Harry Styles ist der Pop-Star der Stunde. Wie kaum ein anderer Sänger seiner Generation spielt Styles mit Geschlechterrollen, für seine queeren Fans sind seine Konzerte ein „geschützter Raum“. Der Hype um den britischen Sänger zeigt: Queerness definiert sich heute nicht mehr zwangsläufig darüber, wer mit wem schläft.
Harry Styles kommt nach München, Düsseldorf und Frankfurt
Paillettenbesetzte Hütchen, Federboas, bunte Klamotten und Regenbogen-Flaggen: „Bunt“ ist das naheliegendste Wort, wenn man die Fans von Pop-Star Harry Styles beschreiben möchte. Drei Jahre, zwischen 2021 und 2023, tourte Styles mit seiner „Love On Tour“ durch die Welt, insgesamt 169 Konzerte.
Auf der Bühne, in Interviews und im Umgang mit seinen Fans betont der Sänger immer wieder seine Unterstützung für die LGBTQ+-Community. Er schwenkt Gay- und Trans-Pride-Flaggen oder ermutigt seine Fans zum Coming-Out vor den Eltern. Jede*r soll sich auf seinen Konzerten wohlfühlen. Die Fans danken es ihm.
„Ich habe mich lange nicht mehr so sehr in meiner Queerness bestätigt gefühlt wie dort“, schreibt etwa die Journalistin Aamika Khan 2018 in einem Beitrag für das US-Magazin Them. Das liege nur teilweise an dem Sänger selbst. Es sei viel mehr die Fangemeinde, die Harry Styles anzieht. Für sie biete der Brite, der sich betont androgyn inszeniert, eine ideale Projektionsfläche und einen starken „Queer Ally“, einen Verbündeten im Kampf gegen Homo- und Transphobie.
Platz 1 in 45 Ländern: Die Erfolgssingle „As It Was“ (2022)
Einer der sichtbaren Unterstützer der LGBTQ+-Bewegung
Als Unterstützer der LGBTQ+-Community nimmt der Sänger zwar kein Blatt vor den Mund, doch Fragen zu seiner eigenen sexuellen Orientierung quittiert er grundsätzlich mit Schweigen. Styles kokettiert mit homoerotischen Bildern, etwa im Clip zum Song „Lights Up“ oder im Film „Der Liebhaber meines Mannes“, in dem Styles einen ungeouteten Polizisten spielt.
Auch wenn aus der Klatschpresse nur Beziehungen mit Frauen bekannt sind, findet Styles die Erwartung, sich öffentlich zu einer Geschlechterpräferenz zu bekennen, überholt. 2022 kommentiert er in einem Interview mit Better Homes and Gardens:
Im Rüschenkleid auf dem Cover der „Vogue“
Dass über die Sexualität von Harry Styles immer wieder spekuliert wird, liegt nicht zuletzt an seinem modischen Auftreten. Im Interview mit dem Guardian erklärte sich der Musiker 2019:
Das Spiel mit den Geschlechtern gehört zum Markenkern des Sängers. Gerne zeigt er sich in Kleid, mit bunt bedruckten Blusen oder solchen mit Spitzenbesatz. Die Perlenkette machte er zum trendigen Mode-Accessoire für Männer.
Styles' Einfluss auf die Mode wird auch von der Fachwelt anerkannt: 2020 war er der erste Mann, der in einem Solo-Shoot das Cover der „Vogue“ zierte – im bodenlangen Rüschenkleid mit schwarzem Dinner-Jackett. Das Kleid selbst wurde später zum Exponat einer Ausstellung über Männermode im Londoner Victoria & Albert Museum.
Neben allem Lob gibt es auch Kritik an Styles' Uneindeutigkeit, gerade auch aus der queeren Szene. Der US-Schauspieler Billy Porter („Pose“), selbst bekannt für seinen extravaganten Modestil, kritisierte das Zeitschriften-Cover: Für ihn als Schwarzen, schwulen Mann sei es ein politisches Statement, sich im Kleid bei Preisverleihungen zu zeigen. Styles werde als „mutig“ gefeiert, dabei gehe er als weißer, heterosexuell gelesener Mann wenig Risiko ein. Später entschuldigte sich Porter für seine Äußerungen.
Identitätswandel: Neue Mode für Männer
Die Glam-Ikone der Generation TikTok
Harry Styles kokettiert mit der Aura der Queerness. Damit allein beschreitet er keine neuen Wege: Auch Mick Jagger, David Bowie, Freddie Mercury und Prince spielten mit den Geschlechterbildern. Doch bei Harry Styles wirkt die Grenzüberschreitung weniger provokant und aufrührerisch als bei den berühmten Vorbildern. Die Queerness, die Harry Styles verkörpert, ist entsexualisiert und, zugegebenermaßen, die eines privilegierten, weißen cis Mannes.
Im Zeitalter der sozialen Netzwerke führen queere Menschen kein Nischen-Dasein mehr. Sie vernetzen sich früh, tauschen Erfahrungen und erzeugen sich im Internet ihren digitalen Schutzraum. Mit seiner Botschaft von gegenseitiger Akzeptanz, freier Liebe und der Selbstverständlichkeit, schafft Harry Styles Safe Spaces in den Konzerthallen und im Internet. Was seine eigenen sexuellen Präferenzen sind, ist dabei nebensächlich.