Wie lebt man in Stuttgart als Mensch mit Migrationshintergrund? Diese Frage stellen sich die sechs Musikerinnen der Band Horizontaler Gentransfer immer wieder. Gefunden haben sich die fünf Süd-Koreanerinnen und eine Venezolanerin an der Kunstakademie und machen heute das, was sie selbst „Butterbrezel-Punk“ nennen: punkiger Sound, gepaart mit ernsten Inhalten und dabei immer humorvoll verpackt.
Girl-Gang besingt Stuttgarter Laugengebäck
Sich in Deutschland integrieren zu wollen, ist an sich schon nicht einfach. Aber vor besondere Herausforderungen können einen mit Sicherheiten die Eigenheiten der Schwaben-Metropole Stuttgart stellen. Da hilft es, wenn man eine Affinität zur Butterbrezel mitbringt. Mizzi Lee kann heute sogar darüber dozieren, was eine wirklich gute Butterbrezel ausmacht. Sie ist quasi schon assimiliert, wenn es um das Laugengebäck geht.
Mizzi ist es auch zu verdanken, dass die Band Horizontaler Gentransfer überhaupt existiert. Was als Projekt begann, ist heute fester Bestandteil ihres künstlerischen Schaffens. Eine Girl-Gang, die man als Kunstkollektiv verstehen muss, das auch Musik macht. Oder besser: das gemeinsam angefangen hat Musik zu machen.
Mehr Kreisler als K-Pop
„Musikalisch konnten wir eigentlich nicht anders als Punk zu machen. Wir konnten nicht mehr als drei Akkorde spielen”, erinnert sich die interdiszipliänre Künstlerin und Frontfrau der Band. Sie kommt, wie vier ihrer Bandmitglieder, aus Südkorea. Das war vor zwei Jahren.
Heute stehen die sechs Frauen regelmäßig gemeinsam vor Publikum und performen ihren „Butterbrezel-Punk“ mit K-Referenzen: Mehr noch als für den südkoreanischen K-Pop steht das K dabei aber für K-Amerun und K-Reisler. Gemeint sind dabei Schorsch Kamerun, der Sänger der Band „Die goldenen Zitronen”, und der legendäre Wiener Musikkabarettist Georg Kreisler.
Gespräch Zwischen Club und Opernhaus – Punkmusiker und Regisseur Schorsch Kamerun
Hochkultur, Punkrock und Clubszene ist für Schorsch Kamerun kein Gegensatz. Ihm geht es nicht um die Form, sondern um Stoffe, die ihn reizen.
„40 Prozent von mir sind Stuttgarter Mikroorganismen“
Gemeinsam ist den Mitgliedern von Horizontaler Gentransfer ihr Bezug zur Kunst – und die Erfahrungen, die man macht, wenn man in einem fremden Land Fuß fassen muss und möchte. Dass wir alle am Ende gar nicht so unterschiedlich sind, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint, unterstreicht auch ihr Bandname. Der horizontalen Gentransfer beschreibt den biologische Prozess, bei dem Organismen genetische Information ohne sexuellen Kontakt austauschen.
Wenn es nach Mizzi Lee geht, bedeutet das, dass „40 Prozent unserer Zellen gar nicht unsere Zellen“ sind. „Es sind Mikroorganismen, die sich wandeln. 40 Prozent von mir sind Stuttgarter Mikroorganismen oder deutsche Mikroorganismen“, erklärt Mizzi. „Es wandelt sich ständig.“ Es ist eine von vielen Messages, die die Band in ihrem Kunstprojekt transportiert.
Zur Zeit arbeiten Horizontaler Gentransfer an ihrem zweiten Album. Es soll „Everything Possibong“ heißen. Musikalisch setzten sie sich mit deutschem und koreanischem Schlager auseinander. Inhaltlich kommen die Texte diesmal nicht nur von Mizzi Lee sondern auch von ihren Band-Kolleginnen Jerry Ahn, Seonha Park, Yun Park und Lilian Gonzalez. Für die Kostüme zeichnet wieder Hanseo Oh verantwortlich, die auch ohne Instrument Teil der Girl-Gang ist.
Porträt K-Punk statt K-Pop: Die Stuttgarter Frauenband Horizontaler Gentransfer
Die Stuttgarter Frauenband Horizontaler Gentransfer spielt seit zwei Jahren erfolgreich Punk. Zur Gruppe gehören fünf koreanischen Musikerinnen, die aus der bildenden Kunst kommen, und eine Spanierin. Ihre Musik ist so erfolgreich, dass sie mit Mitteln aus einem Förderprogramm ihr zweites Album finanzieren können. Sie singen über aktuelle Themen, wie etwa Migration und Rassismus.
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