CD-Tipp vom 23.9.2018
Die große, erfolgsverwöhnte, amerikanische Sopranistin Joyce DiDonato hat ihr neuestes Recital-Programm, aus Anlass seines 100ten Todesjahrs, Claude Debussy gewidmet. Aber die DiDonato wäre nicht die politisch engagierte, intelligente Sängerin, die sie ist, wenn sie nur einen Liederkranz niederlegen würde am Marmordenkmal. Hier geht es um noch ganz andere Leidenschaften.
Das traurige Leben von Camille Claudel
Der Komponist Jake Heggie, der auch hierzulande bekannt wurde durch die Oper „Dead Man Walking“, lieferte das Herzstück dieses Recital-Programms für die DiDonato, mit dem sie voriges Jahr auf Tour ging und, das in Wigmore Hall im Dezember 2017 aufgezeichnet wurde. Dieses Herzstück ist ein Liederzyklus, der das traurige Leben von Camille Claudel erzählt. Nicht gerade zu Ehren von Claude Debussy geschrieben, vielmehr zur Ehrenrettung einer vergessenen, entrechteten und verleumdeten Künstlerin, in die Debussy einmal sehr verliebt gewesen war. Camille Claudel, Schwester von Paul Claudel, war Bildhauerin. Sie war die Geliebte von Auguste Rodin und wurde, in der Blüte ihrer Jahre, von ihrer Familie in ein Irrenhaus gesteckt, weil sie zu wild war für ihre Zeit, zu selbständig, zu begabt.
Eigentlich eine kleine Kammeroper
„Camille Claudel - Into the Fire“ heißt dieser flammende Liederzyklus für Sopran und Streichquartett, bei dem es sich eigentlich um eine kleine Kammeroper handelt. Joyce DiDonato, immer auf der Seite der Entrechteten und Vergessenen, hatte sich das so gewünscht, sie hatte die Uraufführung des Werks gesungen. Und Heggie? Er kommt als Komponist aus einer Schule, die mit der europäischen Avantgarde nichts zu tun haben will – und umgekehrt. Er schreibt zärtliche Melodien, die sich auf tonale Fundamente stützen. Süße Violinenklänge kringeln sich ins Ohr, sanft umschwärmt das Cello die Singstimme, der jedenfalls nichts Unmögliches abverlangt wird, und bettet sie auf Rosen.
Ein Konzeptalbum
„Camille Claudel. Into the Fire“, dieser Liederzyklus von Jake Heggie, ließe sich auch sehr gut szenisch denken. Gesungen von der unübertrefflichen Joyce DiDonato, begleitet vom Brentano String Quartet. „Into The Fire“, auch Titel des Albums, ist ein Konzeptalbum: Um das ihr am Herzen liegende Thema Camille Claudel herum hat Joyce DiDonato weitere passende Lieder von Claude Debussy und Richard Strauss programmiert. Verlegt vom Label Erato im Vertrieb von Warner Classic.
CD-Tipp vom 23.9.2018 aus der Sendung SWR2 Treffpunkt-Klassik