Die deutsche Elf rang sich nun doch zu einer Protestgeste durch: Auf dem Gruppenfoto vor dem ersten Spiel gegen Japan hielten sich die Spieler demonstrativ den Mund zu. Zuvor hatte die FIFA angedroht, dass Tragen der ursprünglich geplanten „One Love“-Kapitänsbinde sportlich zu sanktionieren. Nun weisen Expert*innen darauf hin, dass die FIFA dazu gar nicht berechtigt sei.
National-Elf will sich Mund nicht verbieten lassen
Beim ersten Spiel der DFB-Elf gegen Japan kam es zu einer Protestaktion vor dem Anpfiff: Beim Mannschaftsfoto, das kurz vor Start des Spiels aufgenommen wurde, hielten sich die deutschen Spieler als symbolisches Zeichen die Hände vor den Mund.
Ein Verweis auf das Gastgeberland Katar und die FIFA, die Statements gegen Homophobie und Rassismus partout aus dem Turnier heraushalten wollen. Im Vorfeld gab es Diskussionen rund um die One-Love-Armbinde, die von der FIFA unter Drohung sportlicher Konsequenzen verboten wurde.
Die Mannschaft kommuniziert zur Aktion auf Twitter:
Nach Drohungen der FIFA ruderten die Verbände zurück
Mit der in regenbogenfarben gehaltenen „One Love“-Armbinde wollten Deutschland sowie sechs weitere Verbände ein Statement gegen Homophobie, Antisemitismus und Rassismus beim Turnier in Katar setzen.
Nachdem die geplante Aktion über Monate bekannt war, erklärte die FIFA nur zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel, dass ein Tragen dieser Binde zu sportlichen Konsequenzen für die Träger führen würde.
Das sorgte für Aufsehen: Man war sich zwar bewusst, dass der Verstoß gegen das Ausrüstungsreglement zu Geldstrafen führen könnte, eine sportliche Sanktionierung jedoch gab es bislang noch nicht.
Die Verbände ruderten in Folge dieser Androhung zurück. DFB-Präsident Bernd Neuendorf teilte unmissverständlich mit, dass Deutschland keine sportlichen Risiken für das Tragen der Binde eingehen werde.
Die rechtliche Lage zur Sanktionierung der One-Love-Binde ist unklar
Doch ist das Sanktionieren der One-Love-Binde im Spiel überhaupt mit dem Regelwerk der FIFA vereinbar? Der Fußball-Podcast „Collinas Erben“, der die Welt des Fußballs aus Schiedsrichtersicht betrachtet, stellt das in Frage.
Die Sanktionierung unterliege in diesem Fall dem Veranstalter, nicht dem Referee. Eine nachträgliche Strafe durch die FIFA sei zwar grundsätzlich möglich, aber nur, wenn die vermittelte Botschaft provozierend oder beleidigend sei – was bei der Binde mit Pride Flag eindeutig nicht der Fall sei.
Eine Anweisung, dass Schiedsrichter das Tragen der Binde mit einer Karte ahnden sollen, ist „Collinas Erben“ zufolge also nicht vom Regelwerk gedeckt.
Der Unmut über das Verbot ist groß
Die Kritik über das Vorgehen, beim Turnier kein Zeichen in Form der Armbinde zu setzen, ist groß. Man solle es darauf ankommen lassen, mahnte unter anderem Robert Habeck in einer Talkshow. Der Rückzieher brachte auch dem Team viel Kritik ein.
DFB-Sponsor REWE beendete gar vorzeitig seinen Sponsoring-Vertrag: Nachdem bereits im Sommer bekannt wurde, dass dieser über seine Vertragslaufzeit hinaus nicht verlängert werden sollte, zog das Kölner Unternehmen nun Konsequenzen aus der fehlenden Positionierung der Mannschaft und beendete die Zusammenarbeit sofort.
Zahlreichen Fans wurden beim Turnier in Katar bereits der Zutritt zu Stadien verweigert, weil sie regenbogenfarbene Kleidungsstücke trugen. Innenministerin Nancy Faeser dagegen zeigte sich beim Turnierauftakt der Deutschen Mannschaft in der One-Love-Binde auf dem Rang:
Zeitgeschichte Der Kniefall im Sport: Was bedeutet die Protestgeste?
Die Deutsche Fußballnationalmannschaft machte vor dem EM-Achtelfinale gegen England einen Kniefall, um ein „Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierungen zu setzen“, so Kapitän Manuel Neuer. Doch woher stammt der Kniefall als Geste des Protests im Profi-Sport und was bedeutet er?