Kulturregion Stuttgart

New Yorker, Jude, Kulturmanager: Robert Ogman zeigt jüdisches Leben in Schwaben heute

Stand
Autor/in
Andreas Langen

Der Politik- und Sozialwissenschaftler Robert Ogman betreut bei der KulturRegion Stuttgart verschiedene Projekte zu jüdischem Leben. Der gebürtige New Yorker widersetzt sich dem spürbaren Antisemitismus in Deutschland durch einen wachen Sinn für Identität und Aufklärung, und er lässt sich die Hoffnung in Sachen Naher Osten nicht nehmen

Vom Atlantik an den Bodensee

Der amerikanische Politik- und Sozialwissenschaftler Robert Ogman ist vor einigen Jahren aus Berlin ins Schwäbische gekommen. In Sachen Wohnsitz hat er es ziemlich gut getroffen: Ogman lebt in Konstanz. Das schwäbische Meer vor seiner Haustür dürfte den gebürtigen New Yorker an Momente in früher Kindheit erinnern, die gleichzeitig schön waren und - voller dunkler Fragen.

 „Ich kann mich sehr gut daran erinnern, als ich ein Kind war und da am Strand in New York, Brooklyn saß und auf das Wasser geguckt habe“, erzählt er, „und ich hatte mich gefragt: Was ist dahinten, hinter diesem Horizont? Ja, da sind wir irgendwie hergekommen, irgendwann vor hundert Jahren. Aber was war das?“ 

Ogmans Familie floh vor 100 Jahren vor den Pogromen in Europa

Das, was da war, war vor allem eine Flucht. Eine Flucht, wie die Seinen sie seit biblischen Zeiten durchmachen, in aller Herren Länder. Ogmans Familie ist jüdisch, sie lebte in der polnisch-ukrainischen Grenzregion. Vor hundert Jahren kam sie knapp davon. Pogrome rasten durch den Osten Europas, Tausende Menschen wurden ermordet. Die Ogmans flohen nach Westen, bis jenseits des Meeres.

„Die USA hat das Leben meiner Familie gerettet. Amerika ist mein gelobtes Land“, sagt Ogman, den es dennoch wegzog aus dem Paradies. Er verliebte sich in eine Frau, die 2006 unbedingt nach Berlin wollte, und so lebte er bald im Multikultispot Kreuzberg 36 – kulturell kein großer Move für einen New Yorker, sprachlich aber ein Sprung ins kalte Wasser. 

In Berlin lernt Ogman, die Dinge aus dem jüdischen Blickwinkel zu sehen

Als er nach nach Deutschland kam, kannte er zehn Wörter jiddisch: „Da bin ich nicht so mit weit gekommen.“ Also besuchte er Deutschkurse - Integrationskurse, zusammen mit vielen türkischen Hausfrauen und anderen sehr verschiedenen Leuten in der Volkhochschule.

In Berlin lernt Ogman, Stadtführungen zu machen. Das schärft seine Perspektive, er betrachtet die Dinge nun stärker aus dem jüdischen Blickwinkel. Natürlich geht es dabei auch um Antisemitismus, aber Robert Ogman hat viel mehr Interesse daran, die Gegenwart von jüdischem Leben heute erfahrbar zu machen. 

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„Bleibe in Bewegung, egal, was auch passiert“

Für die Kultur-Region Stuttgart betreut er interaktive Websites, einen Schreibwettbewerb, und einen Podcast mit der amerikanisch-österreichischen Chansonnière Sandra Kreisler. 

„Bleibe in Bewegung, egal, was auch passiert - irgendwer hat dich als Verlust bereits kalkuliert“ heißt es in einem ihrer Chansons.

„Das kann man vielleicht nicht verstehen, wenn man nie bedroht worden ist mit dieser Vernichtungsfantasie“ sagt Robert Ogman dazu. Es hat mit dem Land zu tun. Es hat mit einem Staat zu tun, wo man nicht als Jude angegriffen wird, nicht als jüdische Person diskriminiert wird. Und ich wünsche mir mehr Verständnis dafür, wie wichtig dieser Ort ist, auch für jüdische Personen, die in der deutschen Diaspora leben.“ 

Hoffnung auf eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten

Und Robert Ogman erlaubt sich eine kühne Vision, wie diese bitter umkämpfte Region im Nahen Osten eines Tages aussehen könnte:

Es ist möglich, da eine Grenze zu haben und gleichzeitig das nicht als Konflikt zu betrachten oder zu behandeln. Ich stelle mir das ganz schön vor, dass man dort irgendwann eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung hat. Und die Leute können auch gleichzeitig über diese Grenze gehen und Koexistenz haben.

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