An der tiefsten und engsten Stelle des Rheins bei Sankt Goarshausen sitzt die Loreley. Sie singt und kämmt ihr Haar – und zieht damit die Schiffer auf dem Fluss in ihren Bann. Weltberühmt gemacht hat den Loreley-Stoff der Dichter Heinrich Heine. Vor 200 Jahren, am 26. März 1824, veröffentlichte er sein Gedicht „Die Lore-Ley“.
Clemens Brentano erfindet eine Sagengestalt
Im Mittelalter wurden Zwerge, Nymphen oder Berggeister für die gefährlichen Strömungen und die Echos am Loreley-Felsen verantwortlich gemacht. Doch mit der Romantik hält eine geheimnisvolle Frau auf dem Rheinfelsen Einzug. Ihr Name: Lore Lay.
Erstmals tritt diese Zauberin um 1800 in einer Ballade von Clemens Brentano in Erscheinung. Diese beginnt mit folgenden Worten:
Auch später greift Brentano wieder auf das Thema zurück: In seinen „Mährchen vom Rhein“ (1810-1812, 1846 posthum veröffentlicht) bewacht die Lureley den Nibelungenhort. Er liegt in ihrem Schloss, das von außen schroff wie Felsenstein aussehen soll und vom wilden Rhein umbraust werde. Lureley ist in dieser Fassung eine schöne wie kluge Zauberin.
Das Motiv, dass die schöne Frau auf dem Felsen sitzt und sich das goldene Haar kämmt, taucht hier zum ersten Mal auf. Auch mit dem Versinken eines Schiffs wird sie hier erstmals in Verbindung gebracht. An anderer Stelle beschreibt der Dichter Lureley als eine helfende, liebevolle Wasserfrau.
„Märchen aus alten Zeiten“
Brentanos Erfindung wurde von den Dichtern der Romantik überschwenglich aufgenommen. Schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts galt die Geschichte als „Märchen aus alten Zeiten“, wie es später in Heinrich Heines Gedicht über die Lore-Ley heißen wird.
Die Handlung ist dabei eng mit Motiven aus der griechischen Mythologie verknüpft: Etwa mit der Nymphe Echo, die durch einen Fluch der Götter nur die Worte anderer Personen zurückrufen kann. Aus verschmähter Liebe zum Jüngling Narziss verzehrt sie sich in Ovids „Metamorphosen“ so sehr, dass von ihr nicht mehr als ihre Stimme bleibt. Loreleys Gesang erinnert an den Gesang der Sirenen in Homers „Odyssee“. Dieser stürzt beinahe die Mannschaft des Odysseus ins Verderben.
Brentano gab auch den Anstoß zu weiteren Loreley-Erzählungen mit der gleichnamigen weiblichen Gestalt auf dem Rheinfelsen. Unter anderem gibt es Balladenfassungen von Otto von Loeben und Joseph von Eichendorff. Letztere Version wurde auch mehrfach vertont, unter anderem von Robert Schumann in seinem Liederkreis op. 39.
Heinrich Heine macht die Loreley weltberühmt
Weltweit bekannt gemacht hat die Figur der Loreley allerdings Heinrich Heine. Vor 200 Jahren, am 26. März 1824, erscheint mit „Die Lore-Ley“ der bis heute berühmteste Text über die Rheinnymphe. Heinrich Heine bezieht sich darin eindeutig auf die Beschreibungen von Clemens Brentano – etwa, wenn es um die Schiffer geht, die die Loreley in ihren Bann zieht, woraufhin diese in den gefährlichen Strömungen umkommen.
Zusammen mit der 1837 von Friedrich Silcher komponierten Melodie prägt Heines Text bis heute die Figur der betörend-gefährlichen Loreley. Das „Lied von der Loreley“ gilt bis heute als Ausdruck der Rheinromantik. Zur schwärmerisch-romantischen Sichtweise von Landschaft und Kultur am Rhein passt die Geschichte der Zauberin perfekt.
Auch Liszt und Clara Schumann vertonen Heines Zauberinnengedicht
Neben der weltweit populären Liedfassung Silchers, entstanden über vierzig weitere Kompositionen auf der Basis von Heines Text: So wurde das Gedicht 1856 von Franz Liszt unter dem Titel „Die Loreley“ als Lied für Klavier und Singstimme vertont. Zusätzliche Arrangements für Singstimme und Orchester hat Liszt im Jahr 1860 sowie für Klavier solo im Jahr 1861 erstellt. Es ist mit seiner Tonmalerei und seiner differenzierten szenischen Stimmungsschilderung nicht mit Friedrich Silchers schlichter Volksweise vergleichbar.
Auch Clara Schumann vertonte den Text im Jahr 1843 als Lied für Klavier und Singstimme:
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Heinrich Heine · Dichter dran!
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