Der Perkussionist Murat Coşkun wurde 1972 in Ulm geboren, seine Eltern kommen aus der Türkei. Seit seinem Studium lebt er in Freiburg, wo er auch das Festival für Rahmentrommeln „Tamburi Mundi” gründete. Coşkun engagiert sich in Stilrichtungen wie Weltmusik, Klassik, Alte Musik, Jazz und Neue Musik. Das „Hang” – ein neu entwickeltes Percussionsinstrument – steht für das Neue in der Musik, das Brettspiel „Tavla” für seine türkische Herkunft.
Das türkische Brettspiel „Tavla”
Seit sie vor über 50 Jahren nach Deutschland ausgewandert sind, verbringen meine Eltern jedes Jahr die warmen Monate in der Türkei, in einem kleinen Dorf am Rande des Taurus-Gebirges: Das Klackern der Würfel, die auf dem Holzbrett landen, dazwischen fein klirrend die Teegläser, das Knirsch-Knacken der Çekirdek – Sonnenblumenkerne, wenn die geröstete Schale zwischen den Zähne zerbricht (Gibt es ein Wort, das dieses Geräusch beschreiben kann?), anatolische Musik und die irgendwie fast hörbare stille Konzentration der Alten versunken im Spiel. Das sind Kindheitserinnerungen, verbunden mit dieser ganz eigenen Melodie sommerlicher Nachmittage, wenn ich mit meinem Vater im Teehaus war.
Das Spiel der Kindheit wird zum Spiel der eigenen Kinder
„Tavla” spiele ich mittlerweile manchmal auch mit meinen Kindern, - in Hausaufgaben-Pausen und an Urlaubstagen, und muss mich dabei immer öfter geschlagen geben. Das Spiel meiner Kindheit wird zum Spiel ihrer Kindheit und wer weiß, welche Musik sie später mit dieser Erinnerung verbinden?
Neue Klangheimat: Das Percussionsinstrument „Hang”
Eigentlich bin ich Rahmentrommler und bearbeite die Felle meiner Trommeln mit den Händen. Das „Hang” ist ein Instrument, das mich seit 20 Jahren begleitet. „Hang“ bedeutet im Berner Dialekt „Hand“. Felix Rohner hat das Instrument erfunden und so genannt, da man es mit den Händen spielt. Es ist anders als meine Rahmentrommeln: Stahlblech statt Tierhaut, melodisch, ein junges, innovatives Instrument, nicht aus einer alten Kultur erwachsen, aber dennoch irgendwie weise und vertraut.
Das Spannende daran: man kann es wenden und findet dann noch einmal ganz andere Töne. Für mich steht das „Hang”, das ich oft und sehr gerne in meine Stücke einbaue, symbolisch für die neuen Klänge in meinem Repertoire, die sich mit Traditionellem verbinden, die neuen Sichtweisen und die Schritte, die ich in meiner Entwicklung als Musiker gegangen bin – und für eine neue „Klangheimat“, die ich gefunden habe.