Donaueschinger Musiktage 2012 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2012: "Mimshak"

Stand
Autor/in
Yoav Pasovsky

Wie viele andere Komponisten meiner Generation habe ich zuerst jahrelang elektronische Musik geschaffen, bevor ich mein erstes instrumentales Stück komponierte. Noch heute prägt die Beschäftigung mit dem Sammeln, Erzeugen und Gestalten von Klängen bzw. Samples nachhaltig meine Arbeit. Für mein musikalisches Denken sind die klangliche Gestaltung der Instrumente und ihr expressives Potential genauso grundlegend wie der Rhythmus, die Melodie und die Harmonie. Trotz der langjährigen Erfahrung mit elektronischer Musik habe ich erst vor vier Jahren angefangen, elektroakustische Elemente auch in meine Instrumentalmusik zu integrieren. Einer der Hauptgründe für diese "Abstinenz" war die aus meiner Sicht unbefriedigende Kombinierbarkeit von akustischen Klängen der Instrumente mit elektroakustischen Signalen, die durch Lautsprecher verstärkt wurden. Um dieses Problem zu umgehen, arbeitete ich in den letzten Jahren mit Transducern (Körperschalllautsprechern), die an den Instrumenten befestigt sind. Das elektronische Signal wird dabei direkt an den Resonanzkörper des Instruments geschickt, dessen Resonanzkörper das Signal verstärkt und filtert und zugleich die Rolle eines Lautsprechers übernimmt. Mit dem Begriff "Enhanced Ensemble" möchte ich die Situation beschreiben, in der die Instrumente als einzige Quelle für sowohl akustische als auch elektroakustische Signale dienen.

Im Zentrum dieses Stückes steht der Versuch, eine Schnittstelle, ein sogenanntes Interface, einzurichten, das die klanglichen Möglichkeiten des Ensembles erweitert und eine ungewöhnliche Kausalität zwischen dem Spieler und dem erzeugten Klang bzw. seiner Quelle herstellt. Mit Ausnahme der Flöte und der Klarinette bildet jeder Musiker mit seinem Instrument und seinen zwei begleitenden Transducern ein solches Interface.

So kann z.B. eine auf der Flöte gespielte Melodie gleichzeitig über das Cello wiedergegeben werden. Spielt während dessen der Cellist noch etwas dazu, können durch die Interaktionen beider Signale sehr spannende akustische Phänomene entstehen. Die oben beschriebene Koppelung zwischen Flöte und Cello ist dynamisch und kann entweder entkoppelt oder auf ein anderes Instrument rotiert werden.

Das Interface ("Mimshak" auf Hebräisch) besteht aus drei Ebenen der Verstärkung:

  1. Alle Instrumente werden mit Nah-Mikrofonen abgenommen. Ihre Signale werden an die statischen Transducer, die fest an den Instrumenten montiert sind, weitergeleitet und durch diese verstärkt.
  2. Weitere Signale werden an die mobilen Transducer geschickt, die von den Musikern betätigt werden. Diese Transducer sind nicht an den Resonanzkörpern befestigt und können von einer Kontaktstelle am Instrument zur nächsten nahtlos bewegt werden. Diese Ebene unterscheidet sich von der ersten insofern, dass die Musiker die Instrumente mit den Transducern bespielen.
  3. Um die akustischen Gegebenheiten des großen Saals auszugleichen, gibt es eine zusätzliche lokale Verstärkung aller Instrumente.

Damit die Beziehungen und das Wechselspiel zwischen den Instrumenten an maximaler Klarheit gewinnen können, werden diese räumlich stark voneinander getrennt.

Stand
Autor/in
Yoav Pasovsky