Nobelpreis 2021

Friedensnobelpreis 2021 geht an die Journalist*innen Maria Ressa und Dmitri Muratow

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Das norwegische Nobelkomitee hat bekannt gegeben, dass Maria Ressa und Dmitri Muratow den Friedensnobelpreis 2021 erhalten. Die beiden Journalist*innen werden für ihren Einsatz für Meinungsfreiheit ausgezeichnet, die Voraussetzung für Demokratie und anhaltenden Frieden sei, wie die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, sagte.

Furchtlose Berichterstattung vom Nachrichtenportal Rappler

Eine Nobelpreisträgerin mit einer Mission, Mut und einem Motto: „My name is Maria Ressa. We are Rappler. And we will hold the line.” Wir halten die Stellung – Maria Ressa und das von ihr mitgegründete Nachrichtenportal Rappler halten auf den Philippinen die Fahne des unabhängigen investigativen Journalismus hoch, sie gehören zu den schärfsten Kritiker*innen von Präsident Rodrigo Duterte.

Als Duterte 2016 gewählt wurde und seinen blutigen Anti-Drogen-Krieg begann mit Tausenden von Toten, nahmen sie sich vor, furchtlos zu berichten: Von Menschenrechtsverletzungen, von der Verdrehung von Fakten, von Lügen, versteckter Propaganda.

Die Arbeitsbedingungen für Journalist*innen auf den Philippinen sind schwierig

Für ihren Kampf gegen Fake News wurde Maria Ressa eine der Personen des Jahres 2018 für das Time Magazine. Nicht nur für sie, auch für viele andere Journalist*innen auf den Philippinen werden die Arbeitsbedingungen immer schwieriger. Umso glücklicher ist sie über die Auszeichnung.

„Ich glaube, ich fühle erstmal nur Schock und bin voller Ehrfurcht; das ist wirklich emotional - ich bin glücklich für mein Team und dankbar, dass das Nobelkomitee anerkennt, was wir durchmachen.“ 

Journalist*innen auf den Philippinen leben oft gefährlich, immer wieder gibt es Morde oder Drohungen. Der größte Radio- und Fernsehsender des Landes hat vergangenes Jahr keine neue Lizenz mehr bekommen, einzelne Journalist*innen werden verhaftet oder mit Klagen überzogen.

Ressa weicht vor nichts zurück

Maria Ressa selbst war mehrfach verhaftet worden und ist wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden; sie ist in Berufung gegangen und auf Kaution frei. Duterte tut Rappler als Fake News ab, finanziert von amerikanischen Konzernen, um den Philippinen zu schaden.

Im Netz wird Maria Ressa bedroht und beschimpft als Hure oder Hündin, Schlange oder viel Schlimmeres. Angst zeigt die 58-Jährige trotzdem nicht, sie weicht vor nichts zurück.

Zwanzig Jahre lang hat sie für den Nachrichtensender CNN an vielen Orten in Asien als Investigativjournalistin gearbeitet, und sie hat dabei Erfahrungen gesammelt, die sie in ihrem Heimatland eigentlich nicht wiederholt sehen möchte. Nichts ist der 58-jährigen wichtiger, als die Mächtigen für ihre Untaten zur Verantwortung zu ziehen, erzählte sie einmal.

Die sozialen Medien machen den Job nicht einfacher

Heute sagt sie, dass das immer schwieriger wird – die Sozialen Medien erlaubten es autoritären Politikern und Diktatoren, ihre Algorithmen zu missbrauchen. So könnten sie Macht ergreifen und Demokratien von innen her aushöhlen.

Der Friedensnobelpreis bedeutet darum für Maria Ressa, „dass wir weitermachen mit dem, was wir tun. Es gibt uns mehr Energie, mehr Aufmerksamkeit. Denn unser größtes Problem ist, dass so vieles, gegen das wir kämpfen, im Dunkeln bleibt.“ 

„Nowaja Gazeta“ liefert faktenorientierten Journalismus auch bei sensiblen Themen

1993 gründete Muratow gemeinsam mit einer Gruppe von Journalisten die Zeitung „Nowaja Gazeta“ – mit einem eindeutigen Vorsatz, wie er vor einigen Jahren in einem Radiointerview erklärte:

„Wir wollten keinen Boulevard machen. Es gibt diesen Geist, dass sich Geschichten verkaufen müssen, dass der Markt alles regelt. Der Markt aber hat Preise, keine Werte. Die Leute, die sich in dieser Zeitungsredaktion versammelten, waren jung, aber gleichzeitig altmodisch. Sie haben eine gute Schule durchlaufen “

Und die mache sich in der Arbeit der „Nowaja Gazeta“ bemerkbar, sagt die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen: „Der faktenorientierte Journalismus der Zeitung und seine professionelle Integrität haben sie zu einer wichtigen Informationsquelle gemacht – auch über sensible Aspekte der russischen Gesellschaft.“

Muratow widmet den Friedensnobelpreis seinen Kolleg*innen, die im Kampf um die freie Meinungsäußerung starben

Lange schon ist die „Nowaja Gazeta“ auch außerhalb Russlands bekannt für ihre investigativen Recherchen über Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Aktivitäten russischer Militär- und Geheimdienste sowie für ihre scharfen politischen Analysen.

Eine Arbeit, die bereits fünf Journalistinnen und Journalisten sowie ein für die Zeitung arbeitender Anwalt mit ihrem Leben bezahlt haben. Dmitrij Muratow, seit 1995 Chefredakteur der „Nowaja Gazeta“, erklärte deswegen schon kurz nach der Bekanntgabe, dass der Friedensnobelpreis nicht ihm gebühre, sondern denjenigen, die für das Recht auf freie Meinungsäußerung gestorben sind.

Er selbst habe mit der Auszeichnung überhaupt nicht gerechnet, weswegen er den Anruf aus Norwegen erstmal nicht entgegen genommen habe.

Der Kreml gratuliert und Muratow ist angespornt, weiterzumachen

Glückwünsche kamen nicht nur von zahlreichen Journalistenkollegen und von russischen Oppositionellen, sondern auch aus dem Kreml: „Wir können Dmitrij Muratow nur gratulieren“, so Putin-Sprecher Dmitrij Peskow am frühen Nachmittag.

Eine Auszeichnung, die für den Chefredakteur der „Nowaja Gazeta“ in Zukunft zu einer Art Schutzschild werden könnte, sagen Kollegen. Denn die Repressionen gegen Journalist*innen in Russland haben zuletzt stark zugenommen. 

Muratow selbst will das Preisgeld dafür nutzen, sich noch stärker für seine unterdrückten Kolleginnen und Kollegen und die Meinungsfreiheit in Russland einzusetzen.

Viele Kontroversen um Preisträger der vergangenen Jahre

Laut Nobelkomitee gingen für dieses Jahr 329 Nominierungen ein, 234 für Persönlichkeiten und 95 für Organisationen. Der Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotiert und wird traditionell am 10. Dezember in Oslo überreicht, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Der Friedensnobelpreis wurde erstmals im Jahr 1901 vergeben. Manche Auszeichnungen lösten Kontroversen aus, darunter besonders die Verleihung an den damaligen US-Präsidenten Barack Obama im Jahr 2009. Im vergangenen Jahr ging der Preis an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, das damit unter anderem für seinen Kampf gegen den Hunger in der Welt geehrt wurde.

Feature mit einem Interview mit der Journalistin Maria Ressa

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SWR