technisches Herzstück der Installation ist ein Netz von Sonden mit speziell angefertigten Magnetometern, einem Instrument zur Messung des Erdmagnetfelds. Diese autonomen Sonden sind im Erdboden des Pavillons installiert und direkt mit einem entsprechenden Netz von Lautsprechern im Inneren des Pavillons verbunden. Jede Sonde fungiert als Live-Empfänger des jeweiligen Magnetfeldes. Kompositionsdaten des Bodens, der jede Sonde umgibt, beeinflussen und verändern jedes magnetische Live-Signal (ein technologischer Ansatz, wie er sich auch bei archäologischen und geophysischen Vermessungsarbeiten findet). Beneath ist eine offene und dynamische Arbeit, die durch maßgefertigte Systeme die unsichtbaren Verschiebungsenergien des Erdmagnetfeldes erforscht.
Für mich ist die Interaktion von Kunst und Wissenschaft eine grundlegende Möglichkeit, die Welt zu verstehen. In einer Zeit, in der technologische Innovation die Grenzen unseres begrifflichen Fassungsvermögens exponentiell erweitert, scheinen wir als Menschen den Kontakt zu unserer Umgebung zu verlieren. Mit meiner Arbeit möchte ich Räume und Situationen schaffen, die neue oder andere Möglichkeiten bieten, unsere Umgebung wahrzunehmen und mit ihr in Beziehung zu treten. Der Klang ist das Prisma, durch das ich unsere menschliche Wahrnehmungsfähigkeit – und ihre Grenzen – untersuche und herausfordere. Ich bin daran interessiert, die kognitive Beziehung des Menschen zur Welt durch Technologie zu untersuchen, ein post-phänomenologischer Ansatz.
English
At the intersection of sound, visual art, and science, the installation Beneath aims to challenge our sensory perception through the sounding of magnetic energies underground. In our perception of stillness, we are in fact participating in a frenetic exchange of invisible energies. Through this work, we the audience can listen to the auditory "result" of autonomous electro-magnetic systems that are constantly changing with fluid magnetic fields. This installation examines the particular magnetic energy and geophysical composition at the site-specific location, Fischhaus, a 19th-century pavilion in Fürstlich Fürstenbergischer Schlosspark.
All moving charged particles produce magnetic fields of varying strength. An immensely powerful magnetic field is formed by electrical currents that are generated from liquid iron convection within the Earth’s core. Known also as our planetary magnetosphere, this magnetic field extends out from the planet’s core into space, shielding us from charged particles of solar wind and cosmic rays. An invisible force, magnetic fields are necessary for human and planetary function. They are integral to modern technology – from engineering and mechanics to navigation – and are essential in making our planet habitable.
At the technical heart of the installation are a grid of probes containing custom-made magnetometers, an instrument used to measure Earth’s magnetic field. These autonomous probes are installed in the ground of the pavilion, and are directly connected to a corresponding grid of loudspeakers inside the pavilion. Each probe acts as a live receiver of the current magnetic field. Compositional data of the soil surrounding each probe informs and alters each live magnetic signal (a technological approach that can be found in archaeological and geophysical survey operations). Beneath is an open and dynamic work, whereby these custom-built systems explore the invisible shifting energies of the Earth’s magnetic field.
I see the interaction of art and science as an essential way of understanding the world. In a time where technological innovation exponentially expands the boundaries of our conceptual understanding, we as humans seem to be out of touch with our surroundings. With my work, I want to create spaces and situations that can provide new or different ways of sensing and relating to our surroundings. Sound is the prism through which I examine and challenge our human perception – and our limitations. I am interested in examining the human cognitive relationship to the world through technology, a post-phenomenological approach.
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