Es sind nur die vier Anfangstöne die in einem bestimmten Rhythmus gespielt werden und man erkennt die Melodie sofort: Frédéric Chopins „Marche funèbre“ aus seiner zweiten Klaviersonate. Doch nicht nur Chopin schrieb Musik, die zu Tränen rührt. Ein Blick in die Musik der Trauer.
Trauermarsch für Kollegen und Freunde
Der Ausdruck von Trauer hat immer etwas persönliches. Vor allem, wenn man eine Person verliert die einem besonders nahesteht. Wie nahe sich die Renaissance-Musiker Josquin Desprez und Johannes Ockeghem tatsächlich waren, ist bis heute ungeklärt – es gibt die Theorie, dass Josquin der Schüler Ockgehems war, doch es mangelt an Beweisen.
Dass die zwei Komponisten sich aber nahe stehen mussten, bezeugt die Nänie „Nymphes des bois“, ein Trauergesang, den Desprez für Ockgehem auf dessen Tod schrieb.
Eine nachgewiesen enge Beziehung hatten die beiden norwegischen Komponisten Edvard Grieg und Rikard Nordraak. Nordraak starb mit jungen 23 Jahren während einer Studienreise in Berlin. Zuvor gründete er mit Grieg den Musikverein „Euterpe“, der die zeitgenössische skandinavische Musik bekannter machen sollte.
Für Nordraak komponierte Grieg 1866 den „Sørgemarsj over Rikard Nordraak – Trauermarsch für Rikard Nordraak“:
Tränenreiche Musik
Ebenfalls für einen verstorbenen Freund wurde das „Requiem dla mojego przyjaciela“ („Requiem für meinen Freund“) des polnischen Filmkomponisten Zbigniew Preisner für den Regisseur Krzysztof Kieślowski komponiert. Teil der Komposition ist das „Lacrimosa“ (zu deutsch: die Tränenreiche). Das Stück fand in Terrence Malicks Film „The Tree of Life“ Verwendung.
Die wohl bekannteste Vertonung des „Lacrimosa“ befindet sich in Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem. Mozart schrieb es als Auftragsarbeit zum Tod der Frau des niederösterreichischen Grafen von Walsegg, konnte es jedoch nicht mehr vor seinem frühen Tod vollenden.
Mozarts Beschäftitung mit dem Tod beschränkte sich nicht nur auf das Requiem, er schrieb auch für das Klavier einen Trauermarsch (KV 453a) und komponierte nach dem Tod zweier Freimaurer die Mauerische Trauermusik (KV 477).
Musik für Karfreitag
Abseits von Mozarts Requiem gibt es etliche geistliche Werke, die die Trauer zum Gegenstand der Musik machen. Weltbekannt ist Johann Sebastian Bachs „O Haupt voll Blut und Wunden“. Wobei es weniger als Bachs eigenes Werk bezeichnen werden sollte, sondern dessen Interpretation davon. Unter anderem für die Matthäuspassion brachte er die Melodie – ursprünglich von Hans Leo Haßler komponiert und von Paul Gerhart mit dem bekannten Text versehen – in einen vierstimmigen Satz.
Felix Mendelssohn Bartholdy bediente sich ebenfalls an der Melodie und komponierte 1830 die Kirchenkantate „O Haupt voll Blut und Wunden“:
Musik für die Königinnen und Könige
Abseits von Kirche und Freundschaften findet sich die Trauermusik vor allem bei Widmungen an Monarchen. Joseph Martin Kraus komponierte für das Begräbnis des Königs Gustav III. von Schweden eine Kantate. Der Monarch war bei einer Maskenball in der Königichen Oper Opfer einer Verschwörung geworden.
Später wurde die Kantate als „Symphonie funèbre“ bekannt. Der zweite Satz „Himmelska makter, hvad grufliga öden“ („Himmlische Mächte, welch schreckliche Schicksale“) zeigt, mit welch Erschütterung die Ermordung des Königs verbunden war.
Am britischen Königshof komponierte Georg Friedrich Händel zum Tod von Queen Caroline 1737 die Trauerkantate für das Begräbnis in Westminster Abbey. Ein Sprung in die heutige Zeit mit Blick auf die Begräbnisse des britischen Königshauses zeigt: die Kompositionen zwischen 1700 und 1900 sind nach wie vor – wenn auch zu traurigen Anlässen – beliebt. Bei der Trauerfeier von Princess Diana erklang Verdis Messa da Requiem, bei der Prozession des Sarges von Queen Elizabeth II. spielte die Blaskapelle Beethovens Trauermärsche.
Auch ein Abschied darf wunderschön klingen
Hier wären drei an der Zahl zu nennen: Beethovens Sonate in As-Dur, daraus der dritte Satz, bezeichnet als „Marcia funebre“, zählt zu den bekannten Trauermusiken für Tasteninstrumente und wurde – wie bei der Prozession – auch für Blaskapellen umgeschrieben. Ebenso der zweite Satz aus Beethovens Dritter Sinfonie „Eroica“.
Der dritte von „Beethovens Trauermärschen“ ist eigentlich gar nicht von Beethoven. Lange wurde er fälschlicherweise Beethoven zugeschrieben, ist jedoch der erste Trauermarsch von Johann Heinrich Walch.
Diese Beispiele der Trauermusik zeigen: Abschied nehmen ist immer schwer – doch auch ein Abschied darf wunderschön klingen.
Gesellschaft Bestattungskultur – Neue Rituale im Umgang mit dem Tod
Die Hälfte der Deutschen möchte keine klassische Bestattung mehr. Neue Formen wie die sogenannte Re-Erdigung oder Asche, die in die Erde eines jungen Baumes gegeben wird, werden häufiger nachgefragt. Und Stück für Stück ändert sich auch, wie wir dem Sterben begegnen. Von Silvia Plahl (SWR 2023) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/bestattungskultur | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: wissen@swr2.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@SWR2Wissen