Beim Spritzig-Herben denkt man an Herren-Stammtische, Schwenkgrill-Helden oder „gscheite Mannsbilder“ mit Krachledernen und Gamsbart. Dabei ist Bier bis Ende des Mittelalters alles andere als eine Männerdomäne. Gerade die Äbtissin Hildegard von Bingen spielt in der Bier-Historie eine bedeutende Rolle. Eine Richtigstellung zum Tag des Bieres.
Über Jahrtausende ist das Bierbrauen fest in Frauenhand
Bier ist so alt wie die Menschheit selbst. Archäologische Funde belegen, dass bereits unsere Vorfahren im Zweistromland vor 10.000 Jahren dem spritzig-gärigen Getränk nicht abgeneigt waren.
Egal ob im alten China, in Mesopotamien, bei den Ägyptern oder den Wikingern: Wo Menschen der Bierherstellung nachgingen, lag diese in aller Regel fest in der Hand der Frauen. Brauen zählte zu den Arbeiten des Haushalts – vermutlich, weil es wie das Brotbacken eine Art der Getreideverarbeitung war.
Kein Wunder also, dass auch Wirtshäuser in den frühen Hochkulturen von Frauen betrieben wurden: Der babylonische „Codex Hammurabi“ (18. Jahrhundert v. Chr.), auf einer Basalt-Stele im Louvre erhalten, schreibt fest, was Wirtinnen etwa im Fall von Wucherei und bei Duldung von Verschwörungen blühe. Die Tavernen waren so sehr in Frauenhand, dass Männer bei Hammurabi nicht mal mitgemeint sind:
Die Heilige Hildegard bringt den Hopfen ins Spiel
Laut deutschem Reinheitsgebot hat Bier neben Wasser, Gerstenmalz und Brauhefe auch Hopfen zu beinhalten. Die Dolden des Hanfgewächses sorgen für die charakteristische Bitterkeit und das Aroma des Bieres, wie wir es heute kennen. Hopfen macht das Getränk zudem haltbar.
Diese Entdeckung geht auf eine der größten Kirchengelehrten des Mittelalters zurück. Hildegard von Bingen wurde bereits zu Lebzeiten im 12. Jahrhundert als große Gelehrte verehrt. Die Benediktinerin und Gründerin des Klosters auf dem Rupertsberg bei Bingen setzte sich neben der Kirchenlehre und der Musik auch mit Heilpflanzen und deren Anwendung auseinander. Ihre Erkenntnisse zum Hopfen hielt Hildegard schriftlich fest:
Auch wenn Hildegard dem Hopfen, gemäß der mittelalterlichen Viersäftelehre, eher melancholische als beruhigende Eigenschaften zuschrieb, revolutionierte ihre Entdeckung die Bierbrauerei. Ihre Schriften verbreiteten sich vor allem in den Klöstern des Mittelalters und trugen maßgeblich zum Erfolg der Klosterbrauereien bei.
Hildegard von Bingen: Bis heute eine Ikone der Klostermedizin
Wie Männer sich das Brauen aneigneten
Noch bis ins 16. Jahrhundert bleibt die Bierbrauerei außerhalb der Klöster weitestgehend eine Arbeit für Frauen. Für Unverheiratete und Witwen ist die Arbeit als Schankwirtin eine gute Möglichkeit, eigenständig Geld zu verdienen. Doch in den wachsenden Städten nimmt das Bierbrauen für den eigenen Hausgebrauch ab.
Um die Brandgefahr in den wachsenden Ballungsräumen einzudämmen, wird das Braurecht in den Städten nach und nach an Betriebe vergeben. Das Brauen wird zum Beruf, es bilden sich sich Zünfte und die Herstellung wird reglementiert. Frauen geraten durch den Aufstieg der Brauereien ins Hintertreffen.
Dem Bier waren Frauen trotzdem nicht abgeneigt: Bis ins 19. Jahrhundert blieben Bierkränzchen ein beliebter Zeitvertreib unter den Damen der höheren Gesellschaft. Wenn's handfester zuging, wurde aus dem Kränzchen auch mal ein „Weiberzechen“. Erst mit der besseren Verfügbarkeit von Kaffee und Tee setzte sich der Kaffeeklatsch als vornehmere Alternative durch. Das Bier wanderte an den Stammtisch der Herren.
Heute erobern sich Frauen nach und nach die Hoheit über die Bierbrauerei zurück: Als Inhaberinnen kleiner Familienbetriebe, wie Katharina Waldhecker aus Ulm bei Renchen, oder wie Warsteiner-Chefin Catharina Cramer, an der Spitze eines international agierenden Bierkonzerns. Dem Produkt kann das Mehr an Vielfalt nur dienlich sein. Prost!
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Von klein auf spielt Katharina Waldhecker in Opas Brauerei, studiert BWL und könnte direkt in den Betrieb einsteigen. Aber sie folgt zuerst ihrer zweiten Leidenschaft Ballett, bevor sie Chefin der Familienbrauerei wird.
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