Die Vorherrschaft in Azeroth steht auf dem Spiel: Als der amerikanische Spielehersteller Blizzard 2004 das Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ auf den Markt bringt, erahnt niemand den immensen Einfluss, den das Spiel auf die Gaming-Kultur weltweit haben sollte. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Azeroth: Eine virtuelle Sagenwelt wie aus Tolkiens „Herr der Ringe“
Rollenspiele mit fantastischen Welten und mythischen Kreaturen gehören seit jeher zu den großen Verkaufsschlagern unter den Videospielen. Im Jahr 1994 entführt „Warcraft: Orcs and Humans“ erstmals in das Universum von Azeroth.
Im Spiel wird die magische Welt durch ein dunkles Portal zum Ziel einer Invasion finsterer Orc-Heere. Die Spielenden streiten entweder auf Seiten der Menschen oder als Orc-Invasoren um die Vorherrschaft in Azeroth. Sie kämpfen sich durch Monster-Angriffe, errichten Siedlungen, betreiben Ackerbau für den Nachschub an notwendigen Ressourcen und versuchen, mit strategischem Geschick eine fähige Armee aufzubauen und den Feind zu besiegen.
„Warcraft“ trifft den Nerv der Zeit und findet die Gunst der Gamer*innen. Zwei Nachfolger erscheinen, bevor die Reihe 2004 mit „World of Warcraft“, kurz WoW, den Sprung ins World Wide Web antritt. Im nun digitalen Azeroth begegnen die User*innen nicht mehr nur computergesteuerten Monstern: Die digitale Welt wird bevölkert von Spielerinnen und Spielern aus aller Welt.
Kein vordefiniertes Spielziel mehr
Vorbei sind die Zeiten, in denen Spielende einem vorab definierten Spielziel folgen müssen. „World of Warcraft“ lässt den Nutzer*innen die Wahl, die Welt um sich herum so zu erleben und zu bespielen, wie es ihnen gefällt.
Zwar gibt es nach wie vor Missionen und eine immer weiter ausgebaute Haupthandlung rund um die Anführerinnen und Anführer einer stetig wachsenden Zahl von Völkern, doch die Spieler*innen können in ihrer Welt tun und lassen, was sie wollen: Kämpfe auf Schlachtfeldern und in Arenen, Streifzüge durch Höhlen, Labyrinthe und Verliese oder Streitzüge durch die WoW-Welt.
Die digitale Welt vernetzt Gamer*innen über alle Grenzen
Vor allem der Schlachtzug, englisch „Raid“, wird zum digitalen Phänomen. Spielerinnen und Spieler schließen sich zu Gilden zusammen und begeben sich gemeinsam auf Abenteuerreise. Menschen aus aller Herren Länder finden sich in Teams zu festen Terminen zusammen, um gemeinsam als Heldentruppe das Spiel zu durchqueren oder einfach nur am virtuellen Leben mit Ackerbau, Tavernengelagen und Hochzeiten teilzunehmen.
Für den einen am frühen Morgen, für den anderen mitten in der Nacht: Die Organisation erfolgt über Chatkanäle und externe Sprachchats wie Discord und Teamspeak.
„World of Warcraft“ führt Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und gesellschaftlicher Schichten zusammen. Die Identifikation mit dem eigenen Lager ist hoch: Nicht selten übersetzen sich Freundschaften und Romanzen aus der digitalen in die reale Welt.
Blizzards Fantasy-Welt wächst weit über das Digitale hinaus
Nach wie vor steht „World of Warcraft“ unangefochten an der Spitze der Multiplayer-Online-Rollenspiele. Ihren Höchststand erreicht die WoW-Begeisterung 2010 mit 12 Millionen Abonnent*innen, seit 2015 veröffentlicht Entwickler Blizzard keine Abonnement-Zahlen mehr.
Trotz teils jahrelanger Wartezeiten zwischen Erweiterungen mit neuen Welten und Völkern schafft es das „Warcraft“-Universum, eine relativ stabile Community zu halten. Tabletop-Rollenspiele, Romane, Comics, Mangas und ein 2016 veröffentlichter Kinofilm schreiben die Abenteuer der Videospiele fort.
Zum 15-jährigen Jubiläum schafft es Blizzard sogar, mit „World of Warcraft Classic“, der Neuauflage der ursprünglichen „World of Warcraft“-Welt von 2004, die Fans der ersten Stunde wieder vor die Bildschirme zu locken.
„World of Warcraft“ ist ein Videospiel der Superlative und Fantasy auf höchstem Niveau. Oft kopiert und nie erreicht, besitzt WoW auch nach 20 Jahren noch das Potenzial, den Kult um die Krieger*innen von Azeroth am Leben zu halten. Ein Ende der Saga ist nicht in Sicht.
Medien Games und Geschichte – Historisch korrekte Computerspiele
Spiele wie Assassin‘s Creed oder Call of Duty nutzen historische Settings für ihre Handlung. Damit sind sie extrem erfolgreich. Bei der Gestaltung ihrer Computerspiele setzen manche auf wissenschaftliche Beratung, um historisch korrekt zu sein. In anderen Games wiederum werden historische Fakten und Figuren neu interpretiert. Was für ein Geschichtsbild wird dadurch vermittelt? Von Tobias Nowak. | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/games-geschichte | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: wissen@swr2.de | Folgt uns auf Twitter: @swr2wissen