Das Krankenhaus als geschlossener Kosmos an einem unbestimmten Ort und in einer unbestimmten Zeit. Der simple Eingriff, der dem Roman seinen Titel gibt, hat – so scheint es zunächst – wohltuende Folgen: Mit einer kleinen Operation am Gehirn werden den Patienten Gefühle wie Wut oder auch Depression entfernt.
Die in Basel geborene und in Berlin lebende Schriftstellerin Yael Inokai hat mit der Krankenschwester Meret eine Ich-Erzählerin entworfen, die zunächst voller Vertrauen in das Handeln der Ärzte ist, auch um den Preis, dass mit der neuen Behandlungsmethode ein Teil des Menschen, der sich ihr unterzieht, unwiederbringlich verloren geht.
"Ein simpler Eingriff' steht auf der Shortlist des Deutschen Hörbuchpreises 2023.
Inokai erzählt zum einen aus dem Alltag des Krankenhauses, rollt aber zum anderen auch Merets Biografie auf, aus der sich ihr Hang zur Einordnung und ihr Wunsch nach festen Strukturen erklärt. Doch nach und nach kommen ihr Zweifel an den Praktiken der Ärzte: Zunächst läuft einer der Eingriffe aus dem Ruder, dann verliebt sich Meret in ihre neue Zimmergenossin Sarah. Eine Liebe, die gleich auf mehreren Ebenen Energie freisetzt und Meret zum Umdenken bewegt.
Inokais Roman fügt sich in den aktuellen Diskurs um Frauenbilder und das Aufbegehren gegen gesellschaftliche Zuschreibungen. Wer ausfällig, wütend, unbeherrscht ist, gilt als therapiebedürftig. Ein Psychiatrieroman mit eingebautem Emanzipationsakt.
Literatur SWR Bestenliste Dezember
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