Pablo Casals nannte Bachs Suiten für Cello „das Evangelium der Cellisten“. Damit hat er nicht unrecht, meint Manuel Fischer-Dieskau. Für eine Videoproduktion hat der Cellist die Bach-Sonaten im Palais Lichtenau in Potsdam aufgenommen. Besonders ist die Wahl des Instruments: ein Violoncello Piccolo, das eine zusätzliche Saite besitzt.
Manuel Fischer-Dieskau spielt Bach
Manuel Fischer-Dieskau trägt nicht bloß den großen Namen seines Vaters, des Sängers Dietrich Fischer-Dieskau. Er selbst hat sich einen Namen gemacht als Solo-Cellist und Kammermusiker. An der Mainzer Gutenberg-Universität unterrichtet der Verfechter der historisch informierten Aufführungspraxis als Professor Violoncello und Kammermusik.
Nun hat Fischer-Dieskau die sechs Cello-Suiten von Johann Sebastian Bach für eine Videoproduktion neu eingespielt, im Potsamer Palais Lichtenau. Die Aufnahmen fanden ohne Publikum statt, doch Fischer-Dieskau wollte so spielen, als säße da ein Publikum. Das verrät der Cellist im Gespräch mit SWR2.
Die Gefahr bei Aufnahmen sei grundsätzlich, es zu perfekt machen zu wollen. Dabei könne die Stimmung verloren gehen: der Charakter der Tänze und das Spirituelle. Er versuche sich vorzustellen, es wäre ein Konzert mit Publikum, so der Cellist.
Pflicht-Repertoire für Cellisten
Einmal im Leben sollte ein Cellist die sechs Bach-Suiten aufgenommen haben, meint Manuel Fischer-Dieskau. Es sei für ihn ein schönes Gefühl, dies endlich zu tun, aber auch eine große Verantwortung, deren er sich bewusst sei.
Ob die Videoproduktion auch die Grundlage für eine CD sein könnte? Der Cellist ist da skeptisch. Eine CD-Einspielung sollte heutzutage möglichst makellos sein, beim Video sei der Gestus mitunter wichtiger. Ausschließen möchte Fischer-Dieskau es aber nicht, je nachdem, wie die Aufnahme geworden ist.
Manuel Fischer-Dieskau spielt die Cello-Suite Nr. 6
Das wunderbarste Musikstück für Cello
Besonders wird die Aufnahme auch durch die Instrumente, die der Cellist für seine Aufnahme gewählt hat. Neben einem Barock-Cello spielt Fischer-Dieskau auch ein Violoncello piccolo.
Das Instrument, für das Bach seine sechste Cellosuite komponiert hatte, war über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Es hat zusätzliche Saiten, je nach Instrument eine zusätzliche Bass-Saite oder, im Falle von Fischer-Dieskau, eine hohe E-Saite, durch die das Cello in den Sopran gehen kann, ohne dass der Spieler in die kompliziertere hohe Daumenlage wechseln muss.
Das Ergebnis, findet Fischer-Dieskau, ist ein reizvoller Klang, der an die Gambe erinnert. Passend für die sechste Cello-Suite, die für den Interpreten das „wunderbarste Musikstück, was es für Cello gibt“ ist.
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Leitung: Alexander Grychtolik
Johann Sebastian Bach:
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