Der mit jeweils 12.500 Euro dotierte Anna Seghers-Preis wird alljährlich an jüngere Autorinnen und Autoren des deutschen Sprachraums und aus Lateinamerika vergeben. Dieses Jahr erhält ihn neben dem Leipziger Jugendbuchautor Johannes Herwig der Schriftsteller Carlos Fonseca aus Costa Rica: für seinen gerade auf Deutsch im Wagenbach-Verlag erschienenen Roman Austral.
Carlos Fonseca kommt aus einem Land, das bei uns nicht gerade für seine Literatur bekannt ist, sondern eher für seine Schönheiten. Dieser 37-jährige Schriftsteller gilt jedoch bereits als „einer der 25 wichtigsten jüngeren Schriftsteller der spanisch-sprachigen Welt“. Dazu hat ihn jedenfalls vor einigen Jahren die einflussreiche, englische Literaturzeitschrift Granta-Magazine erklärt.
Ich war also sehr gespannt auf diesen Autor aus einem Land, von dessen literarischen Stimmen sich bei uns bisher keine wirklich eingeprägt hatte. Liegt das nur an der Ignoranz unseres Buchmarktes? – fragte ich ihn. Und Carlos Fonseca begann unser Gespräch mit einem Zitat.
Bruch mit der literarischen Tradition
Carlos Fonseca hat sie mit den drei Romanen, die er bisher veröffentlicht hat, auf außerordentliche Weise fortgesetzt. Er bricht darin mit dem traditionellen Erzählkanon der lateinamerikanischen Literatur, verzichtet auf eine sich linear entfaltende Story, fragmentiert vielmehr das Geschehen, besonders in Austral, seinem dritten Roman.
Darin geht es um einen costa-ricanischen Schriftsteller, der den Auftrag erhält, das letzte Manuskript einer verstorbenen Freundin herauszubringen, von der er sich vor dreißig Jahren getrennt hat. Er begibt sich dazu auf eine Suche nach dieser Vergangenheit und damit seiner eigenen Identität. Carlos Fonseca beschreibt die Wege und Irrwege individueller und kollektiver Erinnerung mit einer Fülle von kulturellen, philosophischen, literarischen und historischen Bezügen oder Chroniken.
Autobiographische Bezüge
Dieser Julio scheint autobiografische Züge seines Urhebers zu haben. Beide sind in Costa Rica geboren und leben seit langem im Ausland, vor allem in den USA. Nur hat Fonseca an der Princeton University promoviert, ist inzwischen nach England übergesiedelt und arbeitet an der University von Cambridge als Professor für lateinamerikanische Literatur. Gibt es darüber hinaus autobiografische Details?
Ergründung der karibischen Wurzeln
In seinem nächsten Roman, an dem er gerade schreibt, wird es jedoch um eine ganz andere Frage gehen. Denn Carlos Fonseca ist zwar in Costa-Rica geboren, doch in Puerto Rico aufgewachsen, wo seine Mutter zu Hause ist. Und deshalb will er endlich seine puertoricanischen, seine karibischen Wurzeln ergründen.
Doch erstmal wird er in Kürze den Anna-Seghers-Preis in Empfang nehmen. Die große, deutsche Schriftstellerin hat von 1941-1947 in Mexico im Exil gelebt, und deshalb wird der nach ihr benannte Preis auch jeweils an einen lateinamerikanischen Autor oder eine Autorin vergeben. Was bedeutet er für Carlos Fonseca?
Dem zentralen literarischen Thema von Carlos Fonseca, einem außergewöhnlichen Autor aus Costa Rica.
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