Am Dienstag, den 9. Februar 2016 um 13.09 Uhr, steht eine Frau im Wintermantel vor dem Café zur Weltkugel in Zürich und raucht ihre letzte Zigarette. Die Frau ist 51 Jahre und 6 Monate alt, und während sie raucht, reflektiert sie den Weg der Gift- und Suchtstoffe, die sie ihrem Körper in diesem Augenblick zuführt. Es wird noch eine weitere letzte Zigarette vor dem Café geben. Und noch eine.
Am selben Tag erfährt die Frau, dass sie an einer aggressiven Form von Brustkrebs erkrankt ist. Die Frau heißt Ruth Schweikert, wie die Autorin des Buches, das wir vor uns haben. Das Buch ist der Beweis, dass sie überlebt hat. Der 9. Februar ist der Tag, an dem Ruth Schweikert beschlossen hat, ein Buch über ihre Krankheit zu schreiben. Aber was heißt „beschlossen“? Wie frei ist eine Schriftstellerin in der Wahl ihres Stoffs? Bloß keine Betroffenheitsprosa, sagt sie sich und sagt sie dem Arzt, der sie danach fragt und setzt gleich hinzu: Aber wie soll das gehen: Keine Betroffenheitsprosa schreiben über etwas, was einen derart betrifft? Die Form zu wahren, die dann zu wuchern beginnt, wie die Krankheit selbst? Es geht glänzend. „Tage wie Hunde“ ist der Beweis.
Ruth Schweikert vermischt die Genres. Wissenschaftliche Recherchen und Abhandlungen, Mail- und Nachrichtenwechsel mit Freunden und Kollegen, Erinnerungen an wichtige Lebensereignisse und tote Freunde. Und immer der Kampf gegen die Krankheit, die Angst vor dem Kontrollverlust. Ein schmales, ergreifendes Buch.
Zur Autorin:
Ruth Schweikert wurde 1965 in Lörrach geboren und ist in der Schweiz aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Zürich und ist als Schriftstellerin und Theaterautorin tätig. 1994 debütierte sie mit dem vielbeachteten Erzählungsband »Erdnüsse. Totschlagen«, es folgten die Romane »Augen zu« (1998), »Ohio« (2005) und »Wie wir älter werden« (2015). Für ihre Arbeit wurde sie u.a. beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb mit dem Bertelsmann-Stipendium (1994), mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung (1999), als Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim (2015), mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich (2016) und dem Solothurner Literaturpreis (2016) ausgezeichnet.