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Sucht macht einsam – Hilfe für Drogenkranke und ihre Angehörigen

Stand
Autor/in
Susanne Babila

In Deutschland sterben immer mehr Menschen am Drogenkonsum. Doch es fehlt an Prävention und niederschwelligen Beratungsstellen für Suchtkranke.  

In den vergangenen sieben Jahren hat sich die Zahl der Drogentote unter 22 Jahren verdoppelt. Heike und Rajco Mohrmanns Sohn war gerade mal 22 Jahre alt, als er an einer Überdosis Heroin starb.  

Der Kampf ist schwer. Man zerbricht ja fast selbst daran, weil man dem Kind nicht helfen kann. Und sieht, wie sich das Kind selbst zugrunde richtet.
Das ist schwer. Das ist schwer hinzunehmen.“

Drogen und ihre Sucht verändert alle in der Familie

Für die ganze Familie ist die Sucht eines Angehörigen eine enorme psychische Belastung. Ehepartnerinnen, Lebensgefährten, Eltern oder Kinder erleben hautnah mit, wie Suchtkranke sich zunehmend verändern, entfremden und ihnen entgleiten.
Jenny war acht Jahre alt, als ihre Mutter immer häufiger zur Flasche griff. Jenny übernahm die Hausarbeiten, kochte, putzte, machte ihrer geliebten Mutter Tee und holte, wenn sie nicht mehr weiter wusste, den Krankenwagen.

Jenny, Tochter einer suchtkranken Mutter

"Sie hat nur noch auf der Couch gelegen und geschlafen und getrunken und geschlafen und getrunken. Und dass ging so die ganze Zeit. Sie musste sich immer wieder übergeben, zitterte, ihr war immer kalt, obwohl der Raum total warm war. Sie hatte solche Entzugserscheinungen, dass sie alleine nicht raus gekommen ist und dann ins Krankenhaus musste. Irgendwann gab es schon Krankenhäuser, die sie nicht mehr annehmen wollten, weil es immer das gleiche Problem war.

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Die Corona-Pandemie verstärkte die Gefahr von Abhängigkeiten und Süchten

Hilfe bei Drogen-Sucht für die Kranken und ihr Umfeld wichtig

Allein in der Bundesrepublik starben im vergangenen Jahr 1.990 Menschen durch den Missbrauch illegaler Drogen, so die Bilanz des Drogenbeauftragten der Bundesregierung Burkhard Blienert (SPD). Das sind 164 Fälle und neun Prozent mehr als im Jahr davor. Doch die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, denn viele Menschen sterben erst Jahre später an den Folgen. Und von legalen Drogen wie Alkohol, der Volksdroge Nummer 1,  ist keine Rede. Jedes fünfte Kind kommt aus einer psychisch- und suchtbelasteten Familie. Viele können zuhause nicht unbeschwert Kind sein, sondern müssen sich um ihre Eltern und Geschwister kümmern, erklärt Astrid Schmeel, Sozialarbeiterin bei Pro Kids, einer Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche suchtkranker Eltern.

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Asterid Schmell in der Pro Kids-Beratungsstelle

„Wir haben Jugendliche, die wirklich alles regeln für ihre Eltern, Behördengänge  können sie ja noch nicht machen, aber die machen sie vielleicht auch noch, Papiere ausfüllen, Briefe aufmachen, sich sorgen, dass Rechnungen bezahlt werden. Das ist enorm, welche Verantwortung sie wirklich schon als Kind übernehmen“

Doch es fehlt an Psychologen, Therapeutinnen und Sozialarbeitern. Und es werden zu wenige Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche finanziert. Wie die meisten Angehörigen Suchtkranker wusste auch Heike Mohrmann zuerst nicht, an wen sie sich wenden soll.  

„Sucht ist kein Stigma, sondern eine Krankheit“, erklärt Heike Mohrmann. Sie leitet eine Elterngruppe im Rems-Murr-Kreis und ist im Vorstand der baden-württembergischen Elternselbsthilfe. Die veranstaltet Seminare, um Eltern suchtkranker Kinder zu schützen und zu stärken.
Sucht ist ein Tabuthema. Familien fürchten das Gerede der Nachbarn, das Jugendamt oder die Polizei. Etwa 8.700 Selbsthilfegruppen für Suchtkranke und ihre Angehörigen gibt es in Deutschland (Jahrbuch Sucht 2019).

In Rottenburg leitete Meinrad Göhner den Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe, eine Gruppe anonymer Alkoholiker.           

"Also ich bin froh, dass bei uns alle, Alt und Jung, zusammen sind und dass wir offen sind, nicht nur für Alkoholiker, sondern für alle Süchte. Das ist ja unser Verständnis. Weil die Erkenntnis, dass nicht einfach das Suchtmittel das Problem ist, sondern eine falsche Abhängigkeit. Das ist ja auch eine Erkenntnis, die einen weiterbringt, denke ich"

Miteinander über die Sucht sprechen, in Beziehung kommen, das sei der Schlüssel zum Erfolg,
sagt der 64-jährige. Er war selbst Alkoholiker und ist nach Entzug und Therapie seit 20 Jahren trocken.
Die heute 18-jährige Jenny hatte Glück und fand in Pro Kids, einer der wenigen Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche, ein zweites Zuhause.
Burkhard Blienert, Drogenbeauftragter der Bundesregierung, fordert mehr professionelle Hilfe und niedrigschwellige Angebote. Dafür steht auch Heike Mohrmann, die sich in der Elternselbsthilfe engagiert.

Eine SWR-Wiederholung vom 25.06.2023

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Susanne Babila